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Zehn Jahre nach dem Blitz

Zehn Jahre nach dem Blitz

Titel: Zehn Jahre nach dem Blitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pjhilip K. Dick
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uns zu Grafen in gräflichen Schlössern gemacht, und ihr seid die Nibelungen, die Zwerge in den Stollen; ihr müht euch für uns. Und wir geben euch dafür – Textmaterial. Nein, das hatte die Rede nicht verkündet – wie hätte sie das gekonnt? Aber sie hatte die Wahrheit eingestanden, die Wahrheit, daß die Tanker ein Recht hatten auf etwas, das sie nicht besaßen; sie waren bestohlen worden, und sie hatten in all den Jahren keine moralische oder gesetzliche Wiedergutmachung erhalten.
    »Liebe amerikanische Mitbürger«, hatte der Talbot-Yancy-Simulator würdevoll mit seiner festen, ruhigen, soldatisch-väterlichen Führerstimme gesagt (Adams würde diesen Augenblick der Rede niemals vergessen), »Im Urchristentum gibt es, wie ihr vielleicht wißt, die Vorstellung, daß das Leben auf der Erde, in eurem Fall unter der Erde, ein Übergangsstadium ist. Ein Zwischenspiel zwischen einem Leben vorher und einem andersgearteten ewigen Leben. Einst wurde ein heidnischer König auf den Britischen Inseln zum Christentum bekehrt durch dieses Bild des Lebens, das wie der Flug eines Nachtvogels ist, der durch das Fenster eines warmen, erleuchteten Speisesaales in einem Schloß hereingeflogen ist und einen Augenblick lang verharrt über dem Schauplatz von Bewegung und Unterhaltung, von greifbarem Leben und der Tröstlichkeit, sich an einem Ort aufzuhalten, der von anderen Lebewesen bewohnt ist. Und dann ist der Vogel auf seinem Flug durch ein zweites Fenster aus der erleuchteten Halle, aus dem Schloß wieder verschwunden. Hinausgeflogen in die leere, schwarze, unendliche Nacht. Und er wird diese hell erleuchtete, warme Halle, die Stimmen, die Bewegung und die Lebendigkeit darin, niemals wiedersehen. Und«, und hier hatte Yancy, dessen Worte so viele menschliche Wesen in so vielen Tanks überall in der Welt erreichten, in all seiner Feierlichkeit und Würde gesagt, »ihr, meine amerikanischen Mitbürger, in euren unterirdischen Bunkern, ihr habt nicht einmal diesen Augenblick, an den ihr euch klammern könntet. Ihr habt nicht einmal die Erinnerung an oder die Freude über diesen kurzen Flug durch die erleuchtete Halle. So kurz er auch sein mag, ihr habt ein Recht darauf, und dennoch seid ihr, eines furchtbaren Wahnsinns wegen, einer Höllennacht vor fünfzehn Jahren, verdammt: ihr bezahlt mit jedem Tag eures Lebens für den Irrsinn, der euch von der Erdoberfläche vertrieb, wie die Peitschen der Rachegöttinnen unsere Urahnen vor Jahrtausenden aus dem Paradies vertrieben. Und das ist nicht recht. Eines Tages, das schwöre ich euch, wird euer Leiden ein Ende haben. Die Einengung eurer Wirklichkeit, die Entbehrung eures rechtmäßigen Lebens – mit der Plötzlichkeit, von der man sagt, daß sie den ersten Ton der Posaunen des Letzten Gerichts begleitet, wird dieses furchtbare Elend, diese Ungerechtigkeit beseitigt werden. Wenn das geschieht, wird es nicht allmählich kommen. Es wird euch alle heraufschleudern, euch, selbst wenn ihr euch widersetzt, auf euer Land zurücktreiben, das oben auf euch, auf eure Besitzergreifung wartet. Liebe amerikanische Mitbürger, euer Besitz ist abgesteckt, und wir wachen für euch darüber; wir sind nur zum gegenwärtigen Zeitpunkt die schützenden Verwalter. Aber alles hier oben wird verschwinden, und ihr werdet zurückkehren. Und selbst die Erinnerung, der Gedanke an uns, die wir jetzt hier oben sind, wird für immer ausgelöscht sein.« Und dann hatte der Yancy-Simulator geendet: »Und ihr werdet nicht in der Lage sein, uns zu verfluchen, da ihr euch nicht einmal mehr unserer Existenz erinnert.«
    Gott, dachte Adams. Und dieser Mensch will meine Rede sehen.
    David Lantano, der seine Abwehr erkannte, sagte ruhig: »Aber ich habe Sie beobachtet, Adams. Sie genießen einiges Vertrauen bei mir.«
    »Ich weiß nicht«, entgegnete Adams. »Wissen Sie, alles, was ich je versucht habe, und es war richtig, aber nicht genug – ich habe versucht, ihre Zweifel zu beschwichtigen. In bezug auf die Notwendigkeit ihrer Lage. Aber Sie – mein Gott, Sie haben es nicht nur einfach eine Notwendigkeit genannt, daß sie dort unten zu leben gezwungen sind, sondern einen ungerechten, vorübergehenden, furchtbaren Fluch. Es besteht ein großer Unterschied darin, ob ich den Sim benutze, um sie davon zu überzeugen, daß sie unten bleiben müssen, weil es hier oben, mit all den Bakterien, der Radioaktivität und dem Tod, noch schlimmer ist, oder ob Sie ihnen ein ernsthaftes Versprechen geben – Sie haben eine

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