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Zebulon

Zebulon

Titel: Zebulon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolph Wurlitzer
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eine Schaufel zu bekommen ist! Vielleicht einen Monat! Vielleicht ein halbes Jahr! Vielleicht nie mehr! Keine Schaufel, kein Gold. Kein Gold, und dann wird’s ein sehr, sehr weiter Weg zurück nach Hause. Da! Ganz hinten! Fünfzig Dollar. Verkauft!«
    Als Nächstes hielt der Händler ein Gemälde von einer lasziven, ebenholzschwarzen Nackten in die Höhe, die sich in Gesellschaft von drei ägyptischen Eunuchen auf einem Diwan räkelte. Ihre wohlgerundeten Schenkel und Brüste erinnerten Zebulon an Delilah.
    »Das Beste zum Schluss, Gentlemen! Kleopatra, Königin vom Nil, in ihrem intimsten Gemach. Eine willkommene Gefährtin für den Goldgräber, der oft monatelang keine Frau zu Gesicht bekommt. Diese wunderschöne Darstellung exotischer Lust und Romantik gehörte einem russischen Grafen, der gerade erst letzte Woche in Calabasas Springs ermordet wurde. Davor war ihr stolzer Besitzer ein englischer Lord. Und davor hing das Bild im Boudoir der Königin von Spanien. Wir beginnen mit hundert Dollar. Dort drüben! Unter dem Wagen. Der Mann mit der Lederweste. Hundertfünfzig …? Zweihundert …! Wer bietet dreihundert?«
    Der Mann zeigte auf Zebulon. »Sie, Sir! Mit den eleganten Leinenhosen! Sie sind offensichtlich ein Gentleman, der ein großes Kunstwerk zu schätzen weiß!«
    Zebulon ging weiter, auf Sutters Hauptquartier zu, die Casa Grande, einen zerbröckelnden zweistöckigen Lehmbau, dessen Fenster in der oberen Etage zerschossen waren. Als er sich der sechs Meter hohen Eichenholztür näherte, stolperte er über einen Mexikaner, der zusammengesunken an einer Mauer saß.
    »Quién es?«
Der Mexikaner sah unter seinem Sombrero hervor zu ihm auf und zeigte ein zahnloses Gesicht mit einer leeren Augenhöhle. »Jemals das Gefühl gehabt, dass du länger brauchst, je schneller du reitest?«
    Der Mexikaner schlug sich auf den Schenkel und schüttete sich aus vor Lachen über Zebulons verdutztes Gesicht. »Du weißt nicht so recht, ob ich der alte Mexikaner aus dem
pueblo
bin oder bloß irgendein anderer abgehalfterter Bohnenfresser.«
    »Du bist Plaxico«, sagte Zebulon.
    »Und du bist Zebulon. Der, der so tief in seinem Futterbeutel steckt, dass er nicht weiß, ob er kommt oder geht. Das passiert öfter, als du denkst.«
    »Hat Hatchet das gesagt?«
    »Das und andere Sachen, zum Beispiel, dass du einen Straight Flush nicht von einem Graben voller Frösche unterscheiden kannst.
Quién es?
Weißt du, was ich meine? Wer ist da draußen? Und wenn du da draußen bist, wohin bist du dann unterwegs? Vielleicht ist es an der Zeit, diese ganzen Fragen hinter sich zu lassen.«
    »Wo ist Hatchet jetzt?«, fragte Zebulon.
    »Höchstwahrscheinlich sucht er nach dir. Jetzt, wo er sich so viel Mühe mit deinem Pa gegeben hat, bist du an der Reihe.«
    »Du bist wegen dem Gold hier?«, fragte Zebulon.
    Plaxico lachte und stand auf.
    »Ich bin nicht hier, und ich bin nicht dort. Heißt es nicht so in dem Lied?«
    Er klopfte Zebulon auf den Rücken, dann ging er quer über das Gelände, als hätte er ein Ziel.
    Zebulon setzte sich an die Mauer. Ringsum rollten Männer und Frauen ihre Schlafdecken aus, unterhielten sich über einen Erdrutsch bei Grizzly Flats, eine Hauptader am Yuba, eine Hinrichtung in Morgan’s Flat. Ein kleiner Junge führte ein verkrüppeltes Pferd in einen Mietstall. Eine Tür ging auf und fiel krachend ins Schloss. Dann Stille, in der ein Lied aus der Casa Grande ertönte:
    Amazing grace! How sweet the sound
    That saved a wretch like me!
    I once was lost, but now am found
.
    Was blind, but now I see
.
    ’Twas grace that taught my heart to fear
,
    And grace my fears relieved
;
    How precious did that grace appear
    The hour I first believed
.
    Es war Delilah.

E R S TIESS D IE R IESIGE E ICHENHOLZTÜR der Casa Grande auf und ging durch die dÜmmrige
entrada
eines Speisesaals. Eine strenge weißhaarige Frau in einem hochgeschlossenen schwarzen Kleid saß an einem Esstisch in der Mitte des riesigen Raums, den Kopf in den Händen. Neben Frau Sutter saß ihr Sohn August, ein dicklicher junger Mann mit Tirolerhut. Er trank Whiskey und rauchte eine geschwungene Elfenbeinpfeife. Hinter ihm schritt ein dickbäuchiger Mann mit einem buschigen Schnauzer und knielangen Lederhosen auf und ab und schlug sich mit der Reitgerte auf seine mächtigen Schenkel.
    Delilah saß am anderen Ende des Saals an einem Klavichord. Als Zebulon in der Tür stehenblieb, fanden ihn ihre Augen, dann wanderte ihr Blick zu August Sutter hin, der

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