Zauber der Hoffnung
war der festen Überzeugung, dass Kinder ihre Geheimnisse haben sollten, solange sie niemanden in Gefahr brachten. Doch war er zu sehr Polizist, um nicht nachdenklich zu werden. „Was hast du also noch so spät draußen zu suchen? Warst du bei einem Freund?“Wieder schüttelte Owen den Kopf.
„Hattest du ein Date?“, neckte Riley ihn.
„Ich! Nein!“ Der Junge verzog angewidert das Gesicht. „Was dann?“
„Schwören Sie, meiner Mom nichts zu verraten?“, wollte Owen nach einem Moment wissen.
„Kommt darauf an“, entgegnete Riley ehrlich. Er war der Meinung, dass man Kinder nicht aus Bequemlichkeit anlügen sollte. Vielleicht weil seine eigenen ersten vierzehn Jahre, als er geglaubt hatte, in einer normalen, glücklichen Familie zu leben, nichts als eine Lüge gewesen waren. „Ist es was Illegales oder etwas, worüber deine Mutter besser informiert wäre?“
Owen schnaubte. „Nein, nicht so was.“ Wieder sagte er nichts. „Ich habe meiner Mom ein Geschenk gemacht.“
„Ah, das geheime Geschenk für die Mom. Verstehe.“
„Sie wissen doch, dass am Sonntag Muttertag ist, oder?“
Er zuckte zusammen. Tatsächlich hatte er diesen Tag vergessen. Er nahm sich fest vor, seine Schwestern zu fragen, worüber seine eigene Mutter sich freuen würde. Er musste all die verpassten Muttertage nachholen, die er in Kalifornien verbracht hatte. „Danke für den Hinweis. Schätze, ich sollte unbedingt was Schönes kaufen.“
„Meine Mom hat gleich einen Tag später Geburtstag, deswegen müsste ich ihr eigentlich zwei Geschenke machen.“
„Oh, doppeltes Pech. Das ist wirklich hart, Mann.“
Owen lachte erneut, Riley grinste ihn durch den Rückspiegel an und fühlte sich so gut wie seit Tagen nicht mehr.
„Ich will ihr was Tolles schenken, aber ich habe nicht viel Geld. Deswegen hilft mir Evie, was Schönes für sie zu basteln.“ „Was aus Perlen?“
„Ja. Meine Mom hat diese coole Uhr, wo man das Armband austauschen kann, weißt du? Evie hilft mir, ein neues für sie zu machen.“
Riley hatte keine Ahnung, warum ihn das so berührte, doch die Vorstellung, wie dieser kleine Frechdachs mit seinem Gipsarmein Perlenarmband für seine Mutter knüpfte, versetzte ihm einen Stich mitten ins Herz. Und wenn ihn das schon anrührte, dann würde Claire vermutlich losheulen wie ein Schlosshund. „Das wird ihr gefallen“, versicherte er dem Jungen.
„Das hoffe ich.“
„Was glaubt deine Mutter, wo du steckst?“, fragte er, während er in die Blackberry Lane einbog.
„Ich hab ihr erzählt, dass ich nach der Schule zu meinem Freund Robbie gehe.“
„Und wenn deine Mom da anruft und nach dir fragt?“
„Robbies Mom arbeitet bis sechs in der Bank. Seine große Schwester passt nach der Schule auf ihn auf, und ich hab ihr versprochen, ihr Ohrringe zu basteln, wenn sie …“ Er verstummte, und Riley sah im Spiegel, wie er errötete.
„Wenn sie dir ein Alibi gibt“, beendete er Owens Satz.
„Genau. Sie verraten meiner Mom doch nichts?“
„Machst du Witze? Ich werde ihr und dir doch nicht die Überraschung verderben.“
Owen strahlte. „Vielen Dank.“
„Aber du musst mir dann erzählen, wie es ihr gefallen hat, ja?“, bat Riley, unterdessen er in die Auffahrt einbog. Die Fenster des Hauses wirkten einladend und heimelig in der Dämmerung.
Obwohl es allem widersprach, was er sich die ganze Woche vorgebetet hatte, blieb Riley nichts anderes übrig, als auszusteigen.
„Sie müssen nicht mit reinkommen“, meinte Owen.
„Vielleicht brauchst du jemanden, der dir hilft, das mit dem Matsch zu erklären. Außerdem ist deine Mom eine alte Freundin von mir, ich will mal sehen, wie es ihr geht. Und wir müssen dein Fahrrad reparieren, oder? Du und deine Mom, ihr habt zusammen nur zwei gesunde Arme. Ich schätze, ich sollte euch helfen.“
„Kennen Sie sich mit Fahrrädern aus?“, fragte Owen misstrauisch. „Mein Dad kann mein Fahrrad nie reparieren undMacys auch nicht. Wir bringen sie immer zu Mike’s Bikes , auch wenn wir nur einen Platten haben.“
Liegt daran, dass dein Vater ein blödes Weichei ist, dachte er – sprach es aber natürlich nicht laut aus.
„Anfangs bei der Polizei bin ich mit dem Rad gefahren.“ „Mit einem Motorrad?“, stieß Owen fasziniert aus.
„Nein, mit einem Fahrrad. Zwei Räder, Pedalen, Kette und so weiter.“
„Cops fahren nicht mit dem Fahrrad.“
„Vielleicht nicht in Hope’s Crossing. Das wäre hier auch nicht besonders sinnvoll. Aber in einer Stadt,
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