Zarias Geheimnis
nichts sonst möge dieses Haus in welcher Gestalt auch immer betreten. Ohne meine Erlaubnis möge kein Zauber über seine Schwelle kommen.«
Magie floss durch meinen Zauberstab und in die Steine und das Metall, aus denen das Haus gebaut war. Der Zauber verbrauchte bestimmt eine Menge Radia, aber eine wirkliche Zufluchtsstätte zu besitzen, war es die Sache wert.
Leona kuschelte sich in die geflickten Kissen in Beryls Hochsitz und sah erschöpft und schmerzverzerrt aus.
»Wie schlimm ist es mit deinem Flügel?«, fragte ich.
Sie seufzte. »Schon besser. Wenn dieser Trog von einem Zwerg ihn nicht verdreht hätte …«
Das Schweigen zog sich immer mehr in die Länge, während ich mir vergebens ein Mittel wünschte, mit dem ich ihre Schmerzen lindern könnte.
»Hast du dich je selbst mit einem Vergessenszauber belegen wollen?«, fragte sie.
Ich nahm auf dem Hochsitz ihr gegenüber Platz und dachte eine Weile nach. »Nein«, antwortete ich. »Ich habe viele Dinge zu vergessen versucht. Aber letztendlich möchte ich mich lieber an sie erinnern.«
»Wir werden uns alle an Beryl erinnern«, sagte sie.
»Ja«, flüsterte ich.
»Aber manche Erinnerungen sind furchtbar. In einem Käfig gefangen zu sein. Geschichtete Magie. Lügen über meine beste Freundin zu erzählen.« Leonahatte einen gequälten Ausdruck im Gesicht. »Ich habe so viele Dinge getan, die ich bedauere.«
»Ich auch«, erwiderte ich.
»Dass ich eine violette Elfe bin, ist mir zu Kopf gestiegen. Ich bin zu weit gegangen, Zari. Ich habe meine eigene Mutter mit einem Zwangszauber belegt! Und ich hätte nie das Haus dieses Menschen in die Luft jagen sollen.« Sie biss sich auf die Lippe. »Ich wünschte, ich könnte das alles vergessen.«
Ich dachte an Michael Seabolt und wie er hingefallen war, als seine Erinnerung zurückkehrte.
»Ich muss immer wieder an mein letztes Treffen mit Beryl denken«, sagte ich. »Sie war meinetwegen so erschöpft und müde.«
»Wir könnten uns gegenseitig mit einem Vergessenszauber belegen«, schlug Leona vor.
Ich schüttelte den Kopf. »Wenn wir uns nicht mehr erinnern können, könnten wir genau dieselben Fehler noch einmal begehen.«
Sie schwieg eine Weile. »Zuerst habe ich gedacht, es wäre toll, violett zu sein«, sagte sie. »Aber jetzt spüre ich dieses schreckliche Verantwortungsgefühl. Ich weiß, ich sollte meine Kräfte weise einsetzen. Aber ich bin nicht weise.«
»Vielleicht«, erwiderte ich, »können wir uns gegenseitig dabei helfen, mit mehr Bedacht zu handeln.«
Am Abend kamen Andalonus und Meteor mit einer riesigen Schüssel frisch gepflückter Orchideen vorbei. Wirschlangen die purpurnen Blüten herunter und erzählten uns unsere unterschiedlichen Abenteuer.
Leonas Aufenthalt in den Eisernen Landen war nur von kurzer Dauer gewesen. »Es ist ein grässlicher Ort«, erklärte sie. »Eine Wüste ohne die geringste Magie. Man kann dort nicht mal fliegen.« Zwerge hatten versucht, sie zum Reden zu bringen, indem sie ihr drohten, ihre Flügel zu beschädigen. Sie hatte so getan, als wäre sie nicht in der Lage zu sprechen. Dann brachten die Zwerge sie zurück nach Elfenland und zu Lily Morganit.
»Sie hat mich mit mehreren Schichten Magie belegt, einen Zwangszauber mit eingeschlossen.« Leonas silberne Flügel blitzten wütend auf. »Jetzt weiß sie alles, was ich weiß.« Sie warf mir einen vielsagenden Blick zu. »Es tut mir leid.«
»Niemand gibt dir die Schuld«, erwiderte ich schaudernd. »Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, als unter Lilys Zwangszauber zu stehen.«
Leona warf ihr Haar zurück. »Zum Glück kann man die Übertragung von Radia nicht erzwingen. Wenn es möglich wäre, wäre Lily jetzt viel reicher, und meine Vorräte wären aufgebraucht.«
Wie sich herausstellte, war Leona auf der Suche nach mir gewesen, als die Falle in der Pforte zuschnappte.
»Aber warum?«, fragte ich. Es sah ihr nicht ähnlich, auf jemanden zu warten.
Sie verzog das Gesicht. »Ich hatte Angst vor dem Troll-Elixier, um das Portal zu versiegeln. Ich hatte gehofft, du würdest es trinken, Zari.«
Andalonus grinste von einem Ohr zum nächsten. »Angst? Du? «, sagte er.
»Troll-Magie«, gab Leona zurück. »Unvorhersehbar! Was wäre gewesen, wenn ich die Kontrolle verloren hätte?« Sie nahm eine weitere Orchideenblüte. »Wo warst du?«, fragte sie mich.
»Ich war abgelenkt«, erwiderte ich und schob den Gedanken an Sam beiseite. »Entschuldige.«
Bevor Leona weitere Fragen stellen konnte,
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