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Zehntausend Augen

Zehntausend Augen

Titel: Zehntausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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kleine Bombe, um Leute anzulocken, und dann eine große Bombe, um viele Schaulustige und Helfer zu töten. So agierten Terroristen, die möglichst großen Schaden anrichten wollten.
    »Weg hier!«, schrie Ellen die Leute an, die neugierig näher kamen, nachdem sie den ersten Schrecken überwunden hatten. »Verschwinden Sie! Das hier kann noch eine Bombe sein.«
    Einige drehten zögerlich um. Andere sahen sie verständnislos an. Sie nahmen Ellen offensichtlich nicht für voll.
    Ein Mann baute sich vor ihr auf. Er war mehr als einen Kopf größer als sie. »Mädchen, hier ist 'ne alte Litfaßsäule umgekippt, und du bist wohl auf den Kopf gefallen. Jetzt spiel dich nicht so auf.«
    Ellen hielt die Luft an. Ein intensiver Drang, es dem Typen zu zeigen, stieg in ihr hoch, aber sie beherrschte sich.
    »Scheiße!«, stieß sie aus und lief die paar Schritte zu ihrem Rucksack, der neben dem Rad auf dem Boden lag. Einen Moment später war sie zurück, ihren Dienstausweis in der einen Hand, in der anderen ihre Dienstwaffe. Sie hielt beides hoch. »Ich bin von der Polizei. Und jetzt gehen Sie weiter! So schnell wie möglich.«
    Langsam kam Bewegung in die Schaulustigen. Nicht alle nahmen die Gefahr ernst. Der Stau der Autos wurde länger. Wenn in dem Paket tatsächlich eine Bombe war, standen die vordersten Autos zu nah an ihr dran.
    Noch während Ellen die Leute zurückdrängte, telefonierte sie mit der Zentrale. »Ich brauche dreißig Leute der Bereitschaftspolizei in der Kettwiger Straße, Einmündung Schillerstraße. Die Straße muss abgeriegelt und die umliegenden Häuser geräumt werden. Dann brauche ich unsere Bombenentschärfer und ein Team der KTU. Alles so schnell wie möglich. Wir haben eine besondere Gefahrenlage.«
    Innerlich zählte sie die Sekunden, während sie sich bemühte, die Leute von dem Paket wegzutreiben. Endlich hörte sie Martinshörner in der Ferne.
    Zuerst traf die Bereitschaftspolizei ein. Die meisten Polizisten kannten Ellen gut, allerdings nicht in zerrissenem T-Shirt und kurzer Radlerhose. Ihre blonden Haare, die sonst straff zusammengesteckt waren, hingen wirr herab. Der Staub von der Straße und den Trümmern bildete mit dem Schweiß vom Radfahren eine schmutzige Schicht auf ihrer Haut. An einigen Stellen am Bein blutete sie. Ellen bot ein nicht alltägliches Bild, doch sie agierte, als wäre sie gerade aus der Dienststelle gekommen, und ergriff sofort das Kommando.
    »Sie sollten sich von einem Arzt versorgen lassen. Wir machen das hier schon.« Der Zugführer meinte es eigentlich gut, aber bei Ellen stieß er auf Granit.
    »Das hier ist eindeutig eine besondere Gefahrenlage, richtig?« Sie sah ihn scharf an.
    »Richtig.«
    »Also genau mein Zuständigkeitsbereich.«
    »Aber Sie sind verletzt und noch gar nicht im Dienst.«
    »Belanglose Kleinigkeiten. Beim SEK gibt es keine Weicheier. Und meinen Dienstbeginn ziehe ich hiermit vor. Irgendwelche Einwände?«
    Ihr Ton vertrieb wohl jegliche fürsorglichen Gefühle des Zugführers.
    »Das müssen Sie selbst entscheiden.« Er wandte sich ab, um seine Leute einzuteilen.
    Als Nächstes kam ein Wagen der KTU, die für das Sichern der Spuren zuständig waren. Sonst fuhren sie immer nah an den Tatort, aber heute blieben sie in sicherer Entfernung stehen. Ellen ging zu ihnen hin. Zu ihrer großen Erleichterung stieg Sina Ahuus von der Spurensicherung aus dem Wagen.
    »Wie schön, dass du gekommen bist. Ich wusste nicht, ob du Dienst hast.«
    Sina war die Einzige, zu der Ellen im LKA eine persönliche Beziehung pflegte. Und das, obwohl Sina so ganz anders war als sie. Sina war auch klein, aber stämmig mit knallrot gefärbten Stoppelhaaren. Vor allem wusste Sina, was es hieß, sich in einer Männerwelt durchzubeißen. Sie galt bei vielen Kollegen der Kriminaltechnik als Kapazität im Finden und Auswerten von Spuren.
    »Ich bin gerade im LKA angekommen. Bin nur von einem Auto ins nächste gestiegen. Aber sag mal: Wie siehst du denn aus?« Sina musterte Ellen von oben bis unten.
    »Das ist nur Dreck. Ich bin gestürzt, als die Bombe vor mir explodiert ist.«
    »Du hast Glück gehabt. Und du bist sicher, dass es wirklich eine Bombe war?«
    Sina durfte diese Zweifel äußern, ohne dass Ellen empfindlich reagierte. »Eindeutig.«
    »Galt der Anschlag dir?«
    »Weiß ich nicht. Auf jeden Fall galt er der Polizei. Vom Dach der Säule ist ein Paket mit der Aufschrift ›Für die Polizei‹ heruntergefallen.« Ellen zeigte aus der Entfernung darauf.
    »Eine

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