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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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glatzköpfigen Fanatiker da drüben. Der Rest kam vom Nembutal.
    «Ich brauche Ihre Entschuldigungen nicht, Detective. Im Gegensatz zu Lucas Littlefish und Jonny Doe.»
    Truro sträubte sich ein bisschen. «Deswegen bin ich ja hier!»
    Die Wahrheit wollte aus ihr herausplatzen. Sie wollte Truro ins Gesicht sagen, dass Jonny Doe auch einen richtigen Namen hatte, dass er Vasily Chuchin hieß, dass er geliebt worden war und dass seine Mutter Lena in diesem Zimmer stand, direkt hier neben ihm, und dass Lena und Vasily Gerechtigkeit verdient hatten, genau wie Lucas und TaniaLee Littlefish Gerechtigkeit verdienten. Sie spürte den sanft massierenden Druck von Dereks Hand auf ihrer Schulter und besann sich. Im Augenblick brauchten sie Detective Truro auf ihrer Seite. Wenn jemand die Wahrheit über Vasily erzählte, dann konnte das nur Lena selbst sein. Edie setzte sich aufs Bett und warf Derek einen dankbaren Blick zu. Er zwinkerte zurück.
    «Wir sind zu dem alten Haus gefahren, wo ich Lena und Olga damals kennenlernte, aber da war niemand, also sind wir schließlich zu Aileen Logan nach Hause gefahren. Wir dachten, du hättest vielleicht Kontakt zu ihr aufgenommen. Aber es war niemand da, auch kein Auto in der Einfahrt», erzählte Derek.
    «Weil … weil sie uns sucht.» Plötzlich wurde Edie wieder schlecht. «Wäre es möglich …?» Sie warf den Männern einen prüfenden Blick zu und sah, dass sie beide bewaffnet waren.
    Derek schüttelte den Kopf. «Aileen Logan hat keine Ahnung von diesem Apartment. Wir haben Olga auch nur gefunden, weil Bob wusste, wen er fragen muss.» Edie registrierte das vertrauliche «Bob». Also, dachte sie, waren Derek und Bob jetzt ein Team. «Wir haben gerade überlegt, was wir tun sollen, als ihr plötzlich aufgetaucht seid.»
    Lena und Olga hatten währenddessen über das Kind gebeugt dagestanden und sich eindringlich auf Russisch unterhalten. Jetzt kam Lena zu Edie und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Edie tätschelte ihren Arm.
    «Als ich angerufen habe, ich hatte Angst», sagte Lena. «Vor ein paar Tagen, eine Freundin von mir in Club hat gesagt, Frau war da und hat gefragt nach mir. Ich wollte jemand, der hilft.» Sie holte tief Luft und fing an zu zittern. «Du hast Leben auf Spiel gesetzt, Edie», sagte sie. «Und du hast mir vielleicht Leben gerettet.» Sie streichelte Edie übers Haar und lachte nervös. «Kleine Frau, aber hier gar nicht klein.» Sie legte sich die Hand aufs Herz.
    «Ich will Gerechtigkeit für Vasily Chuchin, Lena, genau wie du.»
    Olga sah ängstlich auf.
    «Wer ist Vasily Chuchin?», wollte Derek wissen.
    Edie sah Lena an. Die Frau schloss die Augen und holte tief Luft. Ein Schweißfilm lag auf ihrer Stirn, und die Sehnen an ihrem Hals zeichneten sich so deutlich ab wie Paketschnur.
    «Jonny Doe ist Vasily Chuchin. Er ist mein Sohn.»
    Edie stand wieder auf und ging zu Olgas Baby hinüber. Sie streckte die Hand aus und streichelte den flaumigen Kopf. Auf der rechten Schädelseite war, genau wie sie vermutet hatte, das Wort шаҳта eintätowiert. Olga machte ein panisches Gesicht. Lena legte ihr die Hand auf den Arm und sprach auf Russisch beruhigend auf sie ein.
    Edie seufzte. «Meins», sagte sie. «Das habe ich schon mal gesehen.»
    «Hast du bei Vasily gesehen?»
    «Ja, bei Vasily», sagte Edie und erzählte von den Fotos auf Truros Schreibtisch. «Und bei einem Baby in Homer. Ist Ihnen die Tätowierung eigentlich aufgefallen, Detective, als Sie den Tod von Vasily Chuchin untersucht haben?»
    Truro fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Nach einer Pause nickte er, rot vor Scham.
    «Ich habe gemutmaßt, das würde zu dem Finstergläubigenritual gehören, als Teil der Opferzeremonie.»
    «Sind Mutmaßungen eigentlich ein fester Bestandteil Ihrer Ermittlungsmethoden, Detective Truro?», fuhr Edie ihn an.
    Derek hob die Hand, und sie zog sich wieder zurück.
    An Lena gewandt, sagte er: «Als wir uns kennenlernten, sagten Sie, Sie kämen aus der Nähe von Moskau.»
    Lena schüttelte den Kopf. Sie fing wieder an zu zittern.
    «Bitte, Lena», sagte Edie. «Für Vasily.»
    Die junge Frau sah zu dem Baby hinüber und dann zu ihrer Freundin Olga. Dann setzte sie sich aufs Bett und erzählte ihre Geschichte. Zwei Männer hatten sie mit dem Versprechen, ihr Arbeit in einem Hotel in Anchorage zu besorgen, aus Bilibino eingeschleust, einer abgelegenen, heruntergekommenen alten Goldminenstadt in der autonomen Region Tschukotka. Die Reise ging über die dortige

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