Zebulon
sind, alle gleich. Selbst unsere Feinde, die uns unsere Kraft rauben und uns töten wollen. Selbst der Gesetzlose, der um sein Leben rennt und nicht weiß, dass er dem Tod in die Arme läuft. Wir laufen alle dem Tod entgegen, und wir sind alle gleich. Väter und Mütter, Brüder und Schwestern, schwarz, weiß, gelb und rot. Wir sind alle gleich!«
»Alle hinsetzen«, rief er.
»Alle hinsetzen«, antwortete der Raum.
Plaxico schlug Hatchet Jack auf Kopf und Schultern.
»Der da vor mir ist ein Kojote. Er stiehlt dir deine Frau und verkauft deine Kinder und nimmt dir dein Boot und dein Pferd, deine Hühner und deine Ziegen.«
Plaxico breitete die Arme aus, rollte die Augen und heulte wie ein Kojote.
Kinder fingen an zu weinen und versteckten sich hinter ihren Eltern, die lachten und in die Hände klatschten, aber trotzdem darauf achteten, dass sie ihre Kinder um sich hatten.
Plaxico blieb vor Zebulon stehen. »Schaut euch den hier an, der zwischen den Welten gefangen ist. Er leidet, weil er glaubt, dass es eine Möglichkeit gibt freizukommen, dass es hier jemanden gibt, der die Macht hat, ihn zu erlösen. Er glaubt, eine Frau kann ihm helfen, aber diese Frau ist genauso verloren wie er.«
»Oh …! Ha …! Ho!«
»Oh …! Ha …! Ho! Genauso verloren wie er.«
Plaxico riss Delilah hoch. »Schaut euch diese Frau an! Sie ist vom anderen Ende der Welt gekommen und hat doch einsehen müssen, dass sie nie irgendwohin konnte! Auch sie ist zwischen den Welten gefangen. Man hat ihr gesagt, sie könne sich nur befreien, wenn sie anderen hilft, die in der gleichen Lage sind wie sie. Der andere Weg ist der, zu erkennen, dass alle Spuren Träume sind und dass es nie etwas gegeben hat, was man versuchen oder tun konnte. Dass man immer nur sein konnte.«
»Oh …! Ha …! Ho!«
»Oh …! Ha …! Ho! Immer nur sein.«
Plaxico setzte Delilah ab und nickte Lu zu, der ihr die Hand auf den Bauch legte.
»Diese Frau wird einen Sohn bekommen«, verkündete Lu.
»Einen Sohn!«, rief Plaxico.
»Einen Sohn«, wiederholten alle im Chor.
Die Leute riefen und klatschten. Die Trommeln dröhnten so lange und so laut, dass die Leute dachten, die auf den Balken verstauten Paddel und Angelruten würden ihnen auf den Kopf fallen.
»Oh …! Ha …! Ho!«
»Oh …! Ha …! Ho! Der Junge gehört allen.«
Die Männer schlugen mit den Fäusten auf den Boden, die Frauen zogen ihre Kinder noch dichter an sich.
»Oh …! Ha …! Ho!«
»Oh …! Ha …! Ho!«
Eine Schale Whiskey wurde herumgereicht. Regen kam in Schauern vom Meer herüber und drang durch große Risse in den Stützpfosten und zwischen den Dachplanken in das Langhaus. Als der Wind die mit Walöl gefüllten Lampen umwarf, wurden Kerzen angezündet und auf flachen Steinen im Raum verteilt.
Plaxico wanderte weiter mit hervortretenden Augen herum, als schwelte in seinem Kopf ein Feuer. Er blieb vor Zebulon stehen, nahm Lu die Whiskeyschale aus der Hand, trank einen Schluck und besprühte prustend Zebulons Gesicht. Dabei schüttelte er seine Rasseln und stieß laute Rufe aus.
Dann versetzte er Zebulon einen Faustschlag in die Herzgegend, der ihn zu Boden warf.
Als Zebulon wieder zu sich kam, kniete Plaxico auf dem Boden und lachte über ihn.
»Bevor du ohnmächtig geworden bist, hast du geklungen wie eine alte Hure, die an einem Eiszapfen lutscht.«
Zebulon packte ihn mit beiden Händen an der Gurgel und versuchte ihn zu erwürgen, aber darüber lachte Plaxico nur noch lauter.
»Oh …! Ha …! Ho!«
»Oh …! Ha …! Ho!«
Wieder schlug er Zebulon in die Herzgegend.
»Nicht deine Pumpe ist hin, sondern dein Geist. Du denkst, alles ist vorbei, dabei hat’s noch gar nicht angefangen.«
Die Menge schrie und klatschte in die Hände.
»Oh …! Ha …! Ho!«
»Oh …! Ha …! Ho! Sein Geist ist hin, und es hat noch gar nicht angefangen.«
Plaxico ging weiter im Raum herum, schüttelte seine Rasseln und stieß Schreie aus.
»Oh …! Ha …! Ho!«
»Oh …! Ha …! Ho!«
Zebulon schwebte über dem Boden und sah zu den Gestalten auf, die über die Decke tanzten. Er kannte sie alle: Gesetzlose und Mountain Men, Comanche, Arapaho, Shoshone und Sioux, alle mit Federhaube und Kriegsbemalung. Da war ein weiblicher Wassergeist mit schweren Brüsten, der aus einem aufgewühlten, tobenden Meer stieg, da waren Ziegen, Frösche mit schlangenähnlichen Zungen, Raben und Donnervögel, und zu guter Letzt auch Sergeant Bent, Snake Eyes, seine Eltern, der Gefängnisdirektor und seine
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