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Zehn Jahre nach dem Blitz

Zehn Jahre nach dem Blitz

Titel: Zehn Jahre nach dem Blitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pjhilip K. Dick
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sich schließlich anhören würde, wenn es vom Sim vor den Kameras gesprochen wurde. Erforderte es nicht Jahre, um das zu lernen? Er hatte Jahre gebraucht, um das, was er konnte, zu lernen. Einen Satz zu schreiben und ungefähr – das heißt ausreichend präzise zu wissen, wie er in seiner endgültigen Bildschirmfassung wirken würde. Mit anderen Worten, was auf den TV-Bildschirmen der Millionen Tanker unter der Erde erscheinen würde, die es sahen und glaubten und Tag für Tag betrogen wurden mit dem, was einfältigerweise als Textmaterial bezeichnet wurde.
    Eine höfliche Bezeichnung, überlegte Adams, für einen Stoff, dem es an Substanz fehlte. Aber das entsprach nicht ganz der Wahrheit; es traf beispielsweise nicht für die Rede des jungen David Lantano zu, die er hier und jetzt gehört hatte. Sie bot den wesentlichen Schein – verstärkte sogar –, wie Adams zähneknirschend zugeben mußte – den Schein der Wirklichkeit Talbot Yancys. Aber ...
    »Ihre Rede«, wandte er sich an Lantano, »ist nicht nur klug. Sie zeugt von wirklicher Weisheit. Wie eine von Ciceros Orationen.« Er war eitel genug, seine eigenen Arbeiten auf so würdevolle Quellen wie die Werke von Cicero und Seneca und Tom Paine zurückzuführen.
    Indem er die Seiten seines Entwurfs in die Tasche zurückstopfte, sagte David Lantano ernsthaft: »Ich freue mich über Ihr Urteil, Adams; besonders aus Ihrem Munde bedeutet es mir etwas.«
    »Warum gerade aus meinem?«
    »Weil«, entgegnete Lantano nachdenklich, »ich weiß, daß Sie sich, trotz Ihrer Grenzen ...« hier warf er Adams einen schnellen, wachsamen Blick zu, »aufrichtig bemüht haben. Ich glaube, Sie wissen schon, was ich meine. Es gibt Dinge, leichtfertige und schlimme Dinge, die Sie immer peinlich vermieden haben. Ich beobachte Sie schon seit einigen Jahren, und ich habe den Unterschied zwischen Ihnen und den meisten anderen gesehen. Brose kennt den Unterschied ebenfalls, und ungeachtet der Tatsache, daß er mehr von Ihren Reden streicht, als überträgt, hat er Achtung vor Ihnen. Er kann nicht anders.«
    »Nun ja«, sagte Adams.
    »Hat Sie die Tatsache, daß Ihre besten Arbeiten in Genf gestrichen worden sind, beängstigt, Adams? Nachdem Sie es so weit gebracht hatten? Finden Sie es bloß enttäuschend, oder ...« David Lantano blickte ihn forschend an. »Ja, es macht Ihnen Angst.«
    Adams schwieg eine Weile, dann sagte er: »Manchmal habe ich Angst. Aber des Nachts, wenn ich nicht hier in der Agentur, sondern allein mit meinen Bleiernen in meiner Villa bin. Nicht, wenn ich schreibe, das Geschriebene in den Vac programmiere oder dem Sim zuschaue. Nicht hier, wo ...« er machte eine ausholende Handbewegung, »alles um mich herum geschäftig ist. Aber – immer, wenn ich allein bin.« Er verstummte und fragte sich, wie es möglich war, daß er diesem fremden jungen Mann sein tiefstes Inneres anvertraute. Gewöhnlich achtete jeder sorgfältig darauf, wieviel er anderen Yance-Leuten von sich enthüllte. Jede persönliche Information konnte gegen den Informanten verwendet werden, in dem unaufhörlichen Streben, der Verfasser von Yancys Reden, ja, Yancy selbst zu sein.
    »Hier in New York, in der Agentur«, sagte Dave Lantano ernst, »mögen wir miteinander Wettstreiten, aber im Grunde bilden wir eine Gruppe. Eine Bruderschaft. Die Christen nannten es Kongregation ... eine vielsagende, außergewöhnliche Bezeichnung. Aber dann, um sechs Uhr abends, verschwindet jeder von uns in seinem Flügler. Überfliegt eine verlassene Landschaft und kehrt zu einem Schloß zurück, das von Metallgebilden bewohnt ist, die zwar herumlaufen und reden, die aber –« er machte eine hilflose Handbewegung, »kalt sind, Adams; die Bleiernen, selbst die hochentwickelten Typen, die dem Rat vorstehen, sie sind kalt. Versammeln Sie ein paar von Ihren Gefolgsleuten, alle Bleiernen aus Ihrer Dienerschaft, die sie in ihrem Flügler unterbringen können, und machen Sie Besuche. Jeden Abend.«
    »Ich weiß, daß die schlauen Yance-Leute das tun«, entgegnete Adams. »Sie sind nie zu Hause. Ich habe es versucht; bin in meiner Domäne angekommen, habe zu Abend gegessen und bin dann ausgegangen.« Er dachte an Colleen und an seinen Nachbarn Lane, als er noch gelebt hatte. »Ich habe ein Mädchen«, fuhr er hastig fort. »Ein Yance-Mann, das heißt, man müßte wahrscheinlich Yance-Frau sagen; wir besuchen uns gegenseitig und reden miteinander. Aber das große Fenster in der Bibliothek meiner Domäne ...«
    »Sehen Sie

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