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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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unseres Kernkapitalmanagements um eine Bundesbürgschaft nachzusuchen, die uns erlauben würde, Ende des Quartals eine Bilanz vorzulegen, mit der wir ein klares Zeichen setzen können, das …«
    »Verstanden«, sagte der Bundesminister, da täuschst du dich aber, dachte Hugentobler. »Im Rahmen eines dringlichen Bundesbeschlusses wäre es denkbar, angesichts der außergewöhnlichen Umstände, eine Summe von, sagen wir, 50 bis maximal 100 Millionen Franken in der von Ihnen geschilderten Form gegen entsprechende Sicherheiten und marktübliche Zinsen zur Verfügung zu stellen.«
    Na, dachte Hugentobler, jetzt fällt ihm dann aber gleich die Brille aus der Hand: »Wir dachten da eher an eine Summe von 80 Milliarden.«
    Dem Bundeszwerg fiel die Brille aus der Hand, und während sich sein Assistent eilfertig danach bückte, sprang er von seinem Stuhl auf: »Aber das ist völlig unmöglich, das ist undenkbar, das ist ja mehr als das Jahresbudget der Eidgenossenschaft, ganz ausgeschlossen, völlig ausgeschlossen.« Er setzte sich wieder in seinen Stuhl und übersah sogar die Brille, die ihm sein Assistent servil entgegenstreckte.
    »Ich bin autorisiert, Ihnen mitzuteilen, Herr Bundesminister, dass die Alternative dazu nicht sehr angenehm wäre. Denn die Alternative heißt, dass die ESB in einem Monat die Bücher deponieren muss.«
    Der Bundesminister griff endlich nach der Brille und sagte fassungslos: »Aber Sie haben doch vor erst einem halben Jahr mehr als 12 Milliarden frisches Kapital aufgenommen, und Ihr Herr Mopsel höchst persönlich hatte versichert, dass damit alle aktuellen und alle zukünftigen Probleme aus der Welt geschafft seien.«
    »Wie ich schon sagte«, erwiderte Hugentobler leicht belustigt, »das Vertrauen ist das wichtigste Kapital einer Bank, und selbstverständlich war diese Aussage aufgrund des damaligen Kenntnisstandes völlig korrekt, aber die Dinge entwickeln sich nun leider mit einer Rasanz und in eine völlig unvorhersehbare Richtung«, Hugentobler machte wieder eine winzige Pause, während der er dachte, na ja, unvorhersehbar nur für Leute, die nicht zwei und zwei zusammenzählen können, aber das gehört halt nicht zu den Kernkompetenzen eines Bankführers wie Mopsel, »deswegen sind wir auf eine Bürgschaft in der genannten Höhe angewiesen. Nun, ohne da auf technische Details eingehen zu wollen und um Ihnen das big picture zu geben: Wir müssen dringend 74 Milliarden der schlimmsten Ramschpapiere ausladen und dafür Geld bekommen, und dann bräuchten wir noch ein paar Milliarden Eigenkapital.« Inklusive meiner Million Extraprovision, grinste Hugentobler in sich hinein.
    Der Bundesminister rang immer noch um Fassung: »Aber das ist einfach unmöglich, das sprengt meine Kompetenzen, das sprengt die Kompetenzen des Bundesministers, das bräuchte einen Beschluss des Parlaments, dagegen könnte das Referendum ergriffen werden, das geht einfach nicht.«
    Tja, dachte Hugentobler, für einmal waren die teuren Schwachköpfe unseres riesigen Legal Departments für etwas gut: »Keinesfalls, Herr Bundesminister, keinesfalls. Unsere Task Force, die sich natürlich auch dieses Aspekts des Problems angenommen hat, ist selbstverständlich zu einer Lösung gelangt, sonst würde ich ja nicht Ihre Zeit hier verschwenden.« Und meine auch, dachte Hugentobler, aber was tut man nicht alles für eine lumpige Million. »Der Bundesminister hat die Möglichkeit, im Rahmen des Notrechts ohne Konsultation des Parlaments …«
    Den Bundesminister lupfte es schon wieder aus seinem Sessel: »Notrecht? Aber das ist für Kriegszeiten und für den Fall einer unmittelbar bevorstehenden und nicht anders abwendbaren Bedrohung der Eidgenossenschaft gedacht.«
    Aber nicht umsonst hatte Hugentobler bei den Stellen von »Wall Street«, die er schon beinahe auswendig kannte, immer wieder einen Blick auf das Gesprächsmanual geworfen, das ihm Corporate Communication vorbereitet hatte. »Unsere Spezialisten auf diesem Gebiet sind zur Überzeugung gelangt, dass sich dieses Notrecht durchaus verfassungskonform auf diesen Fall anwenden lässt, denn es handelt sich ja ohne Zweifel um eine Art Wirtschaftskrieg, und ein mögliches Fallieren der EBS würde eine unmittelbare Bedrohung der Eidgenossenschaft darstellen.«
    »Aber welche Sicherheiten würden Sie uns denn zur Verfügung stellen?«, ließ der Bundeszwerg ein paar Kenntnisse aus seiner Zeit als gescheiterter VR-Präsident der Leihkasse vom Rheintal durchblitzen.
    »Nun, wir

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