Zebulon
übernehmen«, sagte der Kommodore. »Komisch, aber manche Leute lernen nie, wo ihre Grenzen liegen.«
»Wozu das alles, wenn er Sie so in Harnisch bringt?«, fragte Zebulon, der ihm nicht richtig zugehört hatte – eine Haltung, die den Kommodore nur zu weiteren Offenbarungen anstachelte.
»Ich erprobe gerade ein neues Schiff und wollte sowieso hier runter, obwohl mir schleierhaft ist, warum dieser Mistkerl sich ausgerechnet die Regenzeit ausgesucht hat, um sich mit mir in diesem Dreckloch zu treffen. Ich hab nichts übrig für Idioten.«
»Sagten Sie schon«, meinte Zebulon.
Sie tranken schweigend. Erst nach der dritten Runde Rum pur schien sich der Kommodore endlich zu entspannen.
»Ich hab eine Woche der Misserfolge und Enttäuschungen hinter mir. Ich komme mir vor wie jemand, der in dem gottverfluchten Traum von einem andern steckt und nicht rausfindet. Geht’s Ihnen auch manchmal so?«
»Ab und zu«, sagte Zebulon.
»Was haben Sie hier unten zu erledigen?«
»Nichts. Bin nur auf der Durchreise.«
»Auf Gold aus, oder?«
»Ich denk drüber nach.«
»Lassen Sie mich Ihnen ein paar kostenlose Ratschläge geben. Die Zukunft der Vereinigten Staaten von Amerika liegt im Geschäft, und ein gutes Geschäft ist der Transport. Sie können mir glauben, dass ich in einem Jahr mehr Geld mache als alle Goldsucher zusammen. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich schätze Männer wie Sie, die den Mumm haben, die Grenze immer weiter vorzuschieben. Wenn es in Amerika um eines wirklich geht, dann um Expansion. Wir haben uns einen großen Brocken von Mexiko geschnappt. Demnächst werden wir uns den Pazifik, Hawaii, die Philippinen einverleiben. Vielleicht sogar Japan, wenn Admiral Perry die richtigen Schritte unternimmt, was ich allerdings bezweifle.«
»Darüber hab ich noch nicht nachgedacht«, sagte Zebulon.
»Dann wird’s langsam Zeit«, sagte der Kommodore. »Trau keinem über den Weg. Und wenn du dein Glück gemacht hast, gib nicht gleich wieder alles aus. Und vergiss nie –«
»– dass die Zukunft in der Expansion liegt«, warf Zebulon ein.
Der Kommodore nickte wohlgefällig, zufrieden, jemanden gefunden zu haben, der wusste, wovon er redete. »Vielleicht sind Sie ja gar nicht so dumm, wie Sie aussehen. Und was diese klitzekleine Eisenbahnlinie über den Isthmus angeht, die Sie befahren wollen, die ist für Katalogbräute und für Amateure, aber nicht für Kommerz und schwere Lasten.«
»Und
schwere Lasten
sind das A und O«, setzte Zebulon hinzu. »Nur dass ich keine schwere Last mit mir führe. Nicht mal eine leichte.«
Der Kommodore lachte. »Brauchen Sie eine Arbeit? Ich hätte Verwendung für einen Mann, der nicht gleich den Schwanz einzieht. Einen, der den ganzen verfluchten Schleimern und Schmarotzern den Marsch bläst. Einen, der seinem Dienstherrn treu ergeben ist.«
»Ich hab schon eine Arbeit«, erwiderte Zebulon.
»Dann kündigen Sie.«
Eine einsame Gestalt kam auf sie zugetrottet. Der Mann stolperte die Veranda herauf und schälte seinen knochigen Oberkörper aus seiner Regenjacke. Er entfaltete ein Taschentuch und putzte damit sorgfältig seine breitrandige Brille, dann schüttete er das Wasser weg, das sich auf der gebogenen Krempe seines Derbys gesammelt hatte. Schließlich begrüßte er den Kommodore mit einer angedeuteten Verbeugung.
»Immer wieder ein Vergnügen, Kommodore Vanderbilt«, sagte er mit geschürzten Lippen, als sei das Vergnügen eine selten genossene Speise.
»Ich wollte, ich könnte dasselbe sagen, Ephraim«, erwiderte der Kommodore. »Wo zum Teufel ist Walker?«
»Präsident Walker ist andernorts in wichtigen Angelegenheiten unterwegs. Stattdessen hat er mich geschickt.«
»Was soll der Scheiß?«, brüllte der Kommodore. »Wollen Sie sagen, der Mistkerl hat Angst, hierher zu kommen und mir in die Augen zu sehen, jetzt wo sein albernes Spiel aus und vorbei ist?«
Ephraim Squier richtete sich zu seiner vollen Größe auf und reichte Vanderbilt trotzdem kaum bis zur Schulter. »William Walker weiß überhaupt nicht, was Angst ist.«
»Ohne Scheiß? Vielleicht ist gerade das sein Problem.«
Der Kommodore sah auf Squiers handgemachte englische Schuhe hinab. »Wo zum Teufel haben Sie diese Scheißhaus-Treter her, Ephraim? Sagen Sie’s mir nicht. Ich will’s gar nicht wissen. Das Ärgerliche an euch neuenglischen Schwuchteln ist, dass ihr nicht wisst, wo Schluss ist. Jedes Mal, wenn ihr in den Süden kommt, blamiert ihr das ganze Land bis auf die Knochen.«
»Ich
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