Zander, Judith
rum?«, fragt Ecki, beinahe verständnisvoll.
»Doch«, sage ich. »Manchmal.«
»Ja? Mit wen denn so?«
Ich zucke mit den Schultern.
»Kennt ihr nich.«
»Nee? Biste nich öfter bei die
komische Wachlowski, ick hab euch doch da ma gesehn neulich.«
»Ja, na und?«
»Na, ick mein, wat willstn da,
ick mein, die hat doch ganz schön ein' anner Waffel, oder?«
»Wieso?«
»Weiß ick doch nich, wieso,
aber sagen die doch alle. Ick seh die noch, wie die da damals mit Stucker, na,
ick sag nix ...«
»Eh, wat denn, Ecki?«
»Sag doch ma!«
»Nee.«
»Wollt die nich heut Abend
eintlich mitkommen?«, fragt Toffi. »Mann, Toffi, biste scharf uff die?«
»Nein, wollte sie nich«, sage
ich in das Gelächter hinein. Was war das eben? Mir ist komisch auf einmal. Was
als Verteidigung einer Freundin gedacht war, wird zur Verteidigung einer Fremden.
»Na, jeenfalls, wollt ick bloß
ma sagen«, Ecki nimmt plötzlich den Blick von mir weg, »jeenfalls, kannst ja
uch öfter ma hierherkomm.«
»Keine Zeit«, sage ich prompt.
Wie auf ein Stichwort hin
wacht Gniedeck plötzlich auf: »Wieso?«
Ja, wieso? Ich kann doch jetzt
nicht noch mit irgendwelchen - nicht existenten - Pflichten im Haushalt oder
gar Hausaufgaben kommen.
»Ach, na ja, da red ich
eigentlich nich drüber.«
Ich hätte nie gedacht, dass es
so leicht ist, von einem Augenblick auf den anderen zur interessantesten
Person in einer Gruppe von Leuten zu werden, die sich so recht für nichts
interessieren.
»Wieso?«, sagt Gniedeck noch
einmal. Vielleicht ist es das einzige Wort, das er nach der Kerzenschlachtung
noch zwischen seinen Wortschatzstümpfen aufstöbern konnte. Im Moment ist es für
alle das einzige Wort.
»Na los, sag doch!«
»Kannste ruhig sagen, wir
erzähln dat uch nich weiter!«
»Is dat wat mit Drogen?«,
fragt Börner. Ich lächle.
»Nein«, sage ich, »mit Hasen.
Es is wegen den Hasen.«
»Hasen? Wat denn für Hasen?«
»Züchteste Karnickel, oder
wat? Wie mein Opa?« Sabrina kriegt einen Lachanfall.
»Karnickel!«, sage ich
verächtlich. »Wenn ich Hasen sage, dann mein ich auch Hasen, noch nie n Hasen
gesehn?«
»In echt?«, fragt Toffi. Und
Ecki: »Nee, im Fernsehn, Mann!«
Alle gackern nur kurz auf, aus
Angst, irgendwas Erhellendes zu verpassen.
»Und wat is nu mitte Hasen?«
»Was soll damit schon sein?
Fell ab und ab in den Kochtopf. Meine Mutter macht den besten Hasenbraten weit
und breit. Schon mal Hasen gegessen?«
»Wie jetz? Wo haste die denn
her?«
»Wo ich die herhab? Na, wie
stellt ihr euch das denn vor? Dass die mir zugelaufen kommen? Nee, da muss man
schon selber was für tun, und da braucht man eben Zeit für. Jede Menge Geduld,
ich weiß nich, ob ihr Geduld dafür hättet, kann ich mir eigentlich nich
vorstellen. Man muss da auch alleine gehen, sonst is ja gleich der ganze Wald
in Alarm. Ich bin oft da draußen, hier quer übers Feld, ich kenn die Stellen.
Wo man gut Hasen aufstöbern kann. Meist unter Baumstümpfen.«
»Du gehst uff Hasenjacht?«
»Ja. Sprech ich irgendwie
undeutlich?«
»Na,nee,aber ...«
Dem guten Ecki dämmerts
langsam, dass man noch geilere Sachen machen kann, als an die Blumentapete von
nem ausgeweideten LPG-Büro zu pinkeln.
»Mitm Gewehr?«
»Nee-e«, sag ich. »Mitm
Messer.«
»Echt?«, fragt Toffi.
Ecki guckt mich nur noch
ungläubig und irgendwie auch leicht säuerlich an.
»Na, ich nehm doch kein Gewehr
in die Hand. Auch viel zu auffällig. Nee. Man muss sich nur einfach vors Loch
setzen und lange genug warten. Irgendwann kommt schon einer raus. Aber man darf
da nich dösen. Da muss man nämlich schnell sein, ganz schnell zupacken, und in
der andern Hand muss man schon das Messer bereit haben, und dann zack, die
Kehle durch. Ein Schnitt, keine Pfuscherei.«
Das Mädchen neben Toffi,
höchstens dreizehn, reißt die Augen auf. »Du machst die tot?«
Ich bin kurz irritiert, weil
die Betonung auf >tot<, nicht auf >du< liegt.
»Na, denkst du, ich führ die
an der Leine spazieren?« Nervöses Lachen. »Und wie viele haste da schon so
gefangen?«
»Na, so - vielleicht ungefähr
zwanzig.«
»Zwanzig?«
»Na ja, man kriegt ja auch
nich immer einen. Paar sind mir auch durch die Lappen gegangen, muss ich ja
zugeben. Manchmal fängt man lange keinen. Dann muss eben was andres her, das
staut sich sonst so an. Wisst ihr, wie bei Katzen, wenn die lange keine Maus
fangen und einem dann in die Hacken krallen.«
»Und wat fängste denn?«
»Na ja, sollt ich vielleicht
nich sagen,
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