Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus
des Schiffs.
»Wie praktisch«, bemerkte Tera, als wir sechs uns davor drängten; Nicabar war schon in der anderen Richtung entlang der Verschalung zum Maschinenraum verschwunden. »Wo ist denn der Computerraum? Ach, da ist er ja. Komische Anordnung.«
Ein allgemeines zustimmendes Murmeln wurde laut. Die Innenarchitektur war genauso bizarr wie die äußere Konstruktion: Die drei Ebenen der Sphäre schienen von einem übergeschnappten Surrealisten konzipiert worden zu sein. Die Brücke befand sich immerhin noch am gewohnten Ort direkt hinter dem Bugkegel auf dem Zwischendeck; aber der Computerraum war nicht wie üblich direkt mit der Brücke verbunden, sondern er befand sich am anderen Ende der Sphäre – an die Wand der kleineren Sphäre auf der Steuerbordseite der Mittellinie gequetscht, also direkt hinter der Wand, auf die wir gerade sahen. Die Mechanikwerkstatt, die Elektronikwerkstatt und der Bereitstellungsraum für die Außeneinsätze befanden sich auf der Backbordseite, wobei die Schwingungen und das elektronische Rauschen der einzelnen Abteilungen sich zwangsläufig überlagern mussten; und die Krankenstation, die Kombüse und der Tagesraum befanden sich auf der anderen Seite des Gangs direkt vor dem Computerraum.
Das Oberdeck bestand aus sechs schuhkartongroßen Schlafkabinen und einer nur unwesentlich größeren Toilette sowie zwei Hauptlagerräumen; auf dem Unterdeck befanden sich zwei weitere Schlafkabinen, noch eine Toilette, das Gros der Schiffs-Lagerräume sowie die Ausrüstung für die Reinigung und das Recycling von Luft und Wasser. Es waren noch weitere, kleinere Lagerräume überall verteilt, wobei der Konstrukteur sie nach Lust und Laune angeordnet zu haben schien. Verbunden waren die drei Decks durch zwei Leitern, wobei die eine sich gleich hinter der Brücke befand und die andere im hinteren Bereich in der Nähe der Verschalung.
Mir fiel auch auf, dass, während die Verschalung und der Maschinenraum zumindest mit einer gewissen Detailfülle versehen waren, die kleinere Sphäre als eine kompakte Silhouette dargestellt wurde und nur mit der Bezeichnung FRACHT versehen war – ohne dass irgendwelche Öffnungen oder Luken abgebildet wurden. Als Cameron sagte, dass die Fracht versiegelt war, hatte er das auch so gemeint.
»Das ist ja wohl das verrückteste Schiff, auf dem ich mich jemals aufgehalten habe«, vermeldete Shawn mit offenkundigem Widerwillen. »Wer hat dieses Ding überhaupt gebaut?«
»Das muss auf der Risszeichnung vermerkt sein«, sagte ich ihm. »Tera, das ist Ihr erster Auftrag, nachdem Sie den Computer hochgefahren haben: Rufen Sie die Pläne auf, damit wir uns einen Überblick über die Funktionsweise des Schiffs verschaffen können. Die anderen gehen alle auf ihre Plätze. Ich bin auf der Brücke, falls Sie mich brauchen.«
Ich lief den Gang hinauf – wobei das »hinauf« durchaus wörtlich zu nehmen war, denn der Boden der Ikarus war im gleichen Zehn-Grad-Winkel geneigt wie das Schiff selbst - und berührte den Öffnungssensor, der in die Mitte der Tür eingelassen war.
Angesichts der Tatsache, dass die Ikarus wesentlich größer war als die Stormy Banks, hätte ich auch erwartet, dass die Brücke entsprechend größer war. War sie aber nicht. Eher war sie noch etwas kleiner. Doch an welchen Ecken und Enden Cameron und seine Spezis bei diesem Schiff auch mit dem Platz geknausert hatten, wenigstens hatten sie nicht an der lebenswichtigen Ausrüstung gespart. Als ich die Brücke betrat, sah ich, dass der Steuerstand zur Rechten aus einer kompletten Wurlitz-KommKonsole bestand, die sich um einen voll aktiven Rückhaltestuhl im militärischen Design herumzog. Ein halbes Dutzend valerianischer Computerbildschirme verband mich mit dem Rest des Schiffs, und ein recht eindrucksvoller, bereits aktivierter RealTiVi-Hauptbildschirm von Hompson zeigte die Ansicht vorm Schiffsbug. Zur Linken wurde die andere Hälfte des Raums von einem Gorsham-Koordinatentisch dominiert, der mit einem Kemberley-Aufzeichnungssystem und einer Navigationsdatenbank verbunden war.
Und auf der Mitte des Koordinatentischs lagen ein Umschlag und eine große metallene Geldkassette.
Sofort lief ich zum Tisch hinüber, ging in die Hocke und unterzog die Kassette einer kritischen Musterung. Ich vermochte keine Kabel, keine verdächtigen Verfärbungen, keine passiven Auslöser zu erkennen – überhaupt nichts, was auf eine Sprengfalle hätte schließen lassen. Ich hielt die Luft an, hob die Kassette auf und
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