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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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die Händlerin namens Refi Faddon hatte ihnen kühn die Stirn geboten und nachdrücklich darauf hingewiesen, dass der Satrap und seine Gefährtinnen doch gewiss dem jungen Khuprus auf dem Ball vorgestellt werden würden. Welchen Sinn hätte es also zu verbergen, wer er war?
    In dem Moment hatte Davad Restate höchstpersönlich eingegriffen. Der Gastgeber, der bis dahin beinahe bedrückend unterwürfig gewesen war, besann sich plötzlich auf seine Macht. »Ihr könnt nicht über den jungen Khuprus plaudern, ohne auch die Vestrit-Familie und die fragliche junge Dame zu erwähnen. Da ihr Vater abwesend ist, betrachte ich es als meine Pflicht, ihren Ruf zu schützen. Ich werde keinerlei Klatsch über sie dulden. Aber ich versichere Euch, Magnadon, dass Ihr sie höchstpersönlich nach ihrer Präsentation kennen lernen werdet. Sie ist eine bezaubernde junge Dame. So. Möchte noch jemand Kuchen?«
    Damit beendete er höchst wirkungsvoll das Gespräch. Während einige der Alten Bingtown-Händler ihm anerkennende Blicke zuwarfen, bedachten andere seine umständliche Art mit einem Stirnrunzeln oder verzweifelten Blicken an die Decke. Interessant. Serilla konnte die unterschwelligen Zwistigkeiten förmlich spüren. Dieser Davad Restate schien eine Art Brücke zwischen den Alten und den Neuen Händlern zu bilden. Offenbar hatten ihn die Umstände in eine ideale Position bugsiert. Denn es schien beide Seiten dieser zerrissenen Gesellschaft einigermaßen zufrieden zu stellen, sich der Dienste Davads zu versichern. Während die Neuen Händler dem Satrapen extravagante Geschenke und Einladungen in ihr Heim überreichten, hatten die Alten Händler nur ihre Würde und ihre Macht mitgebracht. Serilla vermutete, dass der Satrap keinen besonders guten Eindruck bei den Alten Händlern hinterließ. Allerdings beeindruckten sie den Regenten genauso wenig. Es würde interessant sein zu beobachten, wie sich die Dinge weiterentwickelten. Hier passierte so viel; und es war so viel lebendiger als am engstirnigen und in Formalien erstickenden Hof in Jamaillia-Stadt. Wenn eine Frau mutig genug war, konnte sie hier ihr Glück machen. Sie zog ein Kleid aus dem Schrank und hielt es sich vor den Körper. Das muss genügen, dachte sie. Es war zwar schlicht, aber gut gearbeitet. Vermutlich würde es für einen Abend unter Provinzlern seinen Zweck erfüllen.
    Allerdings musste sie ihren Körper entblößen, wenn sie sich umziehen wollte. Entschlossen drehte Serilla dem Spiegel den Rücken zu, während sie sich anzog. Bei ihrer Toilette gestern Morgen hatte ein kurzer Blick in den Spiegel ihr die dunklen Flecken auf ihrem Rücken und ihren Schenkeln enthüllt. Die Prellungen waren mittlerweile grünbraun angelaufen. Allein dieser kurze Blick hatte sie wieder in Schrecken und Hilflosigkeit gestürzt. Wie erstarrt hatte sie dagestanden und sich gemustert. Plötzlich schüttelte sie sich wie unter einem Krampf. Sie ließ sich auf den Rand ihres Bettes sinken und holte tief Luft, um das Schluchzen zu ersticken, das sie überwältigte. Wenn sie doch nur hätte weinen können; es wäre eine Erleichterung gewesen! Selbst nachdem Serilla sich angekleidet hatte, konnte sie nicht einfach hinuntergehen und frühstücken. Die anderen würden es sofort bemerken. Und sie würden alles erahnen. Wie konnte sie jemand ansehen und nicht sofort bemerken, wie tief man sie verletzt hatte?
    Erst gegen Mittag hatte sie ihre Gefühle in den Griff bekommen und sich wieder unter Kontrolle gehabt. Die Panik war verschwunden, und sie hatte sich wieder unter die anderen mischen können. Als Grund für ihre Abwesenheit schob sie Kopfschmerzen vor. Seitdem fragte sie sich, ob es ihre Kraft war oder nur eine gewisse Art von Wahnsinn, die ihr vorspiegelte, normal zu sein. Sie war nach wie vor entschlossen, sich einen Platz zu erobern, an dem kein Mann mehr Macht über sie hatte. Serilla hob den Kopf und strich ein bisschen Duftöl auf ihren Hals. Heute, sagte sie sich. Die Gelegenheit ergibt sich vielleicht heute. Und wenn sie sich bot, würde sie bereit sein.
    »Wie könnt Ihr nur diesen Schleier ertragen?«, erkundigte sich Grag bei Reyn. »Auf dem Hinweg glaubte ich schon, ich müsste in der Kutsche ersticken.«
    Reyn zuckte mit den Schultern. »Man gewöhnt sich daran. Ich besitze leichtere Schleier als den, den ich Euch geliehen habe. Aber ich fürchte, dass man Euch erkennen würde, wenn Ihr nicht dicht verschleiert seid.«
    Sie saßen zusammen in einem Gastzimmer der Tenira-

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