Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
Gedanken, dass sie mit ihren Erzfeinden, den Magiern, auf irgendeine Weise verwandt sind, nicht ertragen.
Twiss stürzt sich aus dem Dunkeln auf mich. Der Kampfstock, den sie mit tödlicher Präzision in ihrer linken Hand schwingt, zielt genau auf meinen Kopf. Ich weiche aus. Der Hieb verfehlt mich, doch ich verliere das Gleichgewicht, lasse bei dem Versuch, mich abzufangen, meinen eigenen Stock fallen und lande rücklings auf dem Boden. Bevor ich mich wieder aufrappeln kann, kniet Twiss auf meiner Brust und presst mir mit ihren knochigen Knien die Luft aus den Lungen. Dann drückt sie mir ihren Stock unters Kinn und schautfinster auf mich herab. Selbst ein Blinder würde merken, dass meine Lehrerin nicht besonders zufrieden mit mir ist.
»Au!«, stöhne ich. »Runter von mir, Twiss! Das tut weh.«
»Es wird noch viel mehr wehtun, wenn ein Wächter dir den Schädel zertrümmert. Was passieren wird, wenn du dich weiter so dämlich anstellst.«
Sie rollt von mir herunter und springt auf. Sonst bereitet es ihr eine diebische Freude, mir unter die Nase zu reiben, was für ein hoffnungsloser Fall ich bin, aber jetzt klingt sie nur noch müde und frustriert. Ächzend richte ich mich auf. Seit über einer Stunde wiederholen wir nun schon die immer gleichen Angriffs- und Verteidigungssequenzen, aber ich habe mich seit gestern kein bisschen verbessert, im Gegenteil. »Lass uns eine Pause machen«, sage ich und reibe mir meine schmerzende Schulter. »Vielleicht klappt es danach besser.«
»Wir haben keine Zeit, uns auszuruhen. Morgen Nacht geht es los.«
»Ich weiß.« Bei dem Gedanken zieht sich alles in mir zusammen. Seufzend lehne ich mich an die feuchte Tunnelwand und blicke im Schein meines Magierlichts zu meiner unzufriedenen Lehrerin auf. »Sollte es zu einer Konfrontation kommen, muss ich Magie benutzen, Twiss. Ich bin es nicht gewohnt, mich mit meinen Händen zu verteidigen, und werde es wahrscheinlich nie wirklich lernen. Außerdem finde ich allein schon die Vorstellung, jemanden zu schlagen, schrecklich.«
»Stimmt, ihr zieht euren Gegnern ja lieber die Haut ab«, gibt sie verächtlich zurück. Ich verdrehe die Augen, belasse es aber dabei. Auch sie ist müde. Und hat Angst.
»Du hast selbst gesagt, dass sie es spüren können, wenn du in ihrer Nähe Magie benutzt. Also musst du wissen, wie man sich ohne sie verteidigt.«
Ich schüttle den Kopf. »Ich werde es in der kurzen Zeit aber nicht lernen, Twiss. Tut mir leid. Lass uns stattdessen lieber noch ein bisschen üben, sich ungesehen und ungehört fortzubewegen. Das kann ich wenigstens ganz gut.«
Sie schnaubt abfällig. »Sogar Boney ist besser als du und der ist erst fünf.«
»Er hat auch mehr Übung als ich. Und erst gestern hast du noch gesagt, dass ich immer geschickter werde.«
»Hmm.« Sie nickt widerwillig und zuckt dann mit den Achseln. »Vielleicht bist du ein bisschen besser als Boney. Aber wenn es ums Kämpfen geht, bist du zu nichts zu gebrauchen. Ich hab nachgedacht. Es gibt jemanden, der uns dabei helfen kann.« Sie greift nach meiner Hand und zieht mich vom Boden hoch.
»Wohin gehen wir?«
»Zu einer Freundin. Sie weiß Bescheid.«
» Was? Twiss, ich hab dir doch gesagt, dass du mit niemandem darüber sprechen darfst. Wenn Floster herausfindet …«
»Wird sie nicht«, winkt Twiss ab und bedeutet mir, ihr zu folgen. »Tabitha wird mit niemandem darüber reden.«
Tabitha. Ich hätte es wissen müssen. Bruins Gefährtin. Es war wohl zu erwarten, dass sie und Twiss sich verbünden würden. Aber wie soll Tabitha uns helfen können? Es sei denn, sie ist eine Expertin im Stockkampf, was ich mir bei der sanftmütigen und stillen Silberschmiedin allerdings nur schwer vorstellen kann.
Es ist dunkel in Tabithas Kammer. Einzige Lichtquelle ist eine flackernde Öllampe, die jedoch kaum etwas gegen die Düsternis ausrichten kann. Wird mittlerweile etwa auch schon das Öl in den Katakomben rationiert, genau wie das Essen? In Philips Unterkunft brennen den ganzen Tag Dutzende von Lampen und Kerzen, aber wahrscheinlich wurden ihm Sonderrechte eingeräumt, damit er weiter seinen Studien nachgehen und seine Maschinen konstruieren kann. Ein Privileg, das für die Silberschmiedin offensichtlich nicht gilt, was mich zum ersten Mal darüber nachdenken lässt, wie wohl die anderen Erkenntnissuchenden ihre Zeit hier unten verbringen und sich beschäftigen, damit sie nicht den Verstand verlieren. Tabitha erweckt jedenfalls nicht den Anschein, als würde
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