Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
Familie. Zwischen ihnen war ein kleiner Tisch aufgebaut, auf dem Brot, Früchte, Gläser und eine Flasche Wein standen. Eine endlos scheinende Reihe von Dienstboten trug Reyns Kisten und Koffer über den Flur die Treppe hinauf. Grag hatte seine Regenwildkleidung einfach auf das Bett geworfen. Er fuhr sich durch sein verschwitztes, zerzaustes Haar, um es ein bisschen aufzulockern, und trat dann an den Tisch. »Einen Schluck Wein?«, fragte er Reyn.
»Nichts lieber als das, kleiner Cousin«, antwortete Reyn ironisch.
Grag stieß einen Laut aus, der eine Mischung aus Stöhnen und Lachen war. »Ich weiß gar nicht, wie ich Euch danken soll. Ich hatte nicht vor, in Bingtown überhaupt an Land zu gehen. Und doch bin ich hier, nicht nur an Land, sondern wieder im Schoß meiner Familie, wenn auch nur für kurze Zeit. Wenn Ihr nicht bereit gewesen wärt, mir bei dieser kleinen Täuschung zu helfen, würde ich wohl immer noch im Frachtraum des Kendry hocken.«
Reyn nahm das Glas Wein, schob es geschickt unter den Schleier und trank. Dann seufzte er zufrieden. Er balancierte das Glas in der Hand. »Wenn Ihr mir nicht die Gastfreundschaft Eures Hauses angeboten hättet, würde ich jetzt mit meinen Koffern vor der Herberge stehen. Die Stadt wimmelt von Neuen Händlern und den Handlangern des Satrapen. Meine Räume in der Herberge waren schon längst vergeben.« Reyn schwieg einen Moment und sagte dann: »Da der Hafen blockiert ist und die Herbergen ausgebucht sind, kann ich allerdings nicht vorhersagen, wie lange ich Eure Gastfreundschaft in Anspruch nehmen muss.«
»Wir sind mehr als glücklich, Euch beide willkommen heißen zu dürfen«, erklärte Nana Tenira. Sie kam mit einer Terrine dampfender Suppe ins Zimmer und schob die Tür mit dem Fuß hinter sich zu. Während sie die Schüssel auf den Tisch stellte, warf sie Grag einen missbilligenden Blick zu. »Es erleichtert mich, Grag wieder zu Hause zu haben und zu wissen, dass er in Sicherheit ist. Esst etwas Heißes, Reyn«, forderte sie den Regenwildmann auf, bevor sie sich an ihren Sohn wandte. »Und du, leg den Schleier wieder an, Grag. Und auch die Handschuhe und die Kapuze. Was, wenn ich ein Dienstmädchen gewesen wäre? Ich habe dir gesagt, dass ich niemandem vertraue. Solange du hier bist, müssen wir so tun, als wärst du ein Khuprus aus der Regenwildnis, der bei uns zu Gast ist. Sonst bringst du dich in Gefahr. Seit wir dich aus der Stadt geschmuggelt haben, ist das Kopfgeld, das auf dich ausgesetzt ist, immer weiter gestiegen. Und die Hälfte aller Gewalttätigkeiten, die gegen die Geschäfte der Neuen Händler und die Beamten des Satrapen begangen wurden, ist dir angelastet worden.«
Sie drehte ihrem Sohn den Rücken zu und tischte Reyn die Suppe auf, während sie weiterredete. »Du bist für viele junge Männer in der Stadt eine Art Held. Ich fürchte jedoch, die Sache gerät allmählich außer Kontrolle. Die Beamten des Satrapen stempeln dich dafür zum Sündenbock. Die Händlersöhne überbieten sich gegenseitig darin, die Lagerhäuser des Satrapen zu >teniraen<. Alle wissen ganz genau, was damit gemeint ist.« Sie schüttelte den Kopf, als sie die Schüssel vor Reyn abstellte. »Ganz gleich, wie zurückgezogen deine Schwestern und ich leben. wenn wir durch die Stadt gehen, drehen sich alle Leute hinter uns um und tuscheln.
Du bist hier nicht sicher, Sohn. Ich wünschte, dein Vater wäre da. Ich muss gestehen, dass ich nicht mehr weiß, wie ich dich schützen soll.« Sie deutete befehlend auf den Schleier.
»Ich bin ein bisschen zu alt, um mich hinter deinem Rockzipfel zu verstecken, Mutter«, protestierte Grag, als er den Schleier angewidert hochnahm. »Ich lege ihn an, wenn ich gegessen habe.«
»Ich bin ein bisschen zu alt, um noch einen Sohn zu gebären, wenn man dich umgebracht hat«, erwiderte sie leise, nahm die Handschuhe und reichte sie ihm. »Zieh sie an und gewöhne dich daran«, bat sie ihn. »Diese Verkleidung ist unsere einzige Hoffnung. Sa allein weiß, wann der Kendry oder ein anderes Schiff Bingtown wieder verlassen kann. Du musst deine Rolle als Regenwildmann weiterspielen, und zwar überzeugend.« Sie sah Reyn flehentlich an. »Werdet Ihr ihm helfen?«
»Selbstverständlich.«
»Ich habe den Dienern mitgeteilt, dass Ihr beide zwei höchst eigenwillige junge Männer seid, die allein sein wollen. Und um Euch zu ehren, habe ich ihnen gesagt, dass Grags Schwestern das Zimmer jeden Tag aufräumen.« Sie drehte sich zu Grag um. »Missbrauch
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