Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus
bevor wir Potosi verließen, habe ich mich in den Übertragungsraum der Ikarus geschlichen«, sagte er. »Direkt nach der Begegnung mit dem Möchtegern-Mörder. Ich habe mir einen Weg durch die Leitungen gebahnt …«
»Warten Sie eine Sekunde«, unterbrach ich ihn, und ein Schauder lief mir über den Rücken. »Was meinen Sie mit ›Möchtegern-Mörder‹?«
»Der Mann, der anscheinend vorhatte, eines Ihrer Besatzungsmitglieder zu vergiften«, sagte er. »Kabine sieben auf dem Unterdeck. Wussten Sie das denn nicht?«
Ixils Kabine. »Wir wussten, dass etwas Seltsames dort geschehen war«, sagte ich grimmig. »Aber es ist uns nicht gelungen, die Hintergründe zu ermitteln. Möchten Sie nicht zur Aufklärung beitragen?«
Er zuckte die Achseln. »Es gibt nicht viel, was ich Ihnen erzählen kann«, sagte er. »Elaina sagte mir, dass alle das Schiff verlassen würden, um nach einem getürmten Besatzungsmitglied zu suchen – ich glaube, sie nannte ihn Shawn, der mit dem gesundheitlichen Problem. Ich hatte mich schon entschieden, vorläufig in die kleine Sphäre umzuziehen. Also habe ich gewartet, bis Ruhe im Schiff herrschte, und bin dann zum Unterdeck gegangen, um noch etwas Proviant zu fassen.«
»Wie sind Sie überhaupt aus dem Hüllen-Zwischenraum herausgekommen?«, fragte ich. »Durch Kabine zwei, die alte Kabine von Jones?«
»Stimmt«, sagte er. »Elaina hat Ihnen auch davon erzählt, wie ich sehe. Ich vermute, dass Sie es waren, der mich ringsherum durch den Hüllen-Zwischenraum gejagt hat?«
»Das stimmt«, bestätigte ich.
»Das dachte ich mir. Nachdem Sie mich fast erwischt hätten, sagte ich mir, dass der Hüllen-Zwischenraum kein sicherer Unterschlupf mehr sei. Weil ich es auch nicht für ratsam hielt, mich in Jones’ Kabine häuslich einzurichten, beschloss ich, in die kleine Sphäre umzuziehen. Als ich dann aber auf dem Unterdeck ankam, stellte ich fest, dass die komplette Deckenbeleuchtung abgeschaltet worden war und ein Mann sich mit einer Fingerlampe an der Kabinentür zu schaffen machte.«
»Und haben Sie auch gesehen, wer es war?«, fragte ich und spürte, dass mein Herz schneller schlug. Endlich hätte ich einen Namen, den ich mit dem Mord an Jones in Verbindung zu bringen vermochte.
Die Freude war verfrüht. »Leider nicht«, sagte Cameron und schüttelte den Kopf. »Das Fingerlicht war sehr schwach, so dass ich nur eine schemenhafte Gestalt sah, die vor der Tür hockte. Und das bisschen, was ich im schwachen Widerschein von seinem Gesicht zu sehen vermochte, kam mir auch nicht bekannt vor. Vielleicht hatte jemand aus dem Bereich des Hafens sich an Bord geschlichen, als die anderen weg waren.«
Ich knirschte frustriert mit den Zähnen. »Nur dass die Luke geschlossen wurde, nachdem alle das Schiff verlassen hatten«, sagte ich. »Das heißt, dass jemand von der Mannschaft zurückgekommen sein muss, um ihn einzulassen.«
»Aha.« Er schaute mich an. »Sie glauben, der Mörder von Jones?«
»Ich glaube, die Anwesenheit eines Mörders und des Komplizen eines anderen Mörders an Bord eines Schiffs von der Größe der Ikarus hieße, den Zufall doch ein wenig zu überstrapazieren«, sagte ich missmutig. »Na schön, dann hat unser Mörder also Freunde. Wer hat das nicht? Was ist dann geschehen?«
»Er glaubte offensichtlich, dass das Schiff verlassen war, denn er war so in die Arbeit vertieft, dass ich fast schon bei ihm war, ehe er meine Anwesenheit auch nur bemerkte«, sagte Cameron. »Er hatte einen großen Schraubenschlüssel in den Türspalt gerammt, um sie offenzuhalten. Ach, das hatte ich noch gar nicht erwähnt. Die Tür ließ sich nur ein Stück weit öffnen …«
»Ja, ich weiß«, unterbrach ich ihn. »Ich hatte sie so manipuliert.«
»Aha.« Er schaute mich mit einem seltsamen Blick an und zuckte die Achseln. »Auf jeden Fall drehte er sich erst um, als ich mich ihm schon auf zwei Schritte genähert hatte. Ehrlich gesagt, ich hätte nicht geglaubt, dass ich den Rest des Wegs auch noch schaffen würde, aber er zögerte noch einen Moment, ehe er sich dann aufrichtete und nach dem Schraubenschlüssel griff. Zu meinem Glück steckte der Schlüssel aber ziemlich fest, und der andere war auch in einer ungünstigen Position, weil er den Arm über die Schulter nach oben strecken musste. Also gelang es mir, den ersten Treffer zu landen. Ein Handkantenschlag gegen den Hals.«
Ich warf einen flüchtigen Blick auf seine Arme. Sie waren noch immer recht muskulös, aber für mein vielleicht
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