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Zehn zärtliche Kratzbürsten

Zehn zärtliche Kratzbürsten

Titel: Zehn zärtliche Kratzbürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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sehr anstrengend für sie gewesen.
    Eila wohnte in der Pajalahdentie in Lauttasaari, in einem ziemlich neuen Haus, das am Rande eines Parks stand. Sorjonen wartete in seinem Wagen, während der Industrierat im Eingang verschwand, im Arm einen prächtigen Blumenstrauß und eine Flasche Champagner und in den Taschen des Fracks je eine Dose mit Kaviar und Gänsel e ber.
    Die Pressereferentin bewohnte eine hübsche Zweizimmerwo h nung im dritten Stock. Es war Rauno ein wenig peinlich, eine Mita r beiterin zu Hause aufzusuchen, aber er hatte ja ein Anliegen. Eila wirkte überhaupt nicht müde, als sie ihm die Tür öffnete. Sie bat ihn, Platz zu nehmen, öffnete die Flasche und stellte Baguette und Ra u nos mitgebrachte Delikatessen auf den Couchtisch. Sie aßen ein wenig.
    Rauno betrachtete seine Angestellte. Eine repräsentative Ersche i nung, energisches Wesen, eigentlich ein recht schöner Mensch. Soweit er sich erinnerte, war sie etwa fünfundvierzig und arbeitete bereits seit vielen Jahren im Rämekorpi-Konzern.
    Eila stellte die Blumen in eine Vase. Sie sagte, dass es sehr nett von Herrn Direktor Rämekorpi sei, ihr Blumen zu bringen. Wer hatte ihm diesen Strauß noch gleich geschickt?
    Rauno mutmaßte, dass es Ollila aus Nokia gewesen war.
    Eila: Womöglich doch der Oberbürgermeister? Ich erinnere mich, dass ich diese Blüten zusammen mit seiner Sekretärin ausgewählt habe, sie sind wirklich herrlich. Willkommen, und noch einmal Glückwunsch zum Ehrentitel.
    Sie prosteten sich zu, die Stimmung war gemütlich. Sie blätterten in dem Buch Vom Mann der Wälder zum Weltmann, das Eila herau s gegeben hatte.
    Eila: Ich habe ja dieses Opus zusammengeschrieben, und ich muss wirklich sagen, dass du ein ziemlich ausgebuffter Kerl bist …, ohne akademischen Abschluss ist es dir gelungen, in diese Position aufzusteigen. Der Weg von den Holzplätzen in Sodankylä bis hierher zu deiner Fabrik muss sehr hart gewesen sein. Nun, du bist immerhin Ingenieur, aber das zählt nicht wirklich.
    Eila las aus den Anfangskapiteln des Buches von Raunos Jugen d jahren vor. Er war während der Kriegsjahre in Riipinen, Gemeinde Sodankylä, aufgewachsen, und als die Deutschen Lappland niede r gebrannt hatten, hatte er am Ufer des Riipijärvi-Sees zusammen mit seinem Vater ein neues Haus gebaut, er hatte als Holzfäller gearbe i tet, hatte in den Sümpfen Gräben gezogen, hatte Timotei angebaut …, die typischen Arbeiten eines Burschen vom Lande. Die ersten Geschäfte hatte er bald nach seiner Entlassung aus der Armee g e macht, Ende der Fünfzigerjahre, damals hatte er gewerbsmäßigen Holzeinschlag betrieben. Noch bevor er zwanzig geworden war, hatte er die ersten Blockhäuser gebaut. Diese waren anfangs nach Schweden verkauft worden, später auch nach Deutschland und sogar nach Japan. In Sodankylä hatte er ein Sägewerk betrieben. Zu dieser Zeit hatte er auch geheiratet. Das Ergebnis waren zwei Söhne und einige Jahre später die Ehescheidung gewesen.
    Eila las einen Auszug aus dem Text vor: »Der junge und impuls i ve Rauno Rämekorpi stellte sich, ohne zu zögern, neuen Herausfo r derungen. Er wagte es, Risiken einzugehen, arbeitete, ohne sich zu schonen, und hatte stets neue Pläne, die er zielstrebig verwirklichte, ohne sich durch Rückschläge irritieren zu lassen. Er besaß jene ausgeprägte finnische Courage, die, gepaart mit dem entsprechenden Weitblick, im Allgemeinen zum Erfolg führte. All das muss einem Mann, der keine akademische Ausbildung besitzt, ganz besonders hoch angerechnet werden. Rauno Rämekorpi lernte Fremdsprachen und die Unterrichtsfächer der damaligen Mittelstufe im Fernstudium an einem Kurs der Volksbildungsgesellschaft.«
    In Rauno erwachten die Erinnerungen an seine Jugendjahre im Norden. Seine Miene verhärtete sich.
    Rauno: Von jeher war ich sauer auf all die Dummköpfe , die zuerst in Ruhe das Abitur machen und dann an der Hochschule oder Un i versität bis zum Magistertitel studieren konnten. Herrgott noch mal, manche haben es wirklich leicht im Leben! Auch bei uns in Riipinen liefen jeden Sommer all die Angeber mit ihren Studentenmützen rum. Am meisten hat es mich angekotzt, als der Sohn des Apothekers auf die Heuwiese gestiefelt kam, um angeblich dem einfachen Volk bei der Landarbeit zu helfen. Ich war so wütend, dass ich dem Kerl die Fresse poliert habe. Zu jener Zeit schlugen die dämlichsten Mitglieder des Volkes die akademische Laufbahn ein, damals reichte es, wenn der Vater das nötige Geld

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