Zauberkusse
fordert er mich auf und es kommt mir alles so absurd vor, dass ich schon wieder anfange zu kichern. »Wir werden jetzt Sie und Ihr Auto auf Drogen hin untersuchen«, erläutert Michael und dann ist auch schon Nora bei mir, um mich fachmännisch abzutasten, während Michael den Zündschlüssel aus dem Schloss zieht und sich an meinem Wagen zu schaffen macht. Das kann doch wohl alles nicht wahr sein. Er zieht die Augenbrauen hoch, als er den Kofferraumdeckel hebt.
»Ich wollte gerade zum Altglascontainer da hinten«, versuche ich mich zu rechtfertigen und schiebe noch ein zerknirschtes: »Ich hatte Gäste« hinterher. Wie bin ich denn bloß in diese Situation geraten? Was habe ich falsch gemacht, dass aus einer einfachen Verkehrskontrolle eine Drogenrazzia geworden ist? Aber Gott sei Dank habe ich ja nichts zu befürchten. Gerade will ich freiwillig anbieten, ins Röhrchen zu pusten, da spüre ich Noras Hände an meiner Leiste und kichere.
»Entschuldigung, aber ich bin kitzelig. Nicht im Drogenrausch«, füge ich pampig hinzu.
»Was haben Sie da in Ihrer Hosentasche?«, fragt sie mich und drückt auf der Ausbeulung meiner Jeans herum. Mein Zauberbeutelchen. Das habe ich ja ganz vergessen.
»Das ist privat«, sage ich sehr bestimmt. Diesmal lacht sie, die dumme Kuh.
»Leeren Sie Ihre Tasche aus.« Seufzend fummele ich den kleinen Baumwollbeutel mit den rosa Wachsflecken aus meiner Jeanstasche hervor und halte ihn in der offenen Handfläche. Doch als Nora danach greifen will, schließe ich schnell die Finger um die Kostbarkeit.
»Geben Sie es mir.«
»Hören Sie, ich weiß, es klingt verrückt, aber … Ich kann Ihnen den Beutel nicht geben.«
»Und warum nicht«, fragt sie und hebt spöttisch die Augenbrauen. Oh, ich kenne diesen Blick. Es ist der Blick der Schlange, die weiß, dass das Kaninchen ihr gehört. Noch stößt sie nicht zu, aber sie weiß, für das arme Opfer gibt es kein Entkommen mehr.
»Sie sind auf dem Holzweg, wirklich«, versuche ich sie zu überzeugen, aber natürlich glaubt sie mir kein Wort. Natürlich denkt sie, dass sich in dem Beutel, von dem ein intensiver Duft aufsteigt, eine ordentliche Portion Marihuana befindet. Noch immer krallt sich meine Hand um das Säckchen und sie sieht mich fast mitleidig an.
»Tun Sie sich und mir einen Gefallen und geben Sie es mir freiwillig.« Ihre Stimme klingt ganz sanft. Ich schüttele verbissen den Kopf. Den Bruchteil einer Sekunde später finde ich mich über der Kühlerhaube liegend wieder, den Arm auf den Rücken gebogen und fühle einen scharfen Schmerz im Handgelenk, das sie langsam verdreht, bis sich meine Finger unter dem Druck öffnen und das Corpus Delicti freigeben. Und dann lässt Nora mich wieder frei. Auf etwas wackeligen Beinen drehe ich mich um und schaue sie an, wie sie Michael triumphierend ihre Beute präsentiert.
»Na, was haben wir denn da?«, fragt dieser und kommt interessiert näher. Auch er trägt jetzt diesen sadistischen »Jetzt-haben-wir-dich«-Ausdruck zur Schau und ich frage mich, wie ich ihn jemals attraktiv finden konnte. Dann beginnen Noras Finger, die von mir im Ritual geknüpften Zauberknoten zu lösen.
»Nicht«, rufe ich, traue mich aber angesichts der körperlichen Überlegenheit, die die Polizistin eben zur Schau gestellt hat, nicht, mich dazwischenzuwerfen. Die beiden werfen mir einen mitleidigen Blick zu und sind dann wieder ganz auf das Beutelchen fixiert. Natürlich. Immer nur Knöllchen verteilen, so haben die sich das Leben als Hüter des Gesetzes natürlich auch nicht vorgestellt. Drogendealer dingfest machen, das ist schon eher nach ihrem Geschmack. Und jetzt glauben sie, einen Fisch an der Angel zu haben. »Bitte, bitte nicht aufmachen«, verlege ich mich aufs Flehen, »ich schwöre, das sind keine Drogen. Wirklich nicht.« Noras Wurstfinger haben den ersten Zauberknoten gelöst. »Es sind nur ein paar Kräuter darin.« Ich werde vollkommen ignoriert. Na schön. »Das ist ein Zaubersäckchen. Wenn Sie es aufmachen, dann wirkt es nicht«, schreie ich die beiden an, die jetzt ihre Aufmerksamkeit doch wieder mir zuwenden. Sie wechseln einen schnellen Blick. Wollen wahrscheinlich abchecken, ob die Lage außer Kontrolle geraten könnte, oder ob sie mit der Irren alleine klarkommen. Michael tritt auf mich zu und legt seinen Arm um meine Schulter. So sieht es zumindest von außen aus. In Wirklichkeit hält er mich wie in einem Schraubstock und sagt in sanftem Tonfall:
»Bitte beruhigen Sie sich, Frau
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