Zauberin von Darshiva
Karaffe.
Beldin leerte sie in einem Zug. »Sehr schmackhaft.« Er rülpste und warf die Karaffe gleichmütig in eine Ecke. »Aber Bier zieh’ ich vor, Eure Lady-schaft. Wein ist ein bißchen schwer für den Magen so früh am Tag.«
»Gut, dann trinken wir Bier«, rief sie glücklich. »Wir setzen uns alle zusammen und trinken, bis wir umkippen.« Sie ließ sich wieder auf einen Diwan fallen, wobei sie beachtlich viel von sich entblößte. »Bringt Bier«, befahl sie dem verlegenen Diener. »Viel, sehr viel Bier!«
»Wie Eure Hoheit befehlen«, antwortete der Mann steif und zog sich zu-rück.
»Ganz netter Kerl«, nuschelte die Erzherzogin, »aber manchmal schrecklich steif. Er weigert sich, auch nur einen Schluck mit mir zu trinken!«
Plötzlich füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Niemand will mit mir trinken«, jammerte sie. Sie streckte flehend die Arme nach Beldin aus, und er schloß sie in seine. »Ihr versteht mich doch, mein Freund, nicht wahr?«
Schluchzend vergrub sie das Gesicht in seiner Schulter.
»Aber natürlich«, versicherte er ihr und tätschelte ihren Rücken. »Na, na, mein kleiner Liebling«, sagte er beruhigend, »bald wird alles wieder gut.«
Die Edelfrau gewann ihre Fassung zurück und fischte nach einem Tüchlein. »Es ist ja nicht, daß ich gern so bin, Eure Hoheit«, entschuldigte sie sich und blickte Silk an. »Es ist nur, daß mir in dieser Einsamkeit so entsetzlich langweilig ist. Otrath ist gesellig wie eine Auster und hält mich im Hinterland gefangen, wo es keine andere Unterhaltung gibt als das Donnern der Brandung und das Kreischen der Möwen. Mir fehlen die Bälle und Gespräche in Melcene so sehr. Was kann ich hier so ganz allein schon tun?«
»Das ist wirklich schlimm, mein armer Liebling«, bestätigte Beldin. Er nahm dem Diener das kleine Bierfaß ab, klemmte es aufrecht zwischen die Knie und schlug es an der Oberseite mit der knorrigen Faust ein. »Möchtet Ihr ein Schlückchen, Süße?« fragte er höflich und streckte der Herzogin das Faß entgegen.
»Ich würde ertrinken, wenn ich versuchte, daraus zu trinken!« wehrte sie lachend ab.
»Da habt Ihr vielleicht nicht unrecht.« Er drehte sich zu Belgarath um.
»Du da«, sagte er, »hol dem armen Mädchen einen Becher oder irgendwas.«
Belgarath funkelte seinen buckligen Bruder an, brachte jedoch wortlos einen silbernen Krug von einer Anrichte.
Beldin schöpfte den Krug voll, wischte den Boden mit dem Ärmel ab, und reichte ihn ihrer Gastgeberin. »Auf Eure Gesundheit, mein Liebling«, prostete er und trank aus dem Faß.
»Ihr seid so nett«, sagte sie mit einem Schluckauf. Dann goß sie etwa die Hälfte des Kruginhalts in sich hinein, daß der Bierschaum aus ihren Mundwinkeln quoll und auf ihr Gewand tropfte.
»Wir bedauerten es sehr, daß wir Seine Lordschaft verfehlten«, sagte nun Silk, sichtlich ein wenig verlegen über Beldins etwas rauhes Benehmen gegenüber einer hoch-wohlgeborenen, wenngleich beschwipsten Dame.
»Da ist Euch gar nichts entgangen, Eure Hoheit.« Sie rülpste und drück-te rasch die Hand auf den Mund. »Mein Gemahl ist ein fetter grüner Frosch mit dem Charme einer toten Ratte. Er verbringt seine Zeit damit, zu eruieren, wie nahe er dem Kaiserthron ist. Kal Zakath hat keine leibli-chen Erben, also sitzen seine Vettern herum, warten darauf, daß einer der anderen stirbt, und versuchen Bündnisse zu festigen. Wart Ihr schon je in Mal Zeth, Eure Hoheit? Es ist ein absolut widerlicher Ort. Ehrlich gesagt, ob Kaiserkrone oder nicht, ich würde mich in der Hölle wohler fühlen!«
Sie leerte ihren Krug und gab ihn Beldin wortlos zurück. Dann schaute sie sich mit nicht ganz festem Blick um. »Aber mein teurer Fürst Kheldar«, sagte sie. »Ihr habt mich noch gar nicht mit Euren Freunden bekannt gemacht!«
»Wie schrecklich vergeßlich von mir, Eure Hoheit!« Er schlug sich auf die Stirn. Dann erhob er sich förmlich. »Eure Hoheit, ich habe die Ehre, Euch Ihre Hoheit, die Herzogin von Erat, vorzustellen.« Er breitete gran-dios den Arm aus und richtete die Hand dabei auf Polgara, die sich erhob und einen Knicks machte.
»Eure Hoheit«, murmelte sie.
»Eure Hoheit«, antwortete die Erzherzogin und versuchte ebenfalls auf-zustehen, was ihr jedoch nicht recht gelang.
»Schon gut, meine kleiner Liebling«, sagte Beldin und legte die Hand auf ihre Schulter, um sie zu stützen. »Es ist noch früh, und wir sind alles Freunde. Diese langweiligen Förmlichkeiten sind doch nicht
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