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Zahltag

Zahltag

Titel: Zahltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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zu ziehen.«
    Ich sage nichts und höre ihm nur zu, denn ich weiß, es handelt sich
erst um die Vorrede. Doch nun kommt er zum Thema.
    »Gibt es tatsächlich keine weiteren Indizien?«, hakt er nach.
    »Doch, ein Indiz haben wir, aber das ist nicht zur Veröffentlichung
bestimmt.«
    »Welches denn?«
    »Er wurde, ganz wie Sokrates, mit Schierlingsgift getötet.«
    Er pfeift leise durch die Zähne, dann folgt ein Lachen. »Was ich an
Ihnen schätze, ist, dass Sie immer ein Ass im Ärmel haben.«
    »Aber das bleibt, wie gesagt, unter uns.«
    »Schon klar.«
    Dass er diese Information nicht publik machen kann, kratzt ihn
wenig. Für ihn zählt allein die Befriedigung, den anderen Kollegen etwas
vorauszuhaben.
    [74]  »Glauben Sie, dass es irgendeine Verbindung zwischen dem
Schierling und dem Fundort der Leiche gibt?«
    »Möglich, vorläufig haben wir dafür noch keinen Hinweis, aber wir
bleiben dran.«
    Da er merkt, dass er mir nichts weiter entlocken kann, wendet er
sich zum Gehen. »Sobald mir etwas zu Ohren kommt, gebe ich Ihnen Bescheid«,
meint er, bevor er die Tür hinter sich ins Schloss zieht.
    Kaum ist Sotiropoulos fort, taucht Vlassopoulos auf. »Anna Tseleni
ist da, sie wartet in unserem Büro.«
    »Gut, gib mir noch fünf Minuten.«
    Zuerst möchte ich noch einen Schluck Kaffee trinken und mein
Croissant essen, da mir – übermüdet, wie ich bin – fast die Augen zufallen.
Nachdem ich mich auf der Toilette erfrischt habe, gebe ich auf dem Rückweg das
Zeichen, dass man mir Frau Anna ins Büro schicken kann.
    Nun sitzt sie auf dem Stuhl gegenüber, die Beine aneinandergepresst,
die Finger auf den Knien verschränkt.
    »Frau Petropoulou hat mir geraten, mit Ihnen zu sprechen, Frau
Anna.«
    »Ich weiß. Sie hat mich angerufen und gesagt, ich sollte Ihnen alles
geradeheraus erzählen.«
    »Ich möchte wissen, was seit der Trennung Ihres Chefs von Frau
Petropoulou im Haus vorgefallen ist.«
    »Nichts, Herr Kommissar. In der Villa war es ruhig, da Herr Thanos
einen generalstabsmäßig geplanten Tagesablauf hatte.«
    »Und das heißt?«
    »Morgens gegen zehn verließ er das Haus und ging in die Klinik, und
abends kehrte er erst spät aus der Praxis wieder [75]  zurück. Ich servierte ihm
das Essen und machte dann Feierabend. Nur mittwochs kam er etwas früher, da er
keine Sprechstunde hatte. Dann schloss er sich in das große Zimmer ein und
beschäftigte sich mit seinen Bildern. Alle zwei Monate hat er seine Töchter
besucht – mal Thalia, die in Frankreich studiert, mal Dora in England. Dann ist
er am Samstagmorgen losgefahren und am Sonntagabend wiedergekommen.«
    »Ist das alles?«, frage ich enttäuscht und würde sie am liebsten
etwas härter rannehmen, da ich den Verdacht habe, dass sie mir etwas
verschweigt.
    »Ja, das ist alles. Bis auf die Mädchen,
Herr Kommissar.«
    »Meinen Sie seine Töchter?«
    »Nein, andere Mädchen«, antwortet sie mit einem gewissen Unterton.
    »Ah ja? Erzählen Sie.«
    »Die hat er jeweils abends mitgebracht, manchmal auch samstags, aber
eher selten.«
    »Warum eher selten?«
    »Das liegt doch auf der Hand. Dann hätte er sie ja das ganze
Wochenende über am Hals gehabt, doch er wollte sie möglichst am nächsten Morgen
wieder los sein. Jedes Mal, wenn ich fremde Schritte auf der Treppe hörte,
fragte ich mich, wen er jetzt wieder angeschleppt hatte. Manchmal taten sie mir
leid, manchmal sagte ich mir aber auch: ›Geschieht den Flittchen recht, sie
müssen ja wissen, worauf sie sich einlassen.‹ Er wechselte die Weiber wie seine
Hemden, Herr Kommissar. Nur der Morgenmantel war immer derselbe.«
    »Was für ein Morgenmantel?«
    [76]  »Na der, den er ihnen zum Anziehen gab. Es war immer derselbe.
Einfach eklig. Wenn er ihn mir zum Waschen brachte, habe ich ihn nur mit
spitzen Fingern angefasst und schnell in die Waschmaschine gesteckt.«
    »Gab es all die Jahre keine unliebsamen Vorfälle? Streitereien?
Tränen?«
    »Fast alle hat er zum Schweigen gebracht – mal mit Drohungen, mal
mit Geld. Nur ein Mal in all den Jahren hat eine junge Frau an der Tür geläutet
und wollte ihn sprechen. Als ich ihr sagte, er sei nicht da, brach sie in
Tränen aus. Ich bat sie herein, um ihr ein Glas Wasser anzubieten, doch sie
drehte sich um und lief davon. Ein anderes Mal ist ein junger Bursche ins Haus
gestürmt, hat seine Freundin gesucht und Drohungen ausgestoßen. Zum Glück war
Nikos, der Gärtner, gerade da, und so ist es uns, teils durch gutes Zureden,
teils mit Gewalt gelungen,

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