Zebulon
Kabine, dazu so viel Essen, wie Sie wollen. Und ich lege noch fünfundzwanzig Dollar für die Eisenbahnfahrt durch Panama drauf.«
»Drei Monate, und ich schlage ein«, sagte Zebulon.
»Vier«, kam das Gegenangebot des Kommodores.
»Abgemacht«, sagte Zebulon.
Gespielt wurde nach der Regel, dass gewonnen hat, wer als Erster fünfhundert Punkte erreicht.
Sie spielten die ganze Nacht hindurch, unter den Augen der Männer des Kommodores sowie des Hotelpersonals und des französischen Plantagenbesitzers und seiner Frau.
Vor Tagesanbruch hörte es auf zu regnen, und Hunderte schwarz geflügelter Nachtfalter waren plötzlich in dem Raum und prallten gegen die Öllampen. Der Kommodore, der tüchtig weitergetrunken hatte, war sichtlich müde, bestand aber darauf, die Partie zu Ende zu spielen, obwohl er fünfzig Punkte zurücklag. Es kam für ihn nicht in Frage, als Verlierer von seinem eigenen Tisch zu gehen, schon gar nicht, wenn er den Sieg einem hergelaufenen Strolch überlassen sollte, der nichts zu verlieren hatte.
Während er die Spielkugel in Position brachte, wurde er durch das plötzliche Erscheinen einer aristokratisch wirkenden, dunkelhaarigen Frau gestört, die ein teures weißes Spitzentuch um die Schultern trug. Hinter ihr tauchte ein kräftig gebauter Neger mit Regenschirm und einem riesigen Lederkoffer auf.
Der Kommodore bedeutete ihr, Platz zu nehmen, und wandte sich dann wieder dem Tisch zu. Nachdem ein leichter Abpraller um eine volle Handbreit daneben ging, knallte er sein Queue auf den Boden und wandte sich endlich der Frau zu.
»Du bist spät dran.«
Die Frau nahm ihr Tuch ab und sah majestätisch in die Runde, wie einem Gemälde spanischer Adeliger entsprungen. In ihren feinen Zügen spiegelten sich die Erschöpfung und Arroganz einer Dame voller Abscheu vor den fleischlichen und finanziellen Umständen, die sie in eine derart unmögliche Lage gebracht hatten.
»Ich bin den ganzen weiten Weg von Cartagena zu Pferd geritten, durch einen Monsunregen und Wolken von Moskitos so groß wie dein Daumen, und du sagst, ich sei spät dran?«
»Warte oben auf mich, Esmeralda«, brummte er. »Ich habe ein Zimmer reserviert. Genauer gesagt, ich habe die ganze Etage reserviert.«
»Ich möchte lieber auf deinem Schiff warten.«
»Das geht nicht.«
»Du hast doch wohl nicht deine Frau mitgebracht?«
»Natürlich nicht.«
»Wen dann?«
»Das, meine Teuerste, geht dich gar nichts an. Außerdem bin ich beschäftigt.«
»So, womit denn?«
»Schau dich um, Esmeralda. Siehst du nicht, was hier im Gange ist? Ich spiele Billard. Ich komme zu dir, wenn ich fertig bin. Und keinen Augenblick früher.«
»Yankee-Schweineficker.«
Sie musterte Zebulon. »Wer sind Sie?«
Als Zebulon die Achseln zuckte, stakte sie die Treppe hinauf, gefolgt von ihrem Diener.
Befeuert von Esmeraldas Reaktion und der Aussicht auf das, was ihn oben erwartete, bewältigte der Kommodore einen schwierigen Spielzug nach dem anderen, bis ihm schließlich ein Fehler unterlief.
Zebulon beendete das Spiel, indem er mit drei Stößen neununddreißig Punkte erzielte. Daraufhin zerbrach der Kommodore sein Queue über dem Knie und schmetterte ein Glas gegen die Wand.
Er verlangte Revanche, doch Zebulon lehnte ab.
»Wartet auf mich«, sagte der Kommodore zu seinen Männern und stieg die Treppe hinauf.
Es war spät am Nachmittag, als der Kommodore sich zu Zebulon und seinen Männern auf die Veranda gesellte.
Esmeralda sah ihnen aus einem Fenster im ersten Stock nach, als sie zur
Prometheus
zurücktrotteten, dem größten und bestausgestatteten Dampfer der Welt.
An Bord bekam Zebulon die Luxussuite mit einer gut bestückten Bar, einem Esstisch und einem großen Spiegel über dem riesigen runden Bett. Den Kommodore sah er nur ein Mal durch die halb offene Tür seiner Privatkabine. Er saß mit Ephraim Squier bei einer Flasche Champagner, und beide waren so ins Gespräch vertieft, dass sie den vorbeischlendernden Zebulon gar nicht bemerkten.
Die Reise dauerte bei ruhiger See unter bleiernem Himmel anderthalb Tage. Als sie mitten in der Nacht in dem stickigen Hafen von Colón anlegten, ging Zebulon als einziger Passagier von Bord.
Z EBULON STAND AM E NDE eines durchhängenden Landungsstegs, die Kleider in der brütenden Hitze durchgeschwitzt. Blitze zuckten über den Hafen und beleuchteten eine Ansammlung regennasser Hütten und Holzhäuser. Auf seinem Weg an Land und dann am Ufer entlang kam er an Bergbaugeräten vorbei, die zwischen
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