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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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Ampel. An der gegenüberliegenden Straßenecke befand sich eine Tankstelle mit angeschlossener Werkstatt, und Toni setzte sie ab. Lena ging zum Telefon und führte ein kurzes Gespräch.
    Jetzt, wo die unmittelbare Gefahr vorüber war, gestattete Edie sich, die Nachwirkungen des Narkosemittels in vollem Ausmaß zuzulassen. Dann fuhr ein Taxi auf die Tankstelle, und ein Mann mit schiefem Mund drückte auf die Hupe. Lena ging zu dem Wagen, redete mit dem Fahrer und kam wieder zurück.
    «Sein Name ist Jeton. Ist Albaner. Für ihn bin ich Nina. Passt auf mich auf bei Arbeit. Ich habe gesagt, du bist Freundin und dein Name ist Sascha.»
    Sie stiegen ein. In dem Taxi herrschte ein durchdringender Geruch nach billigem Raumspray. Auf den Sitzen lagen gehäkelte Schonbezüge. Der Mann lächelte und nickte Edie freundlich zu. Nicht nur sein Mund war schief; seine Zähne sahen aus wie eine Geröllhalde.
    Sie fuhren in nordwestliche Richtung durch die Außenbezirke von Anchorage, vorbei an den hübschen Mittelklassehäusern im Schatten der Chugach-Berge. Dann wurde die Besiedelung langsam spärlicher, und die Häuser wurden immer kleiner, bis sie schließlich völlig heruntergekommenen Gewerbegebieten mit schäbigen Einkaufszentren und Drive-Ins mit markenlosem Fastfood wichen. Schließlich setzte Jeton sie auf dem Parkplatz eines Hauses ab, das nach einem Stripclub aussah.
    Sie gingen durch den Hintereingang hinein und durchquerten mehrere trüb beleuchtete, muffige Flure, bis sie zu einem Zimmer voller Frauen kamen, die sich an- und auszogen. Lena bat Edie, zu warten, und verschwand im Gedränge. Kurz darauf kam sie mit einem Autoschlüssel wieder, führte Edie wieder nach draußen und sperrte einen verbeulten Chevrolet in der hintersten Ecke des Parkplatzes auf. Sie stiegen ein, und Lena lenkte den Wagen zwischen schmutzig grauen Schneehaufen durch, hinaus auf die ärmlichen, unbeleuchteten Vorstadtstraßen. Nach einer Weile bogen sie auf den Parkplatz eines billigen Motels irgendwo in den nördlichen Randbezirken der Innenstadt ein. Über dem Eingang hing ein kaputtes Neonschild, auf dem das Wort
Bärenmotel
gerade noch zu entziffern war. Lena ging voraus, um das Gebäude herum, am Personalbereich vorbei, überquerte einen schäbigen Hinterhof und steuerte auf ein kleines, zweistöckiges Betongebäude zu. Eine Außentreppe führte zu dem oberen Zimmer. Die Läden waren geschlossen, aber es brannte Licht. Lena klopfte an die Tür und sagte etwas auf Russisch. Die Tür flog auf. Olga spähte heraus, warf kurz einen Blick nach links und rechts, schloss die Tür hinter sich und schlang die Arme um ihre Freundin.
    In dem Apartment saßen Derek Palliser und Bob Truro. Bei Dereks Anblick war Edie dermaßen erleichtert, dass ihr die Knie weich wurden. Derek machte einen Satz auf sie zu, packte sie an den Armen und zog sie an sich. Er hielt sie fest, bis sie spürte, dass sie zu nachgiebig wurde. Edie machte sich los.
    «Kiglatuk! Verschwinde noch ein einziges Mal, und ich bringe dich um.» Er bemerkte die neue Wunde an ihrem Kopf. «Wie ist das passiert?»
    Sie schob seine Hand weg. Die Wunde pochte, aber sie wollte im Augenblick nicht daran denken müssen.
    Sie sagte: «Wie kommst du denn hierher?»
    Derek deutete mit dem Kopf auf Truro. Truro nickte ihr leicht zu, aber Edie war nicht in der Stimmung, die Geste zu erwidern.
    Die Wände des Raumes, in dem sie sich befanden, waren aus wässrig angestrichenem Gipskarton, wirkten angefressen und hatten Flecken, wo Feuchtigkeit eingedrungen war. Ein niedrig hängender Plastikleuchtkörper warf trübes Licht auf alles, was auf dem durchgelegenen Bett darunter stattfinden mochte. Die Teppichfliesen waren braun, obwohl sie es sicher nicht immer gewesen waren. Auf dem Fußboden neben dem Bett lag ein Stapel Anziehsachen. Auf der anderen Seite schlief in einer Trageschale ein Baby.
    Während Edie den Männern erzählte, was passiert war, ging Lena zu der Trageschale und sprach gurrend mit dem Kind. Bob Truro hörte Edie zu, ließ sich auf einen Stuhl sinken und vergrub den Kopf in den Händen. Als Edies Geschichte zu Ende war, holte der Detective tief Luft.
    «Miss Kiglatuk, Edie, bitte glauben Sie mir, ich kann gar nicht sagen, wie leid es mir tut, wie sich diese ganze Sache entwickelt hat. Bis zu dem Zeitpunkt, als man mich von dem Fall abzog, hatte ich keine Ahnung, welche Ausmaße er besitzt.»
    Eine Woge von Gefühlen brandete in Edie auf. Das meiste davon war Wut, Wut auf den

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