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Zehn Jahre nach dem Blitz

Zehn Jahre nach dem Blitz

Titel: Zehn Jahre nach dem Blitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pjhilip K. Dick
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weitem zu früh gewesen, und David Lantano litt körperliche Qualen.
    Mit philosophischem Gleichmut sagte Lantano: »Immerhin lebe ich.«
    »Aber sehen Sie sich nur an. Wie steht es um Ihr Knochenmark?«
    »Untersuchungen haben gezeigt, daß die Beeinträchtigung der Produktion roter Blutkörperchen nicht allzu gravierend ist. Ich hege die Erwartung, daß ich mich wieder erhole. Und die Stelle kühlt mit jedem Tag mehr ab. Ich habe das Schlimmste bereits hinter mir.« Mit schiefem Grinsen fügte er hinzu: »Sie sollten mich besuchen kommen, Adams; meine Bleiernen arbeiten Tag und Nacht; die Villa selbst ist fast fertig.«
    Adams entgegnete: »Nichts in der Welt würde mich an diesen Ort bringen. Ihre Rede beweist, wozu Sie fähig sind; warum setzen Sie ihre Gesundheit, ja, Ihr Leben aufs Spiel? Sie könnten hier in New York bleiben, eine Wohnung in einer der Wohnanlagen der Agentur beziehen, bis ...«
    »Bis«, unterbrach ihn Lantano, »der heiße Fleck in Cheyenne in zehn, fünfzehn Jahren genügend abgekühlt ist ... und dann schnappt ihn mir einer vor der Nase weg.« Meine einzige Hoffnung, sagte er mit anderen Worten, bestand darin, die Stelle mit voller Absicht zu früh zu betreten. Wie es andere Yance-Männer, die sich in genau der gleichen Lage befanden, vor mir versucht haben. Und – wie oft hatten diese vorzeitigen Untersuchungen, dieses hastige, furchtsame Eindringen in heiße Gebiete schon den Tod eines Menschen bedeutet. Keinen gnädigen, raschen Tod, sondern grausam langsames Dahinsiechen über Jahre hinweg.
    Während er den dunklen – in Wahrheit schwer verbrannten – jungen Mann betrachtete, ging Adams der Gedanke durch den Kopf, wieviel Glück er selbst doch gehabt hatte. Er war schon lange niedergelassen, seine Villa schon lange fertig, seine Besitztümer waren bepflanzt und über und über grün. Und er hatte den heißen Fleck an der Westküste, südlich von San Francisco zu einem ungefährlichen Zeitpunkt betreten; er hatte sich auf Berichte von Footes Leuten gestützt, für die er eine beträchtliche Summe bezahlt hatte, aber es hatte sich immerhin gelohnt. Im Gegensatz zu dem, was er hier sah.
    Lantano würde seine schöne Villa bekommen, sein aus Schutt, dem Schutt, der einstmals die Stadt Cheyenne war, errichtetes, riesiges Bauwerk. Aber Lantano würde dann bereits tot sein.
    Und das öffnete, den Gesetzen des Rekonstruktionsrates zufolge, das Gebiet wieder dem Zugriff der anderen; ein Ansturm gieriger Yance-Leute, die versuchten, an sich zu reißen, was Lantano zurückgelassen hatte, wäre die Folge. Eine letzte, und in Adams Augen erschütternde, Ironie des Schicksals: die Villa des jungen Mannes, die er um einen so hohen Preis – auf Kosten seines Lebens nämlich – erbaut hatte, würde einem Menschen in die Hände fallen, der sich nicht die Mühe machen mußte, zu bauen und Tag für Tag eine Mannschaft von Bleiernen zu beaufsichtigen ...
    »Ich nehme an«, sagte Adams, »daß Sie Cheyenne den Rücken kehren, so oft es Ihnen, dem Gesetz nach, möglich ist.« Einer Verordnung des Rekonstruktionsrates zufolge mußten zwölf von vierundzwanzig Stunden eines jeden Tages auf dem Gebiet der neuen Domäne verbracht werden.
    »Ich komme zum Arbeiten hierher. So wie jetzt.« Lantano kehrte zur Tastatur von Megavac 6-v zurück. Adams folgte ihm. »Wie Sie vorhin sagten, Adams, ich habe eine Aufgabe zu erfüllen. Und ich rechne fest damit, daß ich am Leben bleibe, um sie zu erfüllen.« Lantano nahm an der Tastatur Platz und warf einen Blick auf seinen Redeentwurf.
    »Nun, wenigstens hat Ihr Verstand nicht gelitten«, sagte Adams.
    Lantano lächelte. »Danke.«
    Eine Stunde lang verharrte Adams an Lantanos Seite, der dem Megavac 6-v seine Rede eingab, und als er alles gelesen und dann, nachdem es vom Vac auf den Sim übertragen worden war, gehört hatte, von der würdevollen, grauhaarigen väterlichen Gestalt des Talbot Yancys selbst gesprochen, überkam ihn mit überwältigender Heftigkeit die Erkenntnis der Unzulänglichkeit seiner eigenen Rede. Welch ein Gegensatz.
    Was in seiner Mappe steckte, war das Geschreibsel eines Anfängers. Er hätte sich am liebsten davongeschlichen. In die Vergessenheit.
    Woher bezog ein kaum erwachsener, strahlenverbrannter, noch nicht anerkannter Yance-Mann derartige Einfälle? Diese Frage stellte sich Adams. Und die Fähigkeit, sie auszudrücken? Und – das präzise Wissen, wie das Ergebnis der Verarbeitung des Textes durch den Vac aussehen würde ... wie es

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