Zauber einer Winternacht
auf sich und das Baby auf. Beweg dich, Ethan.«
»Es wird nicht länger als eine Stunde dauern«, versicherte Gabriel ihr. »Die Straßen sind ziemlich passierbar. Ich finde wirklich, du solltest dich ausruhen, Laura. Du siehst erschöpft aus.«
»Eigentlich sollte ich ja strahlen. Aber ich verspreche dir, bis du zurückkommst, werde ich nichts Schwereres heben als eine Teetasse.«
Als sie diesmal dem Jeep nachsah, rieb sie mit dem Finger über ihren Ehering. So wenig Aufwand, um ihr Leben so sehr zu ändern.
Sie krümmte sich, um den Schmerz im Rücken zu lindern, und ging durchs Zimmer, um ihren Tee zu trinken.
Noch nie hatte ihr der Rücken so wehgetan, nicht einmal, als sie auf der Farm ihrer Tante einen ganzen Tag lang gearbeitet hatte. Der Schmerz war dauerhaft und tief. Sie versuchte es mit einer Streckbewegung, kauerte sich zusammen, streckte sich wieder. Dann konzentrierte sie sich darauf, den Tee aufzuwärmen und Marshmallows zu rösten.
Sie war noch keine zehn Minuten allein, als die ersten Wehen einsetzten.
Es war nicht der vage Schmerz, von dem sie gelesen hatte. Es war intensiv und unablässig. Sie war nicht darauf vorbereitet gewesen und schaffte es nicht, sich mit ruhigem Atmen darüber hinwegzuretten. Stattdessen verkrampfte sie sich, kämpfte dagegen an und sank schließlich auf dem Sofa zusammen, als der Schmerz endlich etwas nachließ.
Das konnten nicht die Geburtswehen sein. Ihr brach der Schweiß aus, als sie den Gedanken verwarf. Es war viel zu früh, einen ganzen Monat zu früh, und es war viel zu plötzlich gekommen. Das müssen die einsetzenden Vorwehen sein, redete sie sich ein. Ausgelöst durch ihre Nervosität und die ganze Aufregung.
Aber da waren die Rückenschmerzen. Sie bemühte sich, ruhig zu bleiben, und setzte sich wieder gerade hin. War es möglich, dass sie den ganzen Morgen hindurch Senkwehen gehabt hatte?
Nein, es mussten die Vorwehen sein. Es mussten sie einfach sein.
Aber als sie zum zweiten Mal einsetzten, begann sie die Zeit zu nehmen.
Sie lag im Bett, als Gabriel zurückkehrte, konnte ihn aber nicht rufen, weil gerade erneut die Wehen eingesetzt hatten. Die Furcht, die sie vor einer Stunde gepackt hatte, war etwas schwächer geworden. Jetzt war er wieder da, und das bedeutete, dass alles gut werden würde. Sie hörte, wie er Holz aufs Feuer legte, holte nochmals tief Luft, als der Schmerz nachließ, und rief nach ihm.
Die Dringlichkeit in ihrer Stimme ließ ihn das Zimmer mit drei raschen Schritten durchqueren. An der Schlafzimmertür blieb er stehen. Das Herz schlug ihm bis zum Hals.
Halb liegend, halb sitzend lehnte sie sich gegen die Kissen in ihrem Rücken. Ihr Gesicht war schweißnass. Ihre ohnehin schon dunklen Augen waren fast schwarz.
»Ich werde unser Abkommen nicht ganz einhalten können«, stieß sie hervor und bemühte sich um ein Lächeln, weil sie in seinem Gesicht dieselbe Angst erkannte, die sie selbst fühlte. »Das Baby hat beschlossen, etwas früher zu kommen.«
Er stellte keine Fragen, und für seinen gewohnten trockenen Humor war jetzt auch nicht die Zeit, das wusste er. Er eilte zu ihr, ergriff ihre Hand. »Mach dir keine Sorgen. Ich rufe einen Arzt.«
»Gabriel, das Telefon funktioniert nicht.« Ihre Stimme klang mal brüchig, mal ruhig. »Ich habe es schon probiert.«
»Okay.« Er zwang sich zur Ruhe und schob ihr das feuchte Haar aus dem Gesicht. »Auf der Straße hat es einen Unfall gegeben. Vermutlich ist eine Leitung gerissen. Ich hole ein paar zusätzliche Decken und bringe dich in die Stadt.«
Sie presste die Lippen zusammen. »Gabriel, es ist zu spät. Ich schaffe es nicht mehr.« Sie wollte schlucken, aber die Furcht hatte ihr Mund und Kehle ausgetrocknet. »Ich liege seit Stunden in den Wehen, den ganzen Morgen schon, und wusste es nicht. Es sind Geburtswehen, aber ich habe nicht darauf geachtet, weil ich dachte, dass es an den Nerven und dem fehlenden Schlaf liegt.«
»Seit Stunden«, murmelte er und setzte sich behutsam auf die Bettkante. Ihre Finger krallten sich in seine Hand. »Wie weit liegen sie auseinander?«
»Fünf Minuten. Ich bin …« Sie ließ den Kopf zurückfallen und begann, kurz und hastig zu atmen. Gabriel legte die Hand auf und fühlte, wie ihr Unterleib sich verhärtete.
Er hatte Lauras Bücher über Geburtsvorbereitung und Babypflege durchgeblättert. Um sich die Zeit zu vertreiben, so hatte er es für sich begründet, aber es hatte mehr dahintergesteckt. Er hatte wissen und verstehen wollen, was
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