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Zehntausend Augen

Zehntausend Augen

Titel: Zehntausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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leise.
    Durch den schmalen Schlitz am Mund sah Ellen, wie der Erpresser lächelte. »Ich war mir sehr sicher, dass du das letzte Level nicht zu Ende spielen würdest. Du tust alles, um Menschenleben zu retten. Ich weiß aber auch, wo deine Grenze ist. Wenn es nicht mehr um Menschenleben geht, lässt du dich von nichts und niemandem zu etwas zwingen. Umso größer war die Herausforderung für mich, ob ich dich dazu bringen kann, dass du das tun willst , wozu dich niemand zwingen könnte.«
    »Das hast du geschafft. Und was kommt jetzt? Willst du mich umbringen? Über mich herfallen?«
    Der Mann lachte unter der Maske auf. »Was denkst du von mir? Ich heiße nicht Pablo. Ich bin kein Gewalttäter. Ich werde mich nicht an einer wehrlosen Frau vergehen.«
    »Kein Gewalttäter. Dass ich nicht lache. Du hast Hunderte von Menschen bedroht, Frauen und hilflose Kinder.«
    »Niemand ist ernsthaft zu Schaden gekommen.«
    »Weil ich immer auf deine Forderungen eingegangen bin.«
    »Es wäre auch sonst niemandem etwas passiert.«
    Ellen starrte den Erpresser an. »Was soll das heißen?«
    Der Mann fuhr mit seinem Handschuh von ihrem Bein wieder hoch zu ihrem Arm. »Es wäre niemandem etwas passiert. Ich hatte nie vor, jemandem zu schaden – außer der Polizei.«
    »Und was hättest du gemacht, wenn ich nicht auf deine Forderungen eingegangen wäre?«
    »Dann hätte ich mein Spiel als verloren betrachtet und aufgehört.« Er griff zu der Flasche Wein, öffnete sie und goss seelenruhig Wein in die Gläser.
    »Es war … Es war alles umsonst, was ich gemacht habe?« Hätte sie nicht auf dem Bett gelegen, wäre Ellen schwindelig geworden. Sie hatte umsonst gekämpft. Sie hatte sich umsonst vor aller Welt bloßgestellt. Und dabei hätte sie die ganze Zeit nur aus dem Spiel aussteigen müssen?
    »So darfst du das nicht sehen. Du hast hervorragend gekämpft. Genau so, wie ich es mir vorgestellt habe.«
    »Ich habe mich wegen dir vor aller Welt zum Idioten gemacht.«
    Der Erpresser stellte die Weinflasche neben die Gläser auf dem Nachttisch. »Das stimmt nicht.« Seine Stimme war leise. »In den Augen der Welt hast du unzähligen Menschen das Leben gerettet. Du bist eine Heldin. Ich habe dich dazu gemacht. Du bist jetzt berühmt.«
    »Das ist deine Phantasie, nicht meine. Ich wollte nie berühmt werden. Und nun kann ich mich in der Öffentlichkeit nicht mehr unerkannt bewegen. Wie soll ich da als Polizistin arbeiten?«
    »Warst du mit deinem Leben zufrieden? Ich habe meine Zweifel daran. Immer allein, mit einer Flasche Rotwein am Abend vor dem Computer.«
    »Mein Leben ist meine Sache. Das geht dich gar nichts an.«
    Der Erpresser grinste. »Ich hab's mir trotzdem angesehen.«
    Ellen konnte nicht anders. Sie verpasste dem Mann einen kräftigen Tritt in die Seite. Er stieß einen dumpfen Schmerzlaut aus und krümmte sich.
    »So fühlt es sich an, wenn im real life Schläge ausgetauscht werden«, sagte Ellen. »Ich hätte dir auch das Genick brechen können.«
    Der Mann japste unter der Maske nach Luft. »Ich weiß«, war gepresst seine Stimme zu hören. »Aber ich weiß auch, dass du das nicht tun würdest.«
    »Du glaubst wohl, du weißt alles über mich. Bist du vielleicht ein Hellseher?«
    Er stand auf und ging auf und ab, wobei er sich die Seite rieb. »Ich entwickle Computerspiele. Ein guter Game-Entwickler muss die möglichen Handlungen der Spieler voraussehen, sonst wird das Spiel Murks. Dazu gehört eine ganze Menge Psychologie.«
    »Und was sagt deine Psychologie, wie es jetzt weitergeht? Willst du mich bis ans Ende aller Tage hier festhalten?«
    »Wo denkst du hin? Zuerst werden wir Wein trinken, dann werde ich dir den Schlüssel für die Handschellen geben und gehen.«
    »Warum schließt du nicht zuerst die Handschellen auf?«
    Der Mann nahm die beiden Weingläser vom Nachttisch und setzte sich wieder neben Ellen, dieses Mal weiter oben, fast in Höhe ihrer Brust. »Du solltest intelligentere Fragen stellen.«
    »Wenn ich mich weigere, würdest du sicher einen Weg finden, mich zum Trinken zu erpressen?«
    »Sicher.«
    Ellen wollte sich gar nicht mehr weigern. Sie hatte Durst. Es war heiß in dem Schlafzimmer. »Also gut. Gib mir Wein.« Ellen drehte sich wieder auf den Rücken.
    »Sehr schön.« Der Erpresser hob ein Glas. »Auf meinen Sieg – und unser weiteres Leben.« Vorsichtig brachte er ein Glas an Ellens Mund, sodass sie daraus nippen konnte.
    Ellen hatte damit zu kämpfen, sich nicht zu verschlucken. Im Liegen Wein

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