Zebulon
sie.
»Du weißt sehr gut, was passiert ist«, sagte der Graf.
»Ach ja? Da bin ich mir nicht so sicher, abgesehen davon, dass du die Bedingungen diktierst, wie immer.«
Da der Graf keine Antwort gab, nahm der Kapitän eine Flasche Rum von einem Beistelltisch und schenkte ihnen allen davon ein.
»Ich hätte einen Vorschlag«, sagte er. »Ich bin bereit, fünfhundert Dollar darauf zu wetten, dass Zebulon Shook nie in San Francisco ankommen wird. Dass er unterwegs verschwinden oder jemanden oder etwas anderes finden wird, das sein Interesse weckt. Schließlich ist sein Schicksal immer vom vorherrschenden Wind bestimmt gewesen.«
Delilah wies mit dem Kinn auf Zebulon. »Sind Sie einverstanden?«
»Habe ich denn eine Wahl?«, fragte er.
»Im Augenblick nicht, nein«, erwiderte der Kapitän.
»Wie soll ich denn die Fahrt durch Panama bezahlen?«, fragte Zebulon. »Und dann weiter nach San Francisco?«
»Dafür wird gesorgt werden«, erwiderte der Kapitän. »Einhundert Dollar sollten reichen.«
»Und ich lege noch hundert drauf«, ergänzte der Graf.
»Und wenn Sie doch in San Francisco aufkreuzen, bekommen Sie noch mal zweihundert von mir«, versprach der Kapitän. »Ohne Gegenleistung.«
»Und wenn Sie nicht aufkreuzen, tue ich dasselbe«, fügte der Graf hinzu. »Einem geübten Fährtenleser wie Ihnen dürfte es nicht schwer fallen, uns ausfindig zu machen.«
»Und wenn Sie uns tatsächlich finden«, sagte Delilah, »bekommen Sie Ihren Job zurück.«
»Verdoppeln Sie das Angebot«, sagte Zebulon.
Der Graf schaute den Kapitän an, und dieser nickte.
»Abgemacht«, sagte der Graf.
Der Kapitän hob das Glas: »Auf ein langes Leben, Wohlstand und Wind in den Segeln.«
Der Kapitän stieß mit Zebulon an, dann auch mit dem Grafen und Delilah.
»Haben Sie Vertrauen und harren Sie aus«, sagte der Graf und grüßte Zebulon militärisch, als er zur Tür hinausging.
Zwei Tage später legte die
Rhinelander
an der Nordküste Kolumbiens an, um Vorräte aufzunehmen. Es hatte seit zwei Wochen geregnet, und die Straßen und die armseligen, um die bröckelnde Kathedrale sich scharenden Fischerhütten waren mit grünem Moos und Schlamm bedeckt.
Als Zebulon von Bord ging, wartete Delilah an der Gangway, ohne sich um den auf den Hafen niederprasselnden Regen zu kümmern. Es war das erste Mal, dass sie sich seit der Unterredung beim Kapitän wieder sahen.
»Geben Sie auf sich Acht«, sagte er, als wäre sie nur eine Bekannte.
Sie drückte ihm eine mit Rubinen besetzte goldene Halskette in die Hand. »Du wirst einen guten Preis dafür bekommen. Sie hat der Cousine des Zaren gehört.«
Er gab ihr die Kette zurück. »Du wirst sie nötiger brauchen als ich.«
Sie legte ihm die Kette um den Hals. »Wenn jemand ein Geschenk von einem, dem er viel bedeutet, zurückweist, ist der Schenkende dem Tod geweiht.«
Als er die Planke hinunterging, rief sie ihm nach: »Ich werde dich finden … Du bist kein anderer als ich, auch wenn ich … jetzt … nicht du … bin.«
Ihre letzten Worte gingen in Regen und Wind unter.
T AGELANG SASS Z EBULON auf der Veranda des einzigen Hotels der Hafenstadt, eines windschiefen zweistöckigen Holzhauses, das von verwelkten Hibiskus- und Oleanderbüschen umgeben war, und wartete auf ein Schiff. Ab und zu setzte sich der bleichgesichtige Geschäftsführer einer nahe gelegenen Zuckerrohrplantage zu ihm, der nur drei Worte Englisch konnte:
woman, gold
und
money
. Nicht dass sie einander überhaupt hätten verstehen können, bei dem Lärm des Regens, der wie Gewehrfeuer auf das Blechdach knatterte.
Wenn er nicht trank, spielte er in der heruntergekommenen Lobby allein Billard, eine Beschäftigung, der er sich mit irrwitziger Konzentration widmete, obwohl die Kugeln auf der schiefen Platte alle in dieselbe Ecke rollten. Eines Nachmittags wurde er in diesem trostlosen Zeitvertreib durch das laute Schrillen einer Trillerpfeife am Hafen unterbrochen. Er trat auf die Veranda hinaus und sah fünf Männer, die sich die ausgewaschene Straße zum Hotel heraufschleppten, die Köpfe im Regen wie Büßer gesenkt. Sie taumelten auf ihn zu und ließen sich schwer in die altersschwachen Korbsessel fallen. Ihr Anführer war ein großer weißhaariger Mann in einer blauroten handgenähten Marineuniform mit riesigen Epauletten über einem Nest von Orden und Ehrenzeichen. Haare sprossen aus seinen Nasenlöchern, und buschige Koteletten liefen zu beiden Seiten seines massigen Gesichts herab. Er schlug mit der Faust
Weitere Kostenlose Bücher