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Zauber der Schlange

Zauber der Schlange

Titel: Zauber der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Mauern waren eingestürzt und von Moos und dem feuchten, braunen Farn des Waldbodens überwuchert worden, und nur die Trümmer der einst stolzen Türme waren noch unter den Bäumen und dem Nebel zu sehen und kennzeichneten die Stelle, an der Vo Wacune gestanden hatte. Nasser Schnee lag auf den nebelverhangenen Ruinen, und Wassertropfen rannen an den uralten Steinen hinab wie Tränen.
    Garion wanderte allein durch die von Bäumen überwachsenen Straßen der toten Stadt. Er hatte sich in den dicken, grauen Wollumhang eingehüllt, um sich gegen die Kälte zu schützen. Seine Gedanken waren so traurig wie die weinenden Steine um ihn herum. Faldors Farm mit ihren grünen, sonnendurchfluteten Feldern lag so weit hinter ihm, daß sie sich im zurückweichenden Dunst zu verlieren schien. Er hatte heftiges Heimweh. So sehr er sich auch bemühte, sie festzuhalten, die Einzelheiten entglitten ihm. Die reichen Düfte aus Tante Pols Küche waren nur noch eine schwache Erinnerung: der Klang von Durniks Hammer in der Schmiede verhallte wie das ersterbende Echo eines letzten Glockenschlages; und die klaren, scharfgeschnittenen Gesichter seiner Spielgefährten verschwammen in seiner Erinnerung, bis er nicht mehr sicher war, sie überhaupt noch wiederzuerkennen. Seine Kindheit entschwand, und so sehr er es auch versuchte, er konnte sie nicht aufhalten. Alles veränderte sich; das war das ganze Problem. Der Kern seines Lebens, der Fels, auf den seine Kindheit aufgebaut war, war immer Tante Pol gewesen. In der einfachen Welt auf Faldors Farm war sie Herrin Pol gewesen, die Köchin, aber in der Welt hinter Faldors Farm war sie Polgara die Zauberin, die vier Jahrtausend hatte vorbeiziehen sehen, mit einer Aufgabe betraut, die jenseits menschlichen Verstehens lag.
    Und Meister Wolf, der alte, herumziehende Geschichtenerzähler, hatte sich gleichfalls verändert. Garion wußte jetzt, daß sein alter Freund in Wirklichkeit sein Ururgroßvater war – mit einer Ungewissen Anzahl weiterer ›Urs‹ –, aber sich hinter dem verschmitzten alten Gesicht stets der durchdringende Blick von Belgarath dem Zauberer befunden hatte, der wartete und die Torheiten von Menschen und Göttern seit siebentausend Jahren beobachtete. Garion seufzte und stapfte weiter durch den Schnee.
    Selbst ihre Namen waren beunruhigend. Garion hatte nie an Zauberei, Magie oder Hexerei glauben wollen. Solche Dinge waren unnatürlich, und sie brachten seine Vorstellung von einer stabilen, vernünftigen Wirklichkeit ins Wanken. Aber zu viele Dinge waren geschehen, die ihm nicht länger gestatteten, seine tröstliche Skepsis beizubehalten. In einem einzigen, erschütternden Moment waren seine letzten Zweifel beiseitegefegt worden. In staunendem Unglauben hatte er beobachtet, wie Tante Pol den milchigen Schleier von den Augen Martjes der Hexe genommen hatte. Mit einer brutal gleichgültigen Geste und einem einzigen Wort hatte sie der Verrückten das Augenlicht wiedergeschenkt und ihr dafür die Macht genommen, in die Zukunft zu sehen. Garion schauderte bei dem Gedanken an Martjes verzweifeltes Wehgeschrei. Dieser Schrei hatte gewissermaßen den Punkt markiert, an dem die Welt weniger stabil, weniger vernünftig und schließlich weniger sicher geworden war.
    Fern von dem einzigen Ort, den er je gekannt hatte, unsicher über die Identität der beiden Personen, die ihm am nächsten standen, und vor der Zerstörung einer Vorstellung von dem Unterschied zwischen dem Möglichen und dem Unmöglichen, fand Garion sich zu einer seltsamen Pilgerfahrt verpflichtet. Er hatte keine Ahnung, was sie in dieser zerstörten Stadt, die von den Bäumen verschlungen wurde, taten und er hatte nicht die leiseste Idee, wohin sie von hier aus gehen würden. Die einzige Gewißheit, die ihm blieb, war der grimmige Gedanke, an den er sich jetzt klammerte – irgendwo auf der Welt gab es einen Mann, der einst durch die frühmorgendliche Dunkelheit zu einem kleinen Haus in einem verlassenen Dorf geschlichen war und Garions Eltern ermordet hatte. Selbst wenn es sein ganzes Leben dauern sollte, Garion würde diesen Mann finden, und wenn er ihn gefunden hatte, würde er ihn töten. In dieser einen Tatsache lag etwas seltsam Tröstliches.
    Er kletterte vorsichtig über die Trümmer eines Hauses, das auf die Straße gestürzt war, und setzte seine schwermütige Erkundung der Ruinenstadt fort. Es gab eigentlich nichts zu sehen. Die geduldigen Jahrhunderte hatten nahezu alles ausgelöscht, was der Krieg hinterlassen

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