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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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anzustarren, die seine Lippen, seine Stirn und die Brauen bedeckten. Als er Selden anschaute, lag unverhohlener Respekt in seinem Blick. »Es hat viel früher angefangen, als sich mein junger Verwandter erinnern kann«, sagte er ruhig. »Ich muss etwa halb so alt wie Selden gewesen sein, als mein Vater mich in die Drachenkammer mitnahm, die tief unter der Erde lag.«

14. Divvytown

    »Ich weiß es einfach nicht genau.« Brashen stand neben ihr auf dem Vordeck. Der feuchte Abendnebel kringelte sein Haar und überzog seine Jacke wie mit silbernen Perlen. »Es sieht jetzt alles anders aus. Das liegt nicht nur am Nebel, sondern auch am Wasserstand, an den Blättern und dem Verlauf des Strandes. Alles ist anders, als ich es im Gedächtnis habe.« Seine Hände ruhten auf der Reling, nur eine Hand breit von ihren entfernt. Althea war stolz auf sich, dass sie der Versuchung widerstehen konnte, ihn zu berühren.
    »Wir könnten einfach hier draußen warten.« Sie sprach leise, aber ihre Stimme trug im Nebel merkwürdig weit. »Und auf ein anderes Schiff warten, das herauskommt oder hineinfährt.«
    Brashen schüttelte langsam den Kopf. »Ich möchte weder gejagt noch geentert werden. Das kann uns sowieso passieren, wenn wir Divvytown erst einmal erreicht haben, aber ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als würde ich hier draußen herumirren. Wir müssen kühn und selbstbewusst in Divvytown einlaufen und den Anker werfen, als wären wir uns des Willkommens sicher. Wenn sie mich für einen Aufschneider und Narren halten, verfliegt ihr Misstrauen schneller.« Er lächelte Althea gequält an, obwohl sie es im Dunkeln kaum sehen konnte. »Es sollte mir nicht allzu schwer fallen, ihnen diesen Eindruck zu vermitteln.«
    Sie ankerten vor einer sumpfigen, wilden Küste. Durch den Winterregen waren die Flüsse und Ströme der Region stark angestiegen. Bei Flut mischten sich Seewasser und Flusswasser in den morastigen Sümpfen. Und in der Dunkelheit tauchten tote und lebende Bäume drohend aus dem sanft dahintreibenden Nebel auf. Wenn er sich lichtete, sah man bemooste Bäume, von denen Lianen herunterhingen. Der Regenwald reichte direkt bis an die Wasserlinie. Brashen und Althea hatten nach mühsamer Beobachtung mehrere mögliche Eingänge entdeckt.
    Jeder davon konnte die schmale Mündung des Flusses sein, der zu der schlammigen Lagune führte, an der Divvytown lag.
    Brashen betrachtete erneut das ausgefranste Stück Leinwand in seiner Hand. Es war seine Originalzeichnung, die er hastig hingekritzelt hatte, als er noch Maat auf der Springeve gewesen war. »Ich glaube, das sollte ein Seetangbeet sein, das bei Ebbe sichtbar wird.« Er sah sich erneut um. »Ich weiß es einfach nicht«, gestand er.
    »Such dir eine Mündung aus«, schlug Althea vor. »Im schlimmsten Fall vertrödeln wir einfach nur Zeit.«
    »Zeit zu vertrödeln ist das Beste, was uns passieren kann«, verbesserte Brashen sie. »Das Schlimmste ist erheblich schlimmer. Wir könnten auf einer verschlammten Sandbank stecken bleiben und dann bei Ebbe dort stranden.« Er holte tief Luft. »Aber ich glaube, ich suche trotzdem einen Zugang aus und riskiere unser Glück.«
    Auf dem Schiff war es vollkommen ruhig. Brashen hatte befohlen, dass die Mannschaft keinen Lärm machen und sich nur flüsternd unterhalten durfte. Es waren keine Lampen aufgehängt worden. Selbst das Schiff versuchte die leisen Geräusche seines hölzernen Rumpfs einzudämmen. Die Segel waren aufgegeit und festgezurrt worden. In einem solchen Nebel trugen die Geräusche einfach zu weit. Brashen wollte hören können, wenn sich ein anderes Schiff durch den Dunst näherte. Plötzlich tauchte Amber wie ein Gespenst auf und stellte sich neben sie.
    »Wenn wir Glück haben, verschwindet der Nebel morgen früh«, sagte Althea.
    »Genauso gut könnte diese Suppe noch dichter werden als vorher«, meinte Brashen. »Aber wir werden trotzdem abwarten, was uns das Tageslicht bringt, bevor wir es versuchen. Da drüben.« Er streckte den Arm aus, und Althea folgte ihm mit den Augen. »Ich glaube, das da ist der Zugang. Wir probieren ihn bei Tagesanbruch aus.«
    »Ihr seid Euch nicht sicher?«, fragte Amber entsetzt.
    »Wenn Divvytown so einfach zu finden wäre, hatte es nicht all die Jahre als Piratenstützpunkt überlebt«, entgegnete Brashen.
    »Vielleicht…«, Amber zögerte. »Vielleicht könnte ja einer der ehemaligen Sklaven helfen. Sie kamen schließlich von den Pirateninseln…«
    Brashen schüttelte den

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