ZECKENALARM IM KARPFENLAND
den Großen Bischofsweiher und dann geht’s durch den Wald wieder zurück.’ Vielleicht wäre er somit der Letzte gewesen, der Frau Sievers lebend gesehen habe, meinte er.“
„Wie wahr“, warf die Retta ein.
„Dann“, fuhr Sandra Millberger fort, „fragte er mich, ob er noch etwas zur Klärung des Falles beitragen könne oder ob wir dem ruchlosen Täter bereits auf der Spur seien.“
„Edz werds spannend“, meinte die Kunni, „erzähl weider, Sandra.“
„Wie verabredet habe ich ihm dann die Geschichte vom Pferd erzählt. Zunächst habe ich mich bei ihm für seine wertvollen Hinweise bedankt. Diese, so habe ich ihm erklärt, brächten uns neue Ansätze für die Fahndung nach dem Mörder. Nun könnten wir uns auf das Gebiet zwischen Röttenbach und Dechsendorf konzentrieren, da wir nun annehmen müssen, dass Frau Sievers während ihres Laufes durch den Wald von einem Unbekannten behelligt und möglicherweise entführt worden sei. Dies seien die konkretesten Hinweise, erklärte ich ihm, die wir bisher zum Fall Sievers erhalten hätten. Ob denn die Beobachtungen des österreichischen Soldaten, wie in der Zeitung berichtet, nicht auch wertvolle Hinweise gebracht hätten, wollte er dann noch wissen. ‚Nicht die Bohne’, erklärte ich ihm, ‚mehr als einen grünen Schatten habe der in seinem Nachtsichtgerät auch nicht wahrgenommen.’“
„Du bisd mier vielleich aane, Sandra“, lobte sie die Kunni, „häsd Schauschbielerin wern solln. Den Bambi häsd beschimmd scho grichd.“
Sandra Millberger schmunzelte und fuhr in ihren Schilderungen fort: „Als ich ihm daraufhin erklärte, dass auch die medizinischen Untersuchungen in Deutschland keine weiteren, neuen Erkenntnisse gebracht hätten, konnte ich regelrecht hören, wie ein Felsbrocken von seinem Herz fiel.“
„Was machen wir jetzt mit unserem Kenntnisstand?“, wollte der Kommissar wissen. „Nehmen wir ihn gleich hops?“
„Naa, Gerald, dees mach mer heid nunni. Der leffd uns ned davo. Iehr wissd, dass der morgn a Familienveranstaltung had. Iech mecherd gern vorher nu wissen, was bei dem su alles in der Wohnung rumschdehd. Hasd du den Diedrich dabei, Gerald?“
„Tante, du weißt, dass das, was du vorhast, strafbar ist!?“
„Fängsd scho widder o! Ka Mensch brauchd zu wissen, was mier vorhamm, gell Retta? Mier ham nern ja scho, den Merder.“ Dabei zeigte Kunni auf den Küchentisch, auf welchem ein 13 x 9 cm schwarz-weißes Hochglanzfoto lag, welches, mit Nennung des Datums und der Uhrzeit, den Mörder zeigte, als er in seinem Ford Focus bei Kiefersfelden/Kufstein die deutsch-österreichische Grenze überquerte.
Sowohl Gerald Fuchs als auch Sandra Millberger waren von Kunnis Kombinationstalent hellauf begeistert.
„Sooch amol, Sandra, wenn du midm Audo zum Attersee foahrn willst, welchn Grenziebergang nimmsdn du dann?“ Diese Frage hatte Kunigunde Holzmann vor zwei Tagen gestellt.
„Normalerweise würde ich den kürzesten Weg nehmen“, hatte Sandra geantwortet, „also bei Kiefersfelden über die Grenze fahren. Aber mach dir keine Hoffnungen, Tante Kunni“, hatte sie sogleich hinzugefügt, „seit dem Schengen-Abkommen wird da nicht mehr kontrolliert. Da wird nur noch durchgewunken.“
„Und Kameras gibds do aa nemmer?“
Das Ergebnis der Nachfrage war bombastisch. Am Vormittag ging eine E-Mail mit folgendem Wortlaut aus Kiefersfelden ein:
Liebe Kollegen bei der Kripo Erlangen,
wir haben uns die Filme vom 13. Oktober angesehen. Wir konnten nur einen einzigen Ford Focus, mit dem Kennzeichen ERH finden, der am Spätnachmittag bei uns über die Grenze gefahren ist.
Beiliegend senden wir Euch den entsprechenden Filmausschnitt, sowie ein extrahiertes Schwarz-Weiß-Foto des Fahrers. Er ist darauf sehr gut zu erkennen.
Wir hoffen, dass die beiliegenden Dateien Euch von Nutzen sein können und wünschen Euch viel Erfolg bei Euren Ermittlungen.
Mit den besten Grüßen aus dem regnerischen Kufstein
Zollobermeister
Beppi Hingerl
Der Beppi hatte nicht zu viel versprochen. Der Mörder blickte konzentriert direkt in die Kamera und war messerscharf getroffen. Sie hatten ihn. Endlich.
„Schau der dees Berschla o“, war Kunnis einziger Kommentar.
„Das hätte ich von dem nie gedacht“, merkte Sandra Millberger an.
„Scho widder a Schiggsalsschlooch fier die Familie“, lamentierte die Retta.
Gerald Fuchs enthielt sich der Stimme.
Röttenbach, katholische Kirche St. Mauritius, Freitag, 26. Oktober 2012
Am fünfundzwanzigsten
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