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Zehntausend Augen

Zehntausend Augen

Titel: Zehntausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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dir nichts draus. Du bist auch nur ein Mensch. Und bei dieser speziellen Art der Paketzustellung will wohl jeder wissen, was drin ist.«
    Ellen zuckte mit den Schultern.
    »Da drüben stehen übrigens noch ein paar, die neugierig sind.« Sina nickte zu einer Stelle der Absperrung hinüber, hinter der sich Presseleute drängelten.
    »Ich hatte gehofft, dass die so früh noch nicht unterwegs sind.« Ellen hasste die Presse. In ihren Augen behinderten sie nur die Ermittlungen. Außerdem konnte sie es nicht leiden, von allen Seiten mit Fragen bombardiert zu werden. Wann immer es ging, lud sie diesen Job beim Pressesprecher des LKA ab. Leider ging das nicht immer.
    Da kam auch schon dieser Eberle herangestürmt. Er war der Schlimmste von allen. Aufdringlich ohne Ende und ärgerlicherweise immer vor Ort, selbst wenn kein anderer Reporter da war. Er musste jemanden im LKA haben, der ihn bei interessanten Fällen informierte.
    »Frau Faber, eine Stellungnahme bitte«, rief Eberle, obwohl er Ellen noch gar nicht erreicht hatte. Das Mikrofon mit dem leuchtend gelben Ball streckte er schon in ihre Richtung. Sein Kameramann konnte mit dem Gerät kaum folgen. Das Hemd hing ihm aus der Hose, und er war genauso ungekämmt wie Eberle.
    Immerhin hatte die Nachricht von der Bombe sie im Bett erwischt. »Kein Kommentar«, sagte sie.
    »Es hat einen Anschlag auf Sie gegeben. Sind Sie verletzt?«
    »Kein Kommentar.«
    Diese Worte schien Eberle niemals zu hören. »Der Attentäter hat ein Paket für die Polizei hinterlassen. Wissen Sie schon, was darin ist?«, fragte er weiter.
    »Kein Kommentar.«
    Eberle schaltete das Mikrofon aus. »Wenn Sie uns nichts sagen, ist das gefährlich, Frau Kommissarin. Dann muss ich phantasieren – und Sie ahnen gar nicht, wie viel Phantasie ich habe.« Er schaltete das Mikrofon wieder ein.
    Ellen sah ihn böse an. »Ich kann Sie nicht hindern, irgendetwas zu schreiben. Wir wissen jedenfalls nichts. Sie haben ja selbst zugesehen, wie das Paket ungeöffnet geborgen wurde. Und jetzt behindern Sie die Ermittlungen nicht weiter.«
    Eberle wandte sich zur Kamera, und wie dahingezaubert lag ein freundliches Lächeln auf seinem Gesicht. »Das war Hauptkommissarin Ellen Faber, Leiterin des LKA 632, das für besondere Gefahrensituationen zuständig ist. Wie Sie selbst sehen konnten, ist Frau Faber noch sehr mitgenommen von dem Anschlag, dem sie nur knapp entronnen ist …«

2
     
    Vor dem LKA standen schon wieder Reporter. Sie waren zu spät dran, um am eigentlichen Tatort erwähnenswerte Informationen zu erbeuten. Die erhofften sie sich jetzt hier.
    Ohne groß Rücksicht zu nehmen und mit einem erneuten »Kein Kommentar«, ließ Ellen die Reporter einfach stehen. Sie sehnte sich danach, sich den Dreck und die Reste vom Blut abzuwaschen.
    Doch der Mann von der Pforte wartete schon auf sie. »Frau Faber, Sie sollen sofort zu Direktor Brahe kommen.«
    Kurt Brahe war Direktor des LKA und ihr unmittelbarer Vorgesetzter. Klar, dass er mit ihr sprechen wollte. »Sagen Sie Brahe, dass ich in zehn Minuten bei ihm bin.«
    Das würde ihm zwar nicht passen, aber das nahm Ellen in Kauf. Zu groß war die Gefahr, dass er das Kommando Stefan Daudert, ihrem Stellvertreter, gab, wenn sie so vor Brahe trat, wie sie gerade aussah. Und das durfte auf gar keinen Fall geschehen.
    Im Laufschritt stürmte Ellen durch die langen Flure. Zu blöd, dass die Duschen und Umkleideräume am anderen Ende lagen. In der Umkleide angekommen, riss Ellen sich Radlerhose und T-Shirt vom Leib und stopfte beides kurz entschlossen in den nächsten Mülleimer. In Windeseile duschte sie sich. Dabei rupfte sie die meisten Pflaster wieder ab, die ihr der Notarzt verpasst hatte. Weil sie jeden Tag mit dem Fahrrad zum Dienst fuhr, hatte sie Wechselkleidung greifbar in ihrem Spind. Kurz abrubbeln, anziehen und wieder Laufschritt. Insgesamt brauchte sie zwölf Minuten, aber das war unerheblich. Wichtig war, dass die langen Hosenbeine und Ärmel alle Spuren des Unfalls verdeckten. Der Helm hatte auch ihr Gesicht vor Schaden bewahrt. Sie sah aus wie immer. Jetzt ging es wieder im Laufschritt ins Büro ihres Chefs. Als Erstes erstattete sie Brahe einen Bericht über die Ereignisse. Er hörte zu, ohne sie zu unterbrechen. Auch als sie geendet hatte, schwieg er noch eine Weile.
    »Das Ganze ist äußerst seltsam«, sagte er schließlich. »Warum sprengt jemand eine Litfaßsäule in die Luft, um der Polizei ein Paket zu übermitteln?«
    »Daran rätseln wir alle. Wenn

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