Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
Vom Netzwerk:
ihn wohl so halten könnte, ohne sie sich zu
verbrennen. Oder wie er ihn mir übergeben, ich ihn annehmen sollte, wo doch gar
kein Ende zum Annehmen mehr da ist. Ich schüttele den Kopf, und Paul drückt ihn
schnell aus, die blöden Weiber kichern schon wieder. Eine sitzt mir gegenüber,
ich nehme sie ins Visier, sie guckt weg, ich nicht, ich gucke sie einfach an,
bis sie wieder hochguckt und sagt: »Is wat?«
    »Nö«, sage ich. »Oder is was?«
    Der Kleine neben ihr lacht
meckernd auf, worauf auch die anderen in Heiterkeit ausbrechen. »Toffi, eh!«
    Ich glaube, Paul grinst auch,
aber ihn kann ich nicht ansehen, ich konnte die ganze Zeit noch nicht seinen
Blick suchen, sein Gesicht, seine Augen, da klafft eine Lücke, ich starre auf
den sandigen Betonboden vor mir und bin wie blind. Ich sage mir, ich kann ihn
nicht ansehen, weil er direkt neben mir sitzt. Ich weiß nicht, was ich damit
meine. Ich kann ihn nicht ansehen, weil er neben mir sitzt und sich ein Bier
mit Ecki teilt.
    »Habt ihr noch n Bier?«, frage
ich.
    Ecki schnalzt mit der Zunge.
»Eh, Gniedeck, ham wir noch n Bier?«
    Gniedeck, der bisher nicht
wesentlich zur Unterhaltung sowie auch nicht zur Luftverbesserung beigetragen
hat, weil er die ganze Zeit in das Malträtieren einer Kerze vertieft war, indem
er verschiedene Gegenstände, unter anderem seine Stiefelkappe, in ihre Flamme
hielt und ihren Wachskörper mit zahllosen Einstichen und Ritzungen versah, aus
denen tröpfelnd ihr Lebenssaft abfloss, lässt jetzt wie aufgeschreckt von
seinem Lustobjekt ab, langt hinter sich und kramt eine Büchse S tier- B ier hervor.
    »Dat Letzte«, sagt er. Ich
muss grinsen. Weil er nicht merkt, dass das keine rein quantitative Angabe war.
Er reicht es Ecki rüber und Ecki mir.
    »War eigentlich meint, ne«,
sagt Börner und schielt zu Ecki hoch. Ecki feixt.
    »Könnt't euch ja teilen«,
kichert die Dicke neben Sabrina.
    »Danke, nich nötig«, sage ich.
    Ecki klopft sich auf die
Schenkel. »Ha!«
    Toffi glotzt mich an wie ein
Auto. Börner nimmt wieder seine stoische Haltung ein. Der Name > S tier- B ier < wird bei ihm auf eine
ganz neue Bedeutungsebene gehoben.
    Als ich den Verschluss in die
plötzliche Stille hinein knacken lasse, kommt es mir vor, als hätte ich ein
Geräusch in der Preisklasse von Rülpsen produziert. Keiner sagt mehr was, alle
gucken sie ihre Schnürsenkel an und sehen aus, als würden sie irgendwas
Entscheidendes erwarten. Von mir? Von Paul? Von Zeremonienmeister Ecki?
    Die beiden reden auch nicht
miteinander, und ich dachte, wunder wie sie sich schon angefreundet hätten. Sie
grinsen sich nur ab und zu an, und einmal hat Paul mit den Schultern gezuckt
und Ecki ihm kurz draufgeklopft.
    »Also, ick geh jetz«, sagt ein
Mädchen und steht wie in Zeitlupe auf, so, als müsste sie erst ihre langen
Gliedmaßen sortieren. Als sie sich vollständig aufgerichtet hat, wirkt sie
geradezu imposant, zumal aus der Froschperspektive. Eine Störchin, die noch
unentschlossen scheint, welchen der Frösche unter ihr sie aufpicken soll oder
ob sie ihr nicht doch alle zu unappetitlich sind. Einen Moment steht sie noch
so rum, keiner verabschiedet sie, keine von den anderen sagt, wart ma, ick komm
mit. Dabei dachte ich, jetzt geht das große mädchenhafte Domino-Aufbrechen los.
Erst als sie sich zum Gehen wendet, ruft der Picklige ihr nach: »Ey, musste in
die Heia oder wat, Jacqueline?«
    »Nee«, sagt Jacqueline, »oder
heiß ick etwa Sandro Möller?«
    Sie bleibt stehen und dreht
sich um. »Na los, Möller, husch, husch nach Hause, sonst gibt't wieder Meeker von
Mutti! Aber denk nich, da'ck mit dir zusammen geh, du Spanner! Denn bleib ick
ja lieber noch hier und langweil mich zu Tode!«
    Sandro Möller sagt: »Fotze!«
Eher verhalten. Und dann, lauter, als hätte es ihn erst einige Überlegung
gekostet: »Du hast mir gar nix zu sagen, Jacqueline Bölschow, damit dat klar
is, ja? Und wenn dir dat hier zu langweilig is, denn brauchst ja uch nich mehr
herkomm'!«
    Na, das ist ja mal ein Wort.
Kann ich mich also auch in Zukunft davon suspendieren.
    »Denn hättste ja keinen mehr,
dem de uffe Titten glotzen kannst«, lässt Jacqueline noch verlautbaren, bevor
sie die Tür hinter sich zuknallt.
    »Pissnelke!«, sagt Ecki.
    »Pissnelke!«, wiehert Toffi,
»Wo haste denn dat her, Ecki? Pissnelke, eh!«
    Sabrina neben mir versucht,
ein Kichern zu unterdrücken. Ecki guckt zu ihr rüber und sagt: »Von meim
Vadder. Hat der immer über die Tussi inner Kneipe gesagt, wie

Weitere Kostenlose Bücher