Zauber der Hoffnung
schaute ihn mit einer Mischung aus Schmerz und Wut an.
Er war von Kopf bis Fuß mit Matsch bespritzt, seine Jeans war zerrissen, etwas Blut drang durch den Stoff. Er hatte die Lippen fest zusammengepresst, um nicht zu weinen.
So war Riley früher auch gewesen, stets wild entschlossen, keine Schwäche zu zeigen, und diese Miniausführung von sich selbst zu sehen war ein wenig beunruhigend.
„Bist du okay, Kumpel?“
„Klar.“ Owens Stimme klang ein wenig zittrig, aber er räusperte sich. „Glaub schon. Blöde Pfütze.“
„Bei denen musst du vorsichtig sein. Man weiß nie, wie tief sie sind oder was sich unter dem Wasser befindet.“
In dem Moment dachte er, dass Claire es sicher nicht schätzen würde, mit einer Pfütze verglichen zu werden, doch im Grunde war sie genau so. Sie hatte verborgene Tiefen und Fallstricke, die einen Mann nur zu schnell ins Straucheln bringen konnten.
Oder er musste einfach mal aufhören, jede verdammte Sekunde an sie zu denken.
„Ich muss schon sagen, da hast du einen spektakulären Sturz hingelegt. Ich würde dir zehn Punkte für den Schwierigkeitsgrad und neun Komma fünf für die Ausführung geben.“
Wie er gehofft hatte, musste Owen kichern. Langsam schien der Schreck nachzulassen, und das war Rileys Erfahrung nach der heikelste Moment, wenn das Adrenalin nachließ und der Schmerz einsetzte.
„Wie geht’s dem Gips?“, erkundigte er sich. „Ist er zerbrochen?“
Owen hob den Arm und musterte ihn im Abendlicht. „Schmutzig. Meine Mom wird ganz schön sauer sein.“
„Schätz ich kaum. Das war ein Unfall. Außerdem ist der aus Fiberglas, da kann man den Schmutz abwischen. Soll ich dir aufhelfen?“
„Danke.“
Owen ergriff seine Hand und stand auf. „Ich glaube, mein Fahrrad ist kaputt.“
Riley stellte das Fahrrad auf, um es zu inspizieren. „Nun, die Gabel ist verbogen. Wird nicht leicht, das wieder hinzubiegen, ist aber machbar.“
„Ich brauche es wirklich. Jetzt, wo der Schnee geschmolzen ist, fahre ich damit zur Schule.“
„Dann reparieren wir es wieder. Komm, ich bringe dich nach Hause, bevor es wieder zu regnen anfängt. Wir können dein Rad hinten auf meinen Wagen werfen.“
Owen kaute auf der Unterlippe. „Ja, nur dass ich nicht bei Fremden ins Auto steigen darf.“
Für den Bruchteil einer Sekunde dachte er an die Jahre als Undercoveragent, an diese schmutzige und harte Zeit. Die Kinder in dieser Gegend hatten solche Bedenken nicht, sie hatten immer seinen Wagen umlagert und ihn um Süßigkeiten oder kleines Spielzeug angebettelt. Und so unklug es gewesen war – schließlich spielte er hier die Rolle des rücksichtslosen Verbrechers –, hatte er immer etwas bei sich, weil er die Not der Kleinen einfach nicht ertragen konnte. Es war zwischen ihm und den Kindern irgendwann zu einer Art Spiel geworden, ihnen heimlich immer etwas zuzustecken.
„Du hast absolut recht“, sagte er jetzt zu Claires Sohn. „Abereine Frage: An wen sollst du dich wenden, wenn du in Schwierigkeiten steckst? Was hat deine Mom gesagt?“
Owen warf ihm einen Seitenblick zu, dann grinste er. „An die Polizei, glaub ich.“
„Nun, ich bin der Polizeichef, Owen. Der oberste Cop in Hope’s Crossing also. Ich kenne deine Mom schon seit Ewigkeiten, da war ich jünger als du. Bei mir bist du sicher, das schwöre ich. Willst du deine Mom anrufen und fragen?“
Owen sah einen Moment unschlüssig aus, dann zuckte er die Achseln. „Ich denke, das ist schon okay. Sorry. Wahrscheinlich finden Sie mich doof.“
„Ich finde es sehr klug von dir, so vorsichtig zu sein. Los, steig ein. Du musst hinten sitzen. Da kommen all meine schwierigen Kunden rein.“
„Haben Sie Handschellen und alles?“
Riley öffnete seine Jacke und zeigte ihm die Innentasche, wo er die Handschellen aufbewahrte. Dann zog er sie heraus und hielt sie Owen, dessen Augen riesig wurden, vor die Nase. „Cool!“ Riley lächelte, half Owen in den Wagen, schnallte ihn an und warf die Tür zu. Danach lud er das Fahrrad auf. Als er sich in den Verkehr einfädelte und einen Blick in den Rückspiegel warf, stellte er amüsiert fest, wie fasziniert Owen von dem Polizeifahrzeug war.
„Bisschen spät, um aus der Schule zu kommen, oder? Sag nicht, dass du nachsitzen musstest?“
„Gar nicht! Musste ich noch nie.“
„Hattest du Fußballtraining oder so was?“
Owen schüttelte den Kopf, schwieg aber. Da Riley genug Erfahrung mit unwilligen Zeugen hatte, wusste er, wann jemand etwas verheimlichte.
Er
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