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Zehn Jahre nach dem Blitz

Zehn Jahre nach dem Blitz

Titel: Zehn Jahre nach dem Blitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pjhilip K. Dick
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der ihr aber nicht sprechen könnt?
    Daher erkannte Nicholas, sosehr ihn Kommissar Nunes auch erzürnte, die Notwenigkeit seiner Anwesenheit im Tom Mix an. Die Radikalen, die eines Abends spät zu ihm hereingeschlichen waren, ihre Vorstellung von der sofortigen, einfachen Lösung ihres Problems mit dem Pol-Kom im Kopf, waren gründlich und überzeugend eines Besseren belehrt worden. Das hoffte Nicholas zumindest.
    Nunes jedenfalls war noch am Leben. Seine Gründe hatten den Radikalen also offensichtlich eingeleuchtet ... und das Ganze war drei Jahre her, als Nunes’ übereifrige Gestalt zum ersten Mal aufgetaucht war.
    Er fragte sich, ob Dale Nunes es je geahnt hatte. Ob er eine Vorstellung davon hatte, wie nahe er seiner Ermordung gewesen war, und daß es Nicholas war, der es ihnen ausgeredet hatte.
    Wie interessant wäre es doch gewesen, Nunes’ Reaktion darauf zu erfahren. Dankbarkeit?
    Oder – Verachtung.
    In diesem Augenblick gab Carol ihm ein Zeichen, winkte ihn vor den Augen der versammelten Gemeinde hier in der Führungshalle zu sich. Wahrend Dale Nunes die Reihen mit den Blicken nach jemanden absuchte, der seine Frage beantworten sollte, bedeutete Carol Nicholas – es war unglaublich –, zusammen mit ihr hinauszugehen.
    Seine Frau Rita sah, an seiner Seite sitzend, das Handzeichen, das Winken; sie hielt den Blick mit steinernem Gesichtsausdruck geradeaus gerichtet, als hätte sie nichts gesehen. Dale Nunes, der sein Ziel gefunden hatte, sah es ebenfalls und runzelte die Stirn.
    Dennoch folgte Nicholas Carol gehorsam durch den Gang und aus der Führungshalle hinaus in die Abgeschiedenheit des menschenleeren Flures.
    »Was, in Gottes Namen, wollen Sie?« fragte er, als sie dicht beieinander stehenblieben. Der Blick, den Nunes ihnen zugeworfen hatte, als sie hinausgingen ... er würde in Kürze von dem Kommissar hören.
    »Ich möchte, daß Sie den Totenschein beglaubigen«, erklärte Carol, während sie sich dem Aufzug näherten. »Für den armen alten Maury ...«
    Sie erwiderte nichts; auf der Fahrt zur Krankenstation hinunter schwiegen beide. Er warf einen kurzen Blick unter das Tuch in dem Gefrierfach, in dem der starre Körper lag – dann entfernte er sich von dem Schrank und unterschrieb die Formulare, die Carol bereitgelegt hatte, insgesamt fünf Kopien, säuberlich getippt und bereit, über die Videoleitung zur Verwaltung auf die Erdoberfläche hinaufgeschickt zu werden.
    Dann zog Carol aus der Knopfleiste ihres weißen Kittels ein winziges elektronisches Gerät hervor, in dem er einen Audiorecorder von der Sorte keiner-weiß-daß-ich-ihn-habe erkannte. Sie nahm das Band heraus, schloß die Stahlschublade eines Schrankes, in dem sich Medikamente zu befinden schienen, auf – und enthüllte seinen Blicken für einen kurzen Augenblick weitere Bandspulen und elektronische Geräte, von denen keines, soweit er es beurteilen konnte, in einem Zusammenhang mit ihrer Arbeit als Ärztin stand.
    »Was hat das alles zu bedeuten?« fragte er, und diesmal klang seine Stimme beherrschter. Offenkundig wollte sie, daß er es sah, den Audiorecorder, die Sammlung von Bändern, die sie vor den Blicken aller anderen unter Verschluß hielt. Er kannte sie ebenso genau und war mit ihr ebenso vertraut wie alle andern im Tom Mix, und doch war ihm dies hier vollkommen neu.
    Carol erklärte: »Ich habe Yancys Ansprache auf Audioband aufgenommen. Jedenfalls den Teil, um dessentwillen ich dort war.«
    »Und die anderen Audiobänder in diesem Schrank?«
    »Alle von Yancy. Frühere Reden. Aus dem vergangenen Jahr.«
    »Ist das gesetzlich erlaubt?«
    Während sie die fünf Kopien von Maury Souzas Totenschein nahm und in den Schlitz des Xerox-Übermittlers steckte, der sie in die Leitung zum Archiv im Estes-Park einspeisen würde, sagte Carol: »Es ist in der Tat gesetzlich zulässig. Ich habe nachgesehen.«
    Erleichtert sagte er: »Manchmal glaube ich, daß Sie spinnen.« Ihre Gedanken gingen ständig in irgendwelche merkwürdigen Richtungen, sie sprühten und tönten in ihrer Fülle und setzten ihn immer wieder in Erstaunen; er konnte nie ganz mit ihr Schritt halten, und daher wuchs seine Bewunderung für sie ständig. »Erklären Sie es mir«, forderte er sie auf.
    »Ist ihnen aufgefallen«, sagte Carol, »daß Yancy, als er in seinen Reden Ende Februar den Ausdruck coup de grâce benutzte, das Wort gras aussprach? Und im März sprach er es ...«
    Sie nahm ein Blatt mit Aufzeichnungen aus dem Stahlschrank und suchte etwas

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