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Zaubersommer in Friday Harbor

Zaubersommer in Friday Harbor

Titel: Zaubersommer in Friday Harbor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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hinunter
zur Bucht zu gehen. Aber Sam wurde das Gefühl nicht los, dass Alex keinen Blick
für die herrliche Landschaft hatte. Er ging durchs Leben, ohne es wahrzunehmen.
    Von allen
Nolan-Kindern hatte es Alex am schlimmsten getroffen. Jahr für Jahr
vernachlässigten ihre Eltern ihre Kinder mehr, bis für den jüngsten Sohn
überhaupt keine Fürsorge mehr blieb. Jetzt, lange nach Jessicas und Alans Tod,
war Alex wie ein Ertrinkender. Man konnte ihn so gerade noch unter der
Oberfläche sehen, aber nur begrenzt eingreifen, um ihm zu helfen. Komm einem
Ertrinkenden zu nah, und er packt dich in seinem
verzweifelten Überlebenskampf, klammert sich an dich und zieht dich mit in die
Tiefe. Und Sam war sich ganz und gar nicht sicher, dass er in der Lage war,
jemandem zu helfen. Im Moment wusste er ja noch nicht einmal, ob er sich selbst
retten konnte.
    Am
nächsten Morgen
erwachte Lucy in einem verwirrenden Gefühlschaos. Sie war von Träumen
heimgesucht worden, von Bildern gleitender, sich windender, vor Lust
angespannter Körper. Bildern von sich selbst, gefangen unter dem schweren und
willkommenen Gewicht eines Mannes. Sie hatte von Sam geträumt, wie sie sich in
beschämtem Ärger eingestand. Vielleicht war das ja auch ein gutes Zeichen. Es
ließ immerhin erkennen, dass sie sich auch innerlich von Kevin getrennt hatte.
Andererseits aber war das idiotisch. Sam war jemand, mit dem jede Beziehung
garantiert in einer Sackgasse endete.
    Was sie
jetzt brauchte, entschied Lucy, war Bewegung und frische Luft. Sie verließ die
Pension, ging zu ihrem Atelier hinüber und schnappte sich ihr Fahrrad und den
Helm. Es war ein schöner Tag, sonnig, leicht windig, einfach perfekt für einen
Besuch auf der örtlichen Lavendelfarm, wo sie handgemachte Seife und Badeöl zu
kaufen gedachte.
    In
gemütlichem Tempo radelte sie die Roche Harbor Road entlang. Obwohl die Straße
zu den meistbefahrenen Durchgangsstraßen der Insel gehörte, gab es einen guten
breiten Seitenstreifen für Radfahrer, und sie bot einen herrlichen Ausblick
auf Obstgärten, Weiden, Teiche und dichten Wald. Die angenehme
Gleichförmigkeit der Fahrt half Lucy, ihre Gedanken zu beruhigen.
    Sie dachte
darüber nach, wie es sich angefühlt hatte, am Tag zuvor Kevin und Alice
zusammen zu sehen. Es war eine willkommene Entdeckung gewesen, dass sie nichts
mehr für ihn empfand. Das eigentliche Problem und die Quelle anhaltenden
Kummers lagen in ihrer Beziehung zu Alice. Lucy erkannte, dass sie einen Weg
finden musste, ihrer Schwester zu verzeihen, zu ihrem eigenen Besten. Denn
sonst würde der Schmerz über den Betrug ihr folgen wie irgendein Objekt im
verkleinernden Rückspiegel ihres Autos, das immer näher war, als es aussah.
Aber was, wenn Alice niemals irgendwelches Bedauern zum Ausdruck brachte? Wie
vergab man jemandem, dem nicht im Geringsten leidtat, was er getan hatte?
    Lucy hörte
von hinten einen Wagen kommen und wich so weit wie möglich auf den
Seitenstreifen aus, um dem Fahrer Platz zum Überholen zu lassen. Aber in den
nächsten Sekunden merkte sie, dass sich das Auto viel zu schnell näherte. Das
Motorengeräusch erklang unmittelbar hinter ihr. Sie warf einen Blick über die
Schulter nach hinten. Der Wagen, eine große Limousine, war von der Fahrbahn
abgekommen und schwenkte geradewegs auf sie zu. Es gab einen Moment, in dem sie
den Luftzug des Autos spürte, unmittelbar bevor es gegen ihr Hinterrad
prallte. Die Landschaft schien sich plötzlich auf den Kopf zu stellen. Sie flog
durch die Luft, sah den Himmel, den Wald, Asphalt und Metall um sie
herumwirbeln, und dann raste der Boden mit Lichtgeschwindigkeit auf sie zu.
    Als sie
ihre Augen wieder öffnete, dachte sie zunächst, es sei Morgen, Zeit zum
Aufwachen. Aber sie lag nicht im Bett. Sie lag zwischen grünen Pflanzen, und
zwei Fremde beugten sich über sie, ein Mann und eine Frau.
    „Beweg sie
nicht”, warnte die Frau, ein Handy am Ohr.
    „Ich nehme
ihr nur den Helm ab”, gab der Mann zurück.
    „Ich glaube
nicht, dass du das tun solltest. Vielleicht hat sie sich die Halswirbelsäule
verletzt oder so was.”
    Besorgt
schaute der Mann Lucy an, als sie sich langsam rührte. „Stopp, nicht so hastig.
Wie heißen Sie?”
    „Lucy”,
keuchte sie und fummelte an den Riemen ihres Helms herum.
    „Warten
Sie, ich helfe Ihnen, das abzunehmen.”
    „Hal, ich
habe dir doch gesagt ...”, mischte die Frau sich ein. Der Mann fiel ihr
ins Wort. „Ich glaube, das geht in Ordnung. Sie bewegt ihre Arme

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