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Zebulon

Zebulon

Titel: Zebulon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolph Wurlitzer
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sie nimmer und nimmermehr«, ergänzte Delilah.
    Als sie sich in den Sattel schwang, ging Large Marge plötzlich auf, was es bedeuten konnte, allein davonzureiten in einem Land, das sie nicht kannte. Achselzuckend saß sie wieder ab und ging zu der Bank hinüber, die Augen auf dem Uhu, der jetzt auf dem Dach des Langhauses saß, den Kopf unter einem Flügel.
    Plaxico setzte sich neben Large Marge auf die Bank. »Der Uhu weiß nicht recht, ob er am richtigen Ort ist. Und ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht.«
    »Amen«, sagte Large Marge.
    Plaxico zog einen Tabaksbeutel hervor, drehte zwei Stumpen und reichte Large Marge einen davon. »Ich weiß nicht, was mit diesen Leuten ist, ob sie nun Kwakiutl, Tlingit oder Haida sind, oder was sie vorhaben. Für unsere Zwecke spielt das auch kaum eine Rolle. Die meisten haben von Walfängern und Goldgräbern genug Englisch gelernt, also werden wir schon klarkommen.«
    Im Inneren des Langhauses schwoll das Trommeln an, und dann hörte man auch Rufe und Geräusche, die so klangen, als träten genagelte Stiefel gegen die Wände.
    Plaxico erhob sich seufzend. »Zeit für den Tanzboden.«
    Er zeigte auf einen Strauß Wildblumen und Seeohrschalen, der neben der Tür lag. »Rühr sie nicht an, riech nicht daran und schau nicht zu genau hin. Sie sollen die Geister narren, diejenigen, die man nicht reinlassen will. Das sind natürlich nicht wir. Jedenfalls noch nicht.«
    An der Tür drehte er sich um. »Wenn du einmal drin bist, kommst du nicht mehr raus. Aber was kannst du sonst machen? Meiner Erfahrung nach ist es nicht anders, wenn du drauf und dran bist, den zu verlieren, für den du dich hältst, oder das, was du tust, oder den Ort, zu dem du deiner Meinung nach unterwegs bist.«
    Zebulon schaute zu dem Totempfahl hinauf. Dicht unterhalb des geschnitzten Adlers waren drei ineinander verschlungene Seeungeheuer, deren Köpfe in verschiedene Richtungen schauten.
    Einen Augenblick lang war er sich sicher, dass einer dieser Köpfe sein eigener war und die anderen beiden die von Hatchet Jack und Delilah.
    Dann wurden wieder Seeungeheuer daraus, und er brachte den Mut auf, Plaxico zu folgen.

S IE SETZEN SICH AN DIE W AND des großen, niedrigen Raums, in dem überall Felle und Schnüre mit Seehund- und Walzähnen hingen. Plaxico stand in der Mitte. Er trug eine Froschmaske mit grinsenden Kupferzähnen. Nicht weit von ihm, auf der anderen Seite einer Feuergrube, trug ein flacher Stein ein Arrangement aus Adler- und Habichtfedern, Häufchen von Bonbons, einem polierten Totenschädel und der Holzplastik eines auf einem Bein stehenden Blaureihers mit einem gebrochenen Flügel.
    Kinder rannten hin und her, über die ausgestreckten Beine von Männern und Frauen, die lange, selbstgerollte Zigarren pafften, Rasseln schüttelten und Trommeln schlugen. Die meisten von ihnen trugen Sakralhemden aus Zypressenrinde, die mit handgenähten Wölfen, Adlern und Raben in Rot und Kobaltblau verziert waren.
    »Das ist euer Haus«, rief Plaxico und stolzierte mit Fußrasseln aus Muschelschalen im Raum umher.
    »Es gibt kein anderes. Ich bin ein Gast. Ihr seid die Gastgeber, und ich bin der Gastgeber, und ihr seid die Gäste.«
    »Oh …! Ha …! Ho!«, rief er.
    »Oh …! Ha …! Ho!«, antwortete der Raum.
    Er hielt inne und schaute nacheinander jedem ins Gesicht. »Es gibt Dinge, die zu tun man mich gebeten hat, Menschen, denen zu helfen ich hier bin. Ich habe den weiten Weg aus Mexiko hierher zurückgelegt, und ich danke euch dafür, dass ihr mich alten Narren in euer Haus aufgenommen habt. Manche von den Leuten, die ich hierher gebracht habe, mögen seltsam erscheinen, und sie sind es auch, aber in diesem Haus sind wir alle gleich.«
    »Oh …! Ha …! Ho!«
    »Oh …! Ha …! Ho!«, antwortete ihm die Versammlung, gespannt und neugierig auf diesen alten Geisterbeschwörer, der zusammen mit dem ersten Chinesen, den sie je gesehen hatten, von so weither gekommen war. Plaxico stolzierte weiter im Raum umher und versetzte den Leuten Schläge mit der flachen Hand auf Kopf und Brust. Lu ging hinter ihm her und schwenkte Stöcke mit rauchendem Salbei.
    »Wir alle sind hier: die Toten und die Lebenden und die, die zwischen Tod und Leben gefangen sind. Wir sind alle hier, und wir sind alle gleich. Sagt, ist das nicht wahr?«
    »Ja, es ist wahr«, riefen sie.
    »Wir sind hier, nirgends sonst. Morgen wird alles anders sein. Und dann übermorgen und überübermorgen. Doch hier sind wir, selbst wenn wir getrennt

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