Zebulon
hab nicht den weiten Weg zurückgelegt, um mit Ihnen zu streiten, Kommodore.«
»Dann sagen Sie, was zu sagen ist.«
»Präsident Walker hat in Mobile, Alabama, ein zweites Expeditionskorps zusammengestellt, mit der Absicht, binnen eines Monats nach Nicaragua zu segeln. Er ist fest überzeugt, dass er bis Jahresbeginn die Kontrolle über das Land zurückerobern wird. Er hat mich geschickt, Sie um Hilfe zu bitten. Er braucht so rasch wie möglich Munition und Proviant.«
Der Kommodore erhob sich halb von seinem Stuhl. »Der Mann ist wahnsinnig geworden!«
»Durchaus möglich«, sagte Ephraim Squier. »Obwohl ich das nicht zu entscheiden habe. Wie auch immer, ich kann jedenfalls bestätigen, dass er weder ein Staatsmann noch ein Diplomat ist.«
»War das Ihre Idee oder seine?«
»Schwer zu sagen«, erwiderte Squier. »Es sind kulturelle und politische Komplikationen ins Kalkül zu ziehen, desgleichen Witterung, Krankheit und die öffentliche Meinung.«
»Die öffentliche Meinung?«, schrie der Kommodore. »Ich gebe keinen Rattenarsch auf die öffentliche Meinung! Habe ich nie getan, werde ich nie tun. Verstehen Sie mich, Ephraim?«
»Ich verstehe, Kommodore. Natürlich müssen auch Sie einräumen, dass sogar Irre manchmal Erfolg haben.«
»Ich räume gar nichts ein«, sagte der Kommodore. »Wenn Sie Walker über den Weg laufen, sagen Sie ihm, er soll in der Hölle verrotten. Lassen Sie ihn wissen, dass ich alles tun werde, was in meiner Macht steht, damit er mit seinen Plänen samt und sonders untergeht.«
Squier erhob sich, setzte seinen Derby auf und zog seine Regenjacke an. »Offensichtlich, Kommodore Vanderbilt, haben wir nichts mehr zu besprechen.«
»Das deckt sich absolut mit meinem Eindruck«, sagte der Kommodore. »Ach übrigens, spielen Sie Billard?«
Verwirrt blieb Squier am Rand der Veranda stehen. »Das war nie eines meiner Steckenpferde, wenn Sie das meinen.«
»Zu dumm, Ephraim«, antwortete der Kommodore. »Jeder erfolgreiche Mann braucht ein Steckenpferd.«
Ohne ein weiteres Wort ging Squier wieder in den Regen hinaus.
Der Kommodore zündete sich eine neue Zigarre an und drückte sie dann wütend auf der Tischplatte aus. »Zugegeben, ich hab eine Schwäche für Ephraim Squier. Er ist ein anständiger Familienvater und weiß gutes Essen und ein anregendes Gespräch zu schätzen. Aber wenn es um praktische Dinge geht, hapert es bei ihm am Stil. Man braucht ein gewisses Geschick, um zwei Kontrahenten gegeneinander auszuspielen. Er ist distinguierter und umständlicher, als ihm gut tut. Aber ich werde wieder von ihm hören. Die Art Mensch kommt immer wieder zurück.«
Er nahm sich abermals eine neue Zigarre und beschnupperte sie mehrmals in ihrer ganzen Länge, bevor er sie sich in den Mund schob. »Offen gesagt, Ephraims Problem ist sein naives Verständnis von Integrität.«
»Sie meinen, er steht nicht zu seinem Wort«, sagte Zebulon.
»Nein, das meine ich ganz und gar nicht.«
Er schaute Zebulon an, als sähe er ihn zum ersten Mal. »Was interessiert Sie das eigentlich alles?«
»Kein bisschen«, sagte Zebulon.
Gerade als der Kommodore sich erhob, um zu gehen, tauchte ein von zwei Pferden gezogener Karren aus dem Regen auf. Auf der Ladefläche stand ein dreieinhalb Meter langer, in Segeltuch gehüllter Billardtisch. Zehn Mann schoben den Karren seitlich und von hinten, und alle fluchten auf die Pferde, während sie durch den Matsch stapften.
Es dauerte eine Stunde, bis der Tisch aufgestellt war. Zebulon hatte so etwas noch nicht gesehen. Die Beine waren aus schwarzem Teak- und Akazienholz geschnitzt, die vier ledernen Taschen mit den Initialen des Kommodores bestickt. Ein Schonbezug aus Leder spannte sich über den Tisch wie eine glatte, glänzende Haut.
»Jetzt machen wir ein gepflegtes Spielchen«, sagte der Kommodore. »Natürlich spiele ich nie nur zum Spaß.«
»Ich habe nichts, was ich setzen könnte«, gestand Zebulon.
Der Kommodore überlegte. Er ging um den Tisch herum und rollte in jede Tasche eine Kugel.
»Ich sag Ihnen was, Cowboy. Wenn ich gewinne, bekomme ich von Ihnen sechs Monate Knochenarbeit in Nicaragua. Meine Dampfschiffe fahren nur eine bestimmte Strecke den See hinauf, dann geht es über Land weiter. Da kommen Sie ins Spiel: Sie bringen die Pilger zum Pazifik. Für jeden, der es nicht schafft, schulden Sie mir eine weitere Woche Dienst, einschließlich der Beerdigung. Wenn Sie gewinnen, bekommen Sie eine kostenlose Überfahrt nach Panama in Ihrer eigenen
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