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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Kopf. »Ich habe sie schon gefragt. Sie tun alle so, als hätten sie noch nie etwas von Divvytown gehört, und leugnen, dass sie jemals Piraten gewesen sind. Frag irgendeinen. Sie sind die Söhne von entlaufenen Sklaven, die sich auf den Pirateninseln niedergelassen hatten, um ein neues Leben anzufangen. Chalcedeanische oder jamaillianische Sklavenfänger haben sie erwischt. Sie wurden in Jamaillia tätowiert und verkauft. Von dort wurden sie nach Bingtown gebracht.«
    »Ist das so schwer zu glauben?«, fragte Amber.
    »Keineswegs«, stimmte Brashen ihr bereitwillig zu. »Aber auch ein Junge schnappt normalerweise etwas von der Stadt auf, in der er aufwächst. Diese Burschen sind so vollkommen ahnungslos, dass ich ihnen ihre Geschichten nicht abkaufen mag.«
    »Sie sind gute Seeleute«, sagte Althea. »Ich hatte Schwierigkeiten erwartet, als sie meiner Wache zugeteilt wurden, aber es gab keine. Sie wollten zwar lieber unter sich bleiben, aber das habe ich nicht zugelassen, und sie haben nicht gemurrt. Sie sind fleißig, wie damals, als wir sie an Bord geholt haben und heimlich arbeiten ließen. Harg ist ein bisschen verärgert, weil er jetzt keine Autorität mehr über die anderen hat. In meiner Wache sind alle einfach nur Matrosen und stehen auf derselben Stufe. Aber es sind gute Seeleute… ein bisschen zu gut, wenn das wirklich ihre erste Reise sein soll.«
    Amber seufzte. »Als ich sie damals an Bord brachte, habe ich ihnen in Aussicht gestellt, ihre Arbeit gegen die Chance einzutauschen, nach Hause zurückkehren zu können. Ich habe damals wirklich nicht bedacht, dass es vielleicht einen Interessenskonflikt geben könnte. Jetzt scheint mir das dagegen ganz offensichtlich.«
    »Geblendet von der Möglichkeit, jemandem etwas Gutes tun zu können.« Althea lächelte und gab Amber einen freundschaftlichen Klaps. Amber lächelte sie wissend an, und Althea fühlte sich einen Moment unbehaglich.
    »Darf ich fragen, ob Lavoy uns dabei vielleicht helfen könnte?«, fuhr Amber leise fort.
    Althea schüttelte den Kopf, als Brashen nicht antwortete.
    »Brashens Seekarten sind alles, woran wir uns orientieren können. Durch den Wechsel der Jahreszeiten und die ständigen Veränderungen an den Inseln wird das ganz schön heikel.«
    »Manchmal frage ich mich, ob ich überhaupt den richtigen Sumpf ausgesucht habe«, fügte Brashen gereizt hinzu. »Das könnte auch der vollkommen falsche Fluss sein.«
    »Es ist das richtige Stück Sumpf.« Paragons tiefe Stimme war sehr leise. »Es ist sogar die richtige Flussmündung. Was ich dir schon vor Stunden hätte sagen können, wenn jemand auf die Idee gekommen wäre, mich zu fragen.«
    Die drei Menschen schwiegen und hielten die Luft an, als würden sie einen Bann brechen, wenn sie etwas sagten. Althea schoss ein Verdacht durch den Kopf, den sie schon lange in ihrem Innersten gehegt hatte.
    »Du hast Recht, Althea.« Das Schiff beantwortete ihre unausgesprochenen Worte. »Ich war schon einmal hier. Ich war sogar so oft in Divvytown, dass ich bei jedem Gezeitenstand und selbst in der schwärzesten Nacht dorthin finden würde.« Sein tiefes Lachen ließ das Vordeck leicht vibrieren. »Da ich mein Augenlicht verloren habe, bevor ich jemals den Fluss hinauf gesegelt bin, spielt es auch keine Rolle, was ich sehe oder nicht sehe.«
    Amber wagte es, das Schweigen zu brechen. »Woher kannst du dann wissen, wo wir sind? Du hast immer gesagt, dass du dich wegen deiner Blindheit vor dem offenen Meer fürchtest.
    Warum bist du jetzt so furchtlos?«
    Er lachte nachsichtig. »Es besteht ein großer Unterschied zwischen der offenen See und einer Flussmündung. Außerdem gibt es mehr Sinne als nur das Sehvermögen. Kannst du den Gestank von Divvytown nicht riechen? Die Holzfeuer, die Plumpsklos, die Beingrube, wo sie ihre Toten verbrennen? Was die Luft mir nicht zuträgt, verrät mir der Fluss. Der säuerliche Geschmack von Divvytown strömt mit dem Fluss ins Meer, und ich kann mit jeder Faser meines Rumpfs das Wasser aus der Lagune schmecken. Es ist dick und grün. Das habe ich niemals vergessen. Es ist noch genauso schleimig wie damals, als Igrot hier geherrscht hat.«
    »Du könntest uns selbst in der schwärzesten Nacht dorthin bringen?«, fragte Brashen vorsichtig.
    »Das sagte ich bereits. Ja.«
    Althea wartete. Es hieß, Paragon zu vertrauen oder ihn zu fürchten. Entweder legten sie alle ihr Leben in seine Hände, oder sie warteten bis zur Dämmerung und tasteten sich dann den nebelverhangenen

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