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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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»Und ausgerechnet dir soll ich trauen!«, knurrte er und setzte sich mühsam auf. »Du bist doch selbst ein Stück von einem Drachen, wenn das, was sie sagt, stimmt.«
    »Es gibt solche Drachen und solche. Diese hier will nicht die Ewigkeit an einen Haufen Knochen gebunden verbringen. Geh zurück. Wehr dich. Fordere sie heraus!«
    »Halt den Mund!«, zischte er das nutzlose Ding an.
    »Was hast du gesagt?« Die Stimme des Schiffs klang zuckersüß und gleichzeitig gefährlich.
    Unter erheblichen Schwierigkeiten kam Kennit hoch. Als er die Krücke wieder fest unter den Arm geklemmt hatte, schwang er sich über das Deck zur Bugreling. »Ich sagte: ›Halt den Mund!‹«, wiederholte er. Er umklammerte die Reling und beugte sich hinüber. Dann ließ er seine Furcht in Wut umschlagen. »Sei Holz, wenn du nicht klug genug bist, um Viviace zu sein!«
    »Viviace? Diese rückgratlose Sklavin, diese bibbernde, nachgiebige, kriecherische Kreatur der Menschen? Ich würde eher für immer schweigen, als sie zu sein.«
    »Dann bist du also nicht sie? Kein bisschen von dir ist in ihr mitgeschwungen?«, fragte Kennit eisig.
    Die Galionsfigur bog den Kopf zurück. Wäre sie eine Schlange, dachte Kennit, würde sie zweifellos angreifen. Aber er wich nicht zurück. Er wollte keine Furcht zeigen. Außerdem konnte sie ihn wohl auch nicht ganz erreichen. Sie öffnete den Mund, sagte aber kein Wort. Ihre Augen drehten sich jedoch vor Wut.
    »Wenn sie nicht du ist, hat sie genauso viel Recht, das Leben dieses Schiffes zu sein wie du. Und wenn sie du ist… Tja, dann verhöhnst und verspottest du dich nur selbst. Es macht für mich keinen Unterschied. Mein Angebot an dieses Lebensschiff bleibt bestehen. Es kümmert mich wenig, wer von euch beiden es annimmt.«
    Damit hatte er seine Karten auf den Tisch gelegt. Entweder gewann er oder ging unter. Dazwischen gab es nichts. Aber letztlich war das sowieso niemals anders gewesen.
    Sie stieß zischend die Luft aus. Es klang beinahe wie ein Seufzen. »Was für ein Angebot?«, hakte sie nach.
    Kennit grinste schief. »Was für ein Angebot? Willst du damit sagen, dass du es nicht weißt? Meine Güte. Ich dachte, du hättest immer in Viviaces Haut gesteckt. Aber jetzt scheint es mir, als wärst du gerade neu erwacht.« Er beobachtete sie sorgfältig, während er sie verspottete. Er durfte es nicht so weit treiben, dass sie wütend wurde. Aber er wollte auch nicht so wirken, als wollte er unbedingt mit ihr handeln. Als sie ihre Augen zusammenzog, änderte er seine Taktik. »Geh mit mir auf Piratenfahrt. Sei meine Königin der Meere. Wenn du wirklich eine Drachenkönigin bist, dann zeig mir deine Natur. Lass uns Beute machen, wo es uns gefällt, und all diese Inseln für uns in Beschlag nehmen.«
    Trotz ihres hochmütigen Blicks hatte er gesehen, wie sich ihre Pupillen kurz geweitet und ihr Interesse verraten hatten. Über ihre nächsten Worte musste er lächeln.
    »Was habe ich dabei zu gewinnen?«
    »Was willst du?«
    Sie beobachtete ihn. Er hielt sich stocksteif und erwiderte ihren Blick mit seinem rätselhaften Lächeln. Sie musterte ihn, als wäre er eine nackte Hure in einer billigen Absteige. Ihr Blick blieb kurz an seinem fehlenden Bein hängen, aber er ließ sich davon nicht einschüchtern. Er wartete einfach ab.
    »Ich will, was ich will und wann ich es will. Wenn die Zeit kommt, dass ich es brauche, dann sage ich dir, was es ist.« Sie schleuderte ihm die Worte entgegen, als wollte sie ihn herausfordern.
    »Ach du meine Güte.« Er zupfte an seinem Schnurrbart, als amüsiere er sich. Doch in Wahrheit überlief es ihn kalt bei ihren Worten. »Erwartest du wirklich, dass ich solchen Bedingungen zustimme?«
    Jetzt lachte sie. Es war ein heiseres, kehliges Kichern, das Kennit an das melodische Knurren eines jagenden Tigers erinnerte. Und es beruhigte ihn kein bisschen. Genauso wenig wie ihre Worte. »Natürlich wirst du diese Bedingungen akzeptieren. Welche andere Möglichkeit bliebe dir? Auch wenn du es nicht zugeben willst – ich kann dich und deine Mannschaft vernichten, wann immer es mir beliebt. Du solltest dich mit dem Wissen zufrieden geben, dass es mich eine Weile amüsiert, mit dir auf Piratenfahrt zu gehen. Greife nicht nach mehr, als du bewältigen kannst.«
    Kennit wollte sich nicht einschüchtern lassen. »Vernichte mich, und du vernichtest dich selbst. Oder hältst du es etwa für amüsant, auf den Meeresgrund zu sinken und dort im Schlamm zu vergammeln? Geh mit mir auf

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