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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Kendry den Fluss abgesucht und keine Spur von seiner Geliebten gefunden. Malta war tot, und Tintaglia würde ihn schon deshalb anlügen, um ihn ihrem Willen zu unterwerfen. Er würde die Drachenkönigin keines Wortes mehr würdigen. Er hob das Kinn, biss die Zähne zusammen und wartete auf den Tod.
    Doch in dem Moment sah er etwas, das ihm die Fassung raubte. Als er an Tintaglia vorbeistarrte, sah er Schatten durch die Ruinen auf sie zuschleichen. Sie bewegten sich, blieben stehen, bewegten sich wieder und kamen dabei dem Drachen immer näher. Ihre Lederrüstungen und Zöpfe wiesen sie als Chalcedeaner aus. Sie hatten sich wieder gesammelt, trotz ihrer zerschmetterten Schiffe im Hafen, trotz ihrer vielen Toten, und stürmten jetzt, Spieße, Schwerte und Streitäxte in der Hand, auf den Drachen los. Reyn lächelte grimmig. Diese Wendung der Ereignisse kam ihm gut zupass. Sollten seine Feinde sich doch gegenseitig bekämpfen! Wenn sie fertig waren, würde er sich der Überlebenden annehmen. Er beobachtete, wie die Chalcedeaner näher kamen, und schwieg, wünschte ihnen aber alles Gute.
    Doch da sprang Grag Tenira vor und schrie: »Drache, pass auf, hinter dir! Zu mir, Bingtown! Zu mir!«, dann stürmte dieser Narr auf die Chalcedeaner los und führte die Hand voll blutender Männer seines Haushalts zu einem Angriff, um den Drachen zu verteidigen.
    Schnell wie eine Schlange, die zustößt, zuckte die Drachenkönigin zu den Angreifern herum. Sie brüllte wütend und schüttelte ihre gewaltigen Schwingen. Es kümmerte sie nicht, dass sie dabei einige Verteidiger umwarf. Sie sprang mit weit geöffnetem Maul auf die Chalcedeaner zu und hauchte ihnen ihren Atem entgegen. Das war alles, jedenfalls soweit Reyn es sehen konnte, aber das Ergebnis war entsetzlich. Die Chalcedeaner zuckten vor ihr zurück und schrien wie am Spieß. Im nächsten Moment lief ihnen Blut übers Gesicht. Dann ging es Schlag auf Schlag. Die Lederrüstungen fielen in Fetzen von ihren blutüberströmten Leibern. Einige versuchten wegzulaufen, aber sie kamen nur wenige Schritte, bevor sie stolperten.
    Manche Leichen fielen sogar in mehreren Stücken zu Boden.
    Diejenigen, die am weitesten von dem Drachen entfernt waren, konnten sich schwankend ein Stück zurückziehen, bevor sie brüllend auf den Boden sanken. Gnädigerweise dauerte ihr Todeskampf nicht lange. Das Schweigen, das ihren gurgelnden Lauten folgte, war Furcht erregend. Grag und seine Leute blieben wie angewurzelt stehen. Sie hatten Angst, sich den blutigen Körpern zu nähern.
    Reyn spürte, wie der Apfelkuchen in seinem Magen revoltierte. Die Chalcedeaner waren Feinde, und sie verdienten keine Gnade. Aber es war entsetzlich, einen Menschen so sterben zu sehen, wie diese Krieger gestorben waren. Selbst jetzt noch zersetzten sich die Kadaver. Ein Kopf löste sich vom Rückgrat und rollte auf die Seite, während das Fleisch von dem Schädel abfiel und schmolz. Tintaglia schwenkte ihren gewaltigen Kopf herum und starrte Reyn an. Ihre Augen rotierten. Amüsierte sie sich etwa über sein Entsetzen? Noch vor einem Moment hatte er ihr gesagt, dass ihm sein Leben nicht mehr wichtig war.
    Daran hatte sich auch nichts geändert, aber er wusste, dass er jede andere Todesart derjenigen vorzog, die er soeben mit angesehen hatte. Er wappnete sich und nahm sich vor, schweigend zu sterben.
    Reyn wusste nicht, woher Grag Tenira seinen Mut nahm. Er trat kühn zwischen den Regenwildmann und den Drachen. Er hob sein Schwert hoch in die Luft, und Tintaglia reagierte gereizt. Doch dann verneigte sich der Bingtown-Händler und legte ihr das Schwert zu Füßen.
    »Ich werde dir dienen«, bot er Tintaglia an. »Befreie nur unseren Hafen von diesem Ungeziefer, dann werde ich mich an jede Aufgabe machen, die du verlangst.«
    Er sah sich um und forderte die anderen auf, es ihm gleichzutun. Einige näherten sich langsam, aber die meisten hielten Abstand. Nur Selden trat selbstsicher vor und stellte sich neben Grag. Der Junge sah den Drachen mit so glänzenden Augen an, dass Reyn beinahe schlecht wurde. Selden war noch so jung und ließ sich von dieser Kreatur so leicht täuschen. Unwillkürlich fragte sich Reyn, ob seine Mutter und sein Bruder ihn auch so gesehen hatten, als er sich für die Drachenkönigin eingesetzt hatte. Bei dem Gedanken zuckte er schuldbewusst zusammen. Er hatte dieses Geschöpf auf die Welt losgelassen, und sein Preis für diesen Wahnsinn war Malta gewesen!
    Tintaglias Augen blitzten, während sie

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