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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dankten sie ihm dafür, dass er sie gedemütigt hatte?
    Nana betrat den Raum mit einem Teetablett. Eine Flasche Portwein klemmte unter ihrem Arm, und über demselben Arm hing ein Handtuch. Sie stellte Tablett und Flasche auf den Tisch und reichte Malta das Handtuch. Es war feucht. »Mach dein Gesicht sauber«, sagte die alte Dienerin barsch. Die Erwachsenen sahen sie kurz an und wandten dann ihre Blicke ab. Sie wollten ihr eine gewisse Ungestörtheit vermitteln, in der sie Zeit hatte zu gehorchen. Einen Moment war Malta dankbar. Dann begriff sie, was sie von ihr verlangten. Sie sollte sich das Gesicht waschen wie eine schmutzige Göre.
    »Das mache ich nicht!«, schrie sie und warf das Handtuch zu Boden.
    Ein langes Schweigen war die Antwort. Dann fragte ihre Großmutter sie im Plauderton: »Weißt du, dass du wie eine Hure aussiehst?«
    »Tu ich nicht!«, erklärte Malta, obwohl ihr kurz Zweifel kamen. Aber sie schüttelte sie einfach ab. »Cerwin Trell schien mich heute Abend nicht unattraktiv zu finden. Dieses Kleid und die Art, wie meine Augen bemalt sind, entsprechen der neuesten Mode in Jamaillia.«
    »Für die Huren vielleicht«, fuhr ihre Großmutter unerbittlich fort. »Außerdem habe ich auch nicht gesagt, dass du ›unattraktiv‹ aussiehst. Du bist einfach nicht auf die Art attraktiv, bei der sich eine anständige Frau wohl fühlt.«
    »Eigentlich…«, begann Davad Restate beklommen, aber Großmutter redete weiter.
    »Wir sind weder in Jamaillia, noch bist du eine Hure. Du bist die Tochter einer stolzen Händlerfamilie. Und wir stellen weder unsere Körper noch unsere Gesichter so in der Öffentlichkeit zur Schau. Ich frage mich wirklich, wie das deiner Aufmerksamkeit bisher entgehen konnte.«
    »Dann wünschte ich, ich wäre eine Hure in Jamaillia!«, erklärte Malta hitzig. »Weil alles andere besser wäre, als hier zu ersticken. Ich werde gezwungen, mich wie ein kleines Mädchen zu kleiden und zu benehmen; obwohl ich fast eine erwachsene Frau bin, werde ich gezwungen, immer still und höflich zu sein, immer… unbeachtet zu bleiben. Ich will nicht so aufwachsen. Ich will nicht werden wie du und Mutter. Ich will… schön sein und bemerkt werden und Spaß haben und Männer um mich haben, die mir Blumen und Geschenke schicken. Und ich will nicht in der Mode des letzten Jahres herumlaufen und mich benehmen, als könnte mich nichts aufregen oder ärgern. Ich will…«
    »Eigentlich«, unterbrach Davad sie verlegen, »gibt es eine, ehm, ähnliche Mode in Jamaillia. Seit letztem Jahr. Eine der, ehm, Gefährtinnen des Satrapen hat sich so gezeigt. In der Verkleidung einer, ehm, Straßendirne. Natürlich nicht öffentlich, sondern bei einem privaten Fest. Um ihre, sagen wir, vollkommene Hingabe für den Satrapen und seine Bedürfnisse zu demonstrieren. Dass sie bereit war, nun, sich so sehen und behandeln zu lassen, als seine… seine, nun…«
    Davad holte tief Luft. »Das ist natürlich nichts, was ich normalerweise mit Euch bereden würde«, meinte er verlegen.
    »Aber es ist passiert, und es gab, ehm, sagen wir, einen leisen Widerhall in den modischen Kleidern der folgenden Monate.
    Die Ohrenfarbe, die, ehm, für Blicke zugänglichen Schlitze der Röcke…«
    Er wurde plötzlich rot und verstummte.
    Großmutter schüttelte ärgerlich den Kopf. »So weit ist unser Satrap also herabgesunken Er bricht die Versprechen seines Vaters und Großvaters und reduziert seine Herzensdamen zu Huren, die ausschließlich seinen körperlichen Vergnügungen dienen. Es gab einmal eine Zeit, als die Familien stolz darauf waren, wenn ihre Töchter als Gefährtinnen bezeichnet wurden, denn es war eine Position, die sowohl Weisheit als auch Diplomatie erforderte. Was sind sie jetzt? Seine Haremsdamen? Es widert mich an. Und ich werde nicht erlauben, dass meine Enkelin sich wie eine kleidet, ganz gleich, wie beliebt dieses Gewand geworden ist.«
    »Du willst, dass ich alt und langweilig aussehe wie du und Mutter«, behauptete Malta. »Du willst, dass ich von einem Kind zu einer alten Frau werde. Das werde ich nie. Weil ich es nicht will.«
    »Niemals in meinem Leben«, erklärte Keffria, »habe ich so mit meiner Mutter gesprochen. Und ich werde es nicht dulden, dass du so mit deiner Großmutter sprichst. Wenn…«
    »Wenn du es getan hättest, könntest du jetzt vielleicht ein eigenes Leben führen!«, fiel Malta ihr ins Wort. »Aber nein!
    Ich wette, du warst immer mucksmäuschenstill und gehorsam.
    Wie eine Kuh. Im ersten Jahr

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