Zauber einer Winternacht
eine Tasse, und sie fiel ins Seifenwasser. »Heute?«
»Du hast es dir doch nicht etwa anders überlegt?«
»Nein, aber …«
»Ich will, dass mein Name auf der Geburtsurkunde steht.« Ihr Zögern ließ ihn sekundenlang in Panik geraten. »Es wäre alles wesentlich unkomplizierter, wenn wir vor der Geburt verheiratet sind.«
»Ja, das macht Sinn.« Es kam ihr so überstürzt vor. Sie steckte die Hände ins Wasser und begann mit dem Abwasch. Auch die erste Hochzeit hatte überstürzt stattgefunden, ein Wirbelwind aus Blumen und Champagner und weißer Seide.
»Mir ist klar, dass du es vielleicht etwas festlicher lieber hättest, aber unter den Umständen …«
»Nein.« Sie drehte sich lächelnd um. »Nein, das ist mir nicht wichtig. Wenn du es für heute arrangieren kannst, ist das in Ordnung.«
»Ich werde es jedenfalls versuchen. Warum legst du dich nicht hin, bis ich zurückkomme? Du hast nicht sehr gut geschlafen.«
Nein, das hatte sie wirklich nicht. Der Albtraum war zurückgekehrt, und sie hatte sich erst beruhigt, als Gabriel zu ihr ins Bett geschlüpft war. »Keine Sorge, ich passe schon auf mich auf.«
»Ein Abschiedskuss wird dich sicher nicht überanstrengen.«
Das ließ sie lächeln. Mit tropfenden Händen drehte sie sich um und reckte ihm die Lippen entgegen.
»Noch nicht einmal verheiratet, und du küsst mich schon, als wären wir seit zwanzig Jahren zusammen.« Ihre Stimmung besserte sich schlagartig, als er einfach nur an ihrer Unterlippe knabberte. Sekunden später war sie in seinen Armen, und der folgende Kuss fiel alles andere als flüchtig aus.
»Schon besser«, flüsterte er. »Jetzt leg dich hin. Ich bin in spätestens zwei Stunden zurück.«
»Fahr vorsichtig.«
Er schloss die Tür. Kurz darauf hörte sie den Motor des Jeeps anspringen. Sie ging ins Wohnzimmer, um ihm nachzusehen.
Seltsamerweise fühlte sie sich nicht einsam, als sich die Stille über die Hütte senkte. Aber nervös, das musste sie sich eingestehen. Bräute haben das Recht, nervös zu sein, dachte sie mit leisem Lachen. Wenn es nach Gabriel ginge, würden sie heute Nachmittag heiraten. Und es ging meistens nach ihm.
Ihr Leben würde sich erneut ändern.
Diesmal zum Besseren. Sie würde es besser machen.
Als der Schmerz in ihrem Rücken stärker wurde, presste sie eine Hand dagegen. Sie gab der unruhigen Nacht die Schuld daran und ging, um sich abzulenken, zum Porträt hinüber.
Gabriel hatte es am Tag zuvor vollendet. Sie wusste, dass die Farbe noch mehrere Tage brauchen würde, um zu trocknen und sich abzulagern, also berührte sie es nicht. Stattdessen setzte sie sich auf den Hocker, den Gabriel manchmal benutzte, und studierte ihr Ebenbild.
So sieht er mich also, dachte sie. Ihre Haut war bleich, mit nur einem Hauch von Farbe an den Wangenknochen. Es war dieses fast durchsichtige Weiß, das sie wie ein Engel wirken ließ. Und so nannte er sie auch ab und zu. Die Laura auf dem Bild wirkte verträumt, und genau das hatte sie getan, in den vielen Stunden, in denen Gabriel sie gemalt hatte – geträumt. In den Augen und um den Mund herum lag mehr Verletzlichkeit, als ihr lieb sein konnte. Die Art, wie sie den Kopf hielt, symbolisierte Stärke und Unabhängigkeit, aber der traurige Ausdruck in den Augen schien die Stärke wieder zunichtezumachen.
Ich interpretiere zu viel hinein, entschied Laura und rieb sich erneut den schmerzenden Rücken.
In wenigen Stunden würde sie heiraten. Ohne Hochzeitsgäste, ohne Glückwünsche, ohne einen Klavierspieler mit romantischen Stücken, ohne einen Teppich aus Rosenblüten. Aber auch so, ohne diese Äußerlichkeiten, würde sie eine Braut sein. Vielleicht würde es nicht sonderlich festlich aussehen, aber wenigstens aufgeräumt sollte es sein.
Sie wollte sich an die Arbeit machen, doch der Schmerz ließ es nicht zu. Sie legte sich hin. Zwei Stunden später hörte sie den Jeep die Auffahrt herunterkommen. Sie blieb noch einen Moment liegen, verdrängte den Schmerz und sehnte sich nach einem heißen Bad. Als sie das Wohnzimmer betrat, führte Gabriel gerade ein älteres Paar in die Hütte.
»Laura, dies sind Mr. und Mrs. Witherby. Mr. Witherby ist Friedensrichter.«
»Hallo. Es ist nett, dass Sie den weiten Weg gemacht haben.«
»Gehört zum Job«, erwiderte Mr. Witherby und rückte seine schon leicht beschlagene Brille zurecht. »Außerdem war Ihr junger Mann hier ziemlich hartnäckig.«
»Machen Sie sich um diesen alten Mann hier keine Sorgen.« Mrs. Witherby
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