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Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger

Titel: Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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kleine, unsinnige Lieder. Wenn es schön war, zündete sie abends ein Kochfeuer an und plauderte mit ihm, während sie eine einfache Mahlzeit zubereitete. In gewisser Weise war es, sehr angenehm, tägliche Gesellschaft zu haben. Andererseits verärgerte es ihn. Er hatte sich an seine Einsamkeit gewöhnt. Selbst mitten in einem vertraulichen Gespräch fiel ihm ein, dass ihr Arrangement zeitlich begrenzt war. Alles, was Menschen taten, war zeitlich begrenzt. Wie sollte es auch anders sein bei Kreaturen, die sterben mussten? Selbst wenn sie den Rest ihres Lebens bei ihm blieb, war sie trotzdem irgendwann verschwunden. Kaum hatte er diesen Gedanken einmal gedacht, konnte er ihn nicht mehr loswerden. Er fing an zu warten, nachdem ihm klar wurde, dass die Tage mit Amber irgendwann zu Ende gehen mussten. Es war besser, es sofort hinter sich zu bringen und sie loszuwerden, als die ganze Zeit auf den Tag zu warten, an dem sie ihn verlassen würde. Daher war er ihr gegenüber manchmal barsch und kurz angebunden.
    Nicht jedoch an diesem Abend. Heute hatten sie einen fröhlichen Abend miteinander. Sie hatte ihm unbedingt ein albernes Lied beibringen wollen, und dann hatten sie es zusammen gesungen. Erst als Duett und dann als Kanon. Paragon entdeckte, dass Singen ihm gefiel. Sie hatte ihn auch noch andere Dinge gelehrt. Nicht, wie man eine Hängematte flocht. Das hatte er von Brashen gelernt. Von solch seemännischen Dingen verstand sie nicht viel. Aber sie hatte ihm ein weiches Stück Holz und ein besonders großes Messer gegeben, womit er ausprobieren konnte, ob er Talent für ihren Beruf besaß. Manchmal spielte sie auch noch ein anderes Spiel mit ihm, eines, das ein bisschen unheimlich war. Mit einer langen Stange versuchte sie, ihn leicht zu berühren. Das Spiel funktionierte so, dass er diese Stange wegstoßen musste. Sie lobte ihn am meisten, wenn er die Stange wegstieß, bevor sie ihn damit berührte. Er wurde immer besser in diesem Spiel. Wenn er sich konzentrierte, konnte er die Stange beinahe fühlen, und zwar durch die leichten Bewegungen in der Luft. Es gab eine unausgesprochene Übereinkunft zwischen ihnen, dass dies nur ein Spiel wäre. Er erkannte sehr genau, was es eigentlich war: eine Übung von Fähigkeiten, die ihm vielleicht helfen konnten, sich zu schützen, falls es zu einem direkten Angriff kam. Wie lange konnte er sich verteidigen? Er lächelte finster. Lange genug, damit Amber in ihm die Feuer entzünden konnte.
    Er fragte sich, ob das wohl ihre Alpträume verursachte. Vielleicht träumte sie, dass sie ihn in Brand gesetzt hatte und nicht mehr rechtzeitig fliehen konnte. Vielleicht träumte sie auch, als sie so schrie, dass sie in seinem Rumpf brannte, dass das Fleisch von ihren Knochen fiel. Nein. Es war eher ein Wimmern und Jammern im Schlaf, kein Schreien, das sie hätte wecken können. Wenn sie unter diesen Alpträumen litt, brauchte sie lange, um wieder wach zu werden. Dann kam sie hinaus aufs Deck, roch nach Angstschweiß und atmete tief die frische Nachtluft ein. Und wenn sie sich auf sein schiefes Deck setzte, dann konnte er fühlen, wie ihr schlanker Körper zitterte.
    Bei diesem Gedanken hob er die Stimme. »Amber? Amber, wach auf! Es ist nur ein Traum!«
    Er fühlte, wie sie sich rastlos bewegte, und hörte eine undeutliche Antwort. Sie klang so, als würde sie ihn aus einer ungeheuren Entfernung rufen.
    »Amber!«, schrie er.
    Sie zuckte heftig, eher wie ein Fisch, der in einem Netz gefangen war, als wie eine Frau, die in einer Hängematte schlief. Drei Atemzüge später fühlte er ihre nackten Füße auf den Planken. Sie tappte zu den Haken, wo sie ihre Gewänder aufgehängt hatte. Einen Moment später ging sie über das schiefe Deck. So leicht wie ein Vogel sprang sie über die Seite und landete im Sand. Kurz darauf lehnte sie sich gegen seine Hülle. Ihre Stimme klang heiser. »Danke, dass du mich geweckt hast. Es war gut, glaube ich.«
    »Wärst du lieber in deinem Alptraum geblieben?« Er war verwirrt. »Ich dachte, dass solche Erfahrungen sehr unangenehm sind, fast so unangenehm, als wenn man sie in der Realität erlebt.«
    »Das sind sie auch. Außerordentlich unangenehm. Aber wenn ein solcher Traum immer wiederkehrt, geschieht das manchmal, damit man ihn beachtet. Nach einer Weile können solche Träume sogar Sinn bekommen. Manchmal jedenfalls.«
    »Was hast du geträumt?«, fragte Paragon beinahe unwillig.
    Sie lachte zitternd. »Denselben Traum. Schlangen und Drachen. Der

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