Zebulon
läuft nichts, wie es sollte, und wir haben euch nicht mehr zu bieten als ein herzliches Hallo. Niemand wird es euch verargen, wenn ihr uns abweist oder uns Ärger macht, aber wir brauchen eine Pause, weil wir nicht sicher sind, nach wem wir suchen, wohin wir gehen oder was uns erwartet, wenn wir dort ankommen.«
Sie ritten weiter durch Bündel heller Lichtstrahlen in einen Wald so düster und nass wie der Boden einer Regentonne. Über ihnen ließ sich kein Vogel vernehmen, und kein lebendes Wesen ließ sich blicken, nur ein weicher Nieselregeln tropfte durch dicke Schichten vollgesogener Äste und Zweige.
Zebulons Herz begann wie eine Trommel zu schlagen.
In Wahrheit war es das Dröhnen einer echten Trommel. Es kam von irgendwo vor ihnen, als wollte es sie anspornen weiterzureiten. Oder, wie Large Marge mit einem schiefen Lächeln meinte, sie vor dem nahenden Untergang warnen.
Das Trommeln kam von allen Seiten, wurde lauter und dann fast unhörbar leise, war manchmal vor und dann wieder hinter ihnen. Schließlich, als sie jedes Richtungsgefühl verloren hatten, wurden sie von einem Geräusch begrüßt, wie wenn jemand mehrere Male kräftig ausatmete.
»Oh …! Ha …! Ho …! Oh …! Ha …! Ho …!«
Am Ende einer langen Allee sahen sie die niedrige Silhouette eines hölzernen Langhauses am Ufer einer schmalen Bucht. Das Dach ruhte auf dicken Pfosten und war mit roh behauenen Brettern gedeckt. Zwei Reihen Totempfähle, gut einen Meter höher als das Dach, standen beiderseits des Langhauses. Die Pfähle waren von oben bis unten mit geschnitzten, in Dunkelrot-, Apfelgrün- und Schwarztönen bemalten Figuren verziert. Zwei Indianer saßen zusammengesunken auf einer Bank neben der sechs Meter hohen Tür. Beide trugen Infanteriehosen und Bowlerhüte, von denen Adler- und Rabenfedern in die Höhe standen.
Das Trommeln und Singen wurde lauter, als Plaxico aus dem Langhaus trat, beinahe lächerlich gekleidet in eine knielange, geknöpfte Decke mit einem roten Adler auf dem Rücken und einem aus einer Fichtenwurzel geschnitzten kegelförmigen Hut. Hinter ihm erschien Lu in einem langen, sackähnlichen Gewand, den schwarzen Zopf mit Rindenstreifen zu einem Knoten gebunden.
»Sieh an, sieh an«, sagte Plaxico und musterte sie. »Ich vermute, die Dinge sind alles in allem doch nicht, was sie scheinen. Aber wenn ihr meine Meinung hören wollt, auch nicht anders.«
Er ging auf Hatchet Jack zu und schlug ihm mit so überraschender Kraft auf den Rücken, dass er in die Knie brach. »Also, mein lange verlorener Sohn, jetzt sind endlich alle Enten in der Schlinge. Noch ein Tag, und ich hätte mich auf den Heimweg gemacht.«
Er sah Zebulon an. »Hast du Karten mitgebracht?«
»Mit den Karten bin ich fertig«, sagte Zebulon. »Und ich wollte, ich wäre auch fertig mit dir.«
»Das kommt noch«, sagte Plaxico. »Früher, als du denkst.«
»Reicht das?« Delilah griff in ihren Beutel und hielt eine Herzkönigin hoch.
»Wenn du mit einem ganzen Spiel kommst, spielen wir«, sagte Plaxico. »Dealer’s Choice. Keine gezinkten Karten und kein Austeilen von der Unterseite, wie ihr das früher so gern gemacht habt.«
Die Herzkönigin, die vielen
gringos
und die Bemerkungen über Pokern und Falschspielen, das alles überzeugte die Indianer hinter Lu, dass sie zumindest eine wilde Nacht vor sich hatten.
Ihre Begeisterung schwand, als ein großer grauer Uhu über sie hinwegflog und sich auf dem Kopf eines geschnitzten Holzadlers am oberen Ende des längsten Totempfahls niederließ. Der Adler war dunkelgrün bemalt und hatte einen langen, gebogenen roten Schnabel. Seine Augen waren aus Seeohrenschalen und hatten dieselben Farben wie die von Hatchet Jack: eines schwarz, das andere blau.
Der Uhu drehte den Kopf im Kreis und richtete den Blick zunächst auf Plaxico, dann auf Zebulon und die Indianer.
»Huuu, huuu, huuu«, rief er und schlug mit seinen riesigen Schwingen.
»Selber huuu, huuu«, antwortete Plaxico und schwenkte die Arme.
Zermürbt von der Art, wie diese seltsamen Leute sich miteinander unterhielten, zogen sich die Indianer in das Langhaus zurück.
»Uhus sind klarsichtig«, sagte Plaxico. »Aber man kann sich nicht auf sie verlassen. Manchmal ist ihnen nur langweilig und sie brauchen etwas zu tun, dann stellen sie allerlei Unsinn an.«
Large Marge befand, dass sie genug von dem Hokuspokus gesehen hatte, und ging zu ihrem Pferd hinüber.
»Meine Ruh ist hin«, seufzte sie, »mein Herz ist schwer.«
»Du findest
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