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Zehn Jahre nach dem Blitz

Zehn Jahre nach dem Blitz

Titel: Zehn Jahre nach dem Blitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pjhilip K. Dick
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Kaffeebohnen, dachte er, könnte ich eine unerschöpfliche Menge gebrauchen. Wenn so etwas möglich wäre. Aber die Syn-Kaf-Bon (so stand es auf den Rechnungen) waren, wie alles andere, streng rationiert. Und nach all den Jahren hatte er sich damit abgefunden – mit dem Verstand zumindest. Sein Körper dagegen verlangte nach mehr.
    Er konnte sich noch daran erinnern, wie, in Vortankzeiten, echter Kaffee geschmeckt hatte. Neunzehn, grübelte er; es war mein erstes Jahr am College, und ich begann gerade, Kaffee zu trinken, anstatt Malzmilch, Kinderkram. Ich war gerade im Begriff, ein wenig an Reife zu gewinnen ... und dann das.
    Aber, wie Talbot Yancy, strahlend oder stirnrunzelnd, je nachdem, wie es der Anlaß erforderte, sagen würde: »Immerhin sind wir nicht, wie wir befürchtet hatten, zu Asche verbrannt. Weil uns dieses volle Jahr blieb, nach unten zu gehen, das dürfen wir nie vergessen.« Also vergaß Nicholas nicht; während er in der Küche stand und den synthetischen Kaffee vom Abend zuvor aufwärmte, stellte er sich vor, er wäre vor fünfzehn Jahren zu Asche verbrannt oder die Cholinesterase seines Körpers durch das abscheuliche US-Nervengas zerstört worden, der schlimmsten Waffe, die bis zu diesem Zeitpunkt von schwachsinnigen Narren in hoher Stellung im damaligen Washington, D.C., heraufbeschworen wurde. Die Verantwortlichen selbst waren mit dem Gegenmittel, Atropin, gesegnet und daher in Sicherheit ... geschützt vor dem Nervengas, das, wie von der noch immer berüchtigten FMC-Gesellschaft vertraglich festgelegt, in der Newport-Chemiefabrik in Westindia hergestellt worden war, aber nicht geschützt vor den Raketen der UdSSR. Und er war dankbar und glücklich darum, dankbar, daß er hier war und am Leben und sein Synkafgebräu trinken konnte, so bitter es auch war.
    Die Badezimmertür wurde geöffnet, und Stu rief: »Ich bin fertig.«
    Nicholas begab sich zum Badezimmer – und in diesem Augenblick hörte er ein Klopfen an der Tür zum Flur.
    Nicholas beugte sich der Notwendigkeit, die seine Stellung als gewählter Präsident mit sich brachte, öffnete die Tür und sah sich, wie er augenblicklich erkannte, einem Komitee gegenüber. Jorgenson, Haller, Flanders – wieder standen die Aktivsten des Tanks vor seiner Tür, und hinter ihnen Peterson, Grandi, Martino, Giller und Christenson, ihre Anhänger. Er seufzte. Und ließ sie ein.
    Lautlos – so klug waren sie – trat das Komitee in sein Quartier ein, und die vielen Menschen füllten den kleinen Raum. Sobald die Flurtür geschlossen war, sagte Jorgenson: »Folgendermaßen werden wir es tun, Präsident. Wir sind bis vier Uhr morgens aufgeblieben und haben es gründlich durchdacht.«
    »Was durchdacht?« fragte Nicholas, obwohl er es genau wußte.
    »Wir werden uns um diesen Pol-Kom, diesen Nunes, kümmern. Wir werden im zwanzigsten Stockwerk einen Aufruhr in Szene setzten; der Zugang zu zwanzig ist schwierig wegen der Kisten mit Ersatzteilen für die Bleiernen, die dort gestapelt sind. Er wird eine halbe Stunde brauchen, um dem Getümmel ein Ende zu bereiten. Und das gibt Ihnen Zeit. Die Zeit, die Sie brauchen.«
    »Kaffee?« fragte Nicholas und begab sich zur Küche.
    »Heute«, sagte Jorgenson.
    Nicholas trank schweigend seinen Kaffee. Und wünschte, er sei in seinem Badezimmer. Eingeschlossen, wo ihn seine Frau, sein Bruder, die Frau seines Bruders und dieses Komitee – wo sie ihn alle nicht erreichen konnten. Selbst Carol nicht, dachte er. Er wünschte, er könnte sie – wenigstens für eine Minute – ausschließen. Und in der Einsamkeit und Stille des Badezimmers einfach nur dasitzen; in Ruhe gelassen werden.
    Und wenn man ihn in Ruhe ließ, konnte er vielleicht nachdenken. Sich finden. Nicht Nicholas St. James, den Präsidenten des Ameisentanks Tom Mix, sondern sich selbst, den Menschen; und dann würde er wissen, wirklich wissen, ob Kommissar Nunes recht hatte und Gesetz wirklich Gesetz war. Oder ob Carol Tigh recht hatte und etwas faul war – was immer es war, worauf Carol mit ihrer Sammlung von Audiobändern von Yancys Reden des vergangenen Jahres gestoßen war. Coup de grâce, dachte er. Genau das ist das hier für mich, der tödliche Schlag auf den Kopf.
    Er wandte sich, die Kaffeetasse in der Hand, dem Aktivistenkomitee zu. »Heute«, sagte er mit leichtem Spott gegen Jorgenson, dem er nicht besonders zugetan war; Jorgenson war ein rotbackiger, vierschrötiger Raufboldtyp.
    »Wir wissen, daß wir uns beeilen müssen«, ergriff Haller

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