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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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Moment ratlos, dann holte er tief Luft. Offenbar erinnerte er sich und bereute es, zugesagt zu haben.
    An der Tür erschienen ein gepflegter Herr um die sechzig mit dem verblassten Aussehen eines Filmstars und eine große, umwerfend hübsche Blondine um die dreißig.
    «Byron, tut mir echt leid.» Schofield warf seinem Freund einen entschuldigenden Blick zu. «Das hatte ich ganz vergessen.» Die Miene des Filmstars verfinsterte sich, als sei er Gedächtnislücken bei Untergebenen nicht gewöhnt.
    «Bin in zehn Minuten bei euch, ja?»
    Schofield sah den beiden nach, als sie hinausgingen; er war noch in ihrem Bannkreis und außerstande, etwas zu sagen, bis sie draußen waren.
    «Wenn Sie mit einem echten Visionär sprechen wollen, müssen Sie sich mit Byron Hallstrom unterhalten», sagte Schofield und zeigte auf die Tür. «Er besitzt schon einen großen Küstenstreifen bei Sitka und will auch hier expandieren. Sie sollten sich das da unten mal ansehen. Er hat die Deckschicht gerodet …»
    «Deckschicht?»
    «Die Bäume, den ganzen Waldmist. Er hat da Wellness-Oasen hingesetzt, Boutiquen, Ferienwohnungen, Golfplätze. Das Cabo San Lucas des Nordens. Großartig. Da sollten Sie mal hingehen.» Er warf einen Blick auf die Uhr. Dem alten Mann draußen vor Schofields Büro nach zu urteilen, gab es Menschen in Homer, für die Byron Hallstrom nicht ganz der Lokalmatador war, als den Tommy Schofield ihn hinstellte. Edie merkte sich den Namen und sagte nichts.
    «Was sagten Sie, woher Sie kommen?» Jetzt, da er nicht mehr von Hallstrom sprach, wirkte Schofield unruhig.
    «Nunavut.»
    Er blickte verständnislos drein, dann fasste er sich. «Schön, ich habe zehn Minuten für Sie.» Er führte sie in ein mit Papieren und Bauplänen vollgestopftes Büro. An den Wänden hingen Lachstrophäen und Bilder, auf denen Schofield die Größe seines Fangs demonstrierte, aber, das fiel Edie auf, sein krankes Bein war nie mit im Bild. Der Bauunternehmer setzte sich auf der anderen Seite seines Schreibtisches auf einen gepolsterten Kunstlederstuhl.
    «Also …»
    «Eigentlich interessiert mich Ihre Schiene mehr, das Landerschließungsvorhaben.»
    Er nickte, offenbar erleichtert, dass es um etwas ging, worin er der Fachmann war, und nicht Hallstrom. Während er drauflosplapperte, lehnte sie sich zurück, wartete auf eine Atempause und sagte dann:
    «Ich vermute, die schlechte Presse hat Ihren Plänen ziemlich geschadet?»
    Schofields Gesicht verfinsterte sich. Er sah wieder auf die Uhr, riss sich zusammen und setzte eine verwirrte Miene auf.
    «Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen.»
    «Der arme Junge, den man im Wald gefunden hat. War die Mutter nicht hier aus der Gegend? TaniaLee Littlefish heißt sie, glaube ich.»
    Schofields Gesicht erstarrte zu einer Maske. Sein Blick glitt zur Decke, und er rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. Schließlich schüttelte er den Kopf.
    «Nein, nein, ich habe die Sache nicht verfolgt. Der Name sagt mir nichts, leider.» Mit einem schmalen Lächeln wies er auf die Tür. «Ich nehme an, damit ist Ihre Frage beantwortet. Nun, Miss Inukpuk, ich stehe ein bisschen unter Zeitdruck.»
    «Sagt Ihnen der Name Fonseca etwas?»
    «Wie ich schon sagte, Miss, ich habe die Sache nicht verfolgt.» Er hatte sich inzwischen von seinem Stuhl erhoben und stand jetzt mit zusammengekniffenen Lippen an der offenen Tür.

[zur Inhaltsübersicht]
    12
    Edie ließ Holzkopf im Mietwagen auf dem Safeway-Parkplatz und ging durch das Eingangs-Drehkreuz, vorbei an einem Stapel Lokalzeitungen. TaniaLee hatte von diesem Supermarkt gesprochen, und Edie fragte sich jetzt, ob sich wohl jemand an sie erinnerte. Sie erkundigte sich bei den Regalauffüllern und erntete etliche Neins und verständnislose Blicke, doch bei einer Frau in der Feinkostabteilung hatte sie Erfolg. Ja, TaniaLee habe hier eine Zeitlang gearbeitet, als sie noch auf die Highschool ging, sie sei aber nicht lange geblieben.
    «Schlimm, was ihr passiert ist.»
    Edie stimmte ihr zu.
    «Sind Sie von der Zeitung?», fragte die Frau.
    Edie schwieg einen Moment. Es fiel ihr schwer, es auszusprechen. «Ich bin die, die TaniaLees kleinen Jungen gefunden hat.»
    Die Frau bekam einen roten Kopf und blickte aufgewühlt drein. «Oje.»
    «Wissen Sie vielleicht, wo ihre Eltern wohnen?»
    «Keine Ahnung.»
    «Ich wollte ihnen nur sagen, dass ihr Enkel friedlich ausgesehen hat. Das könnte ihnen vielleicht in so einer Zeit ein Trost sein.»
    Der Frau stiegen Tränen in die Augen.

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