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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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zur Haustür, wo sie durch die Schlitze der Jalousie spähen, die draußen parkenden Fernsehwagen zählen und ihm berichten sollte.
    Er saß an der Frühstücksbar am Laptop und informierte sich über die anstehenden Termine, Marsha im Blick, die im Hobbyraum ihre morgendlichen Übungen absolvierte.
    «Wie schaut’s aus?» Diese Frage galt April.
    «Vier, vielleicht fünf», sagte seine Assistentin im Flur und las die Namen von den Ü-Wagen ab. « KTYU , Channel Two, die üblichen Lokalsender.» Andy Foulsham hatte sie gestern für diesen Morgen um 7 Uhr 45 zu einem «intimen persönlichen Interview» mit dem Herausforderer des amtierenden Gouverneurs in den Garten des Bürgermeisters eingeladen.
    Im Hobbyraum begann Marsha auf und ab zu hüpfen, sie berührte ihre Zehen, atmete schneller. Sie war noch gut in Form, trotzdem wurde Chuck leicht übel, wenn er ihr zusah. Die alternde Haut, das erbarmungslose Streben nach körperlicher Vollkommenheit, die sie, offenbar ohne es zu bemerken, schon vor zwanzig Jahren eingebüßt hatte. Er nahm an, dass die meisten Männer sie noch attraktiv fanden, die wussten allerdings auch nicht über sie, was er wusste.
    Um vier Uhr morgens hatte Mackenzie ihn geweckt und ihm mitgeteilt, sie hätten jetzt genügend Beweise, um den Altgläubigen Peter Galloway wegen der Entführung und rituellen Ermordung von Lucas Littlefish anzuklagen.
    «Was für Beweise?»
    «Galloways Fingerabdrücke an dem Fett, mit dem das Kreuz auf die Leiche des Kindes geschmiert wurde.»
    «Davon hast du mir vorher nichts gesagt.»
    «Wir haben auf die Bestätigung der Spurensicherung gewartet.» Das APD wollte es in den 7 -Uhr- 30 -Nachrichten bekanntgeben lassen. Chuck hatte sofort Andy angerufen und ihn um Rat gefragt. Eine Verhaftung war das, was sie wollten, doch die Hillingberg-Kampagne hatte auch gehofft, aus den laufenden Berichten über das Iditarod-Rennen Kapital schlagen und alle negativen Maßnahmen abwehren zu können, die Shippon womöglich gegen sie ergriff. Andy hatte den Polizeichef gebeten, die Verhaftungsmeldung bis zu den Abendnachrichten zurückzuhalten, doch Mackenzie fürchtete, dass etwas durchsickerte, wenn er wartete. Deshalb hatte Foulsham morgens um halb sechs Bob Morehouse angerufen, den Betreiber von Channel Six, und ihm ein Exklusiv-Interwiev mit dem Gouverneurskandidaten Hillingberg angeboten – unter der Bedingung, dass es noch am selben Morgen zwischen sieben und halb acht gesendet wurde. Der Sender war den Hillingbergs immer gewogen gewesen. Morehouse hatte mit Chuck auf der Highschool Football gespielt, und Mindy, seine Frau, hatte ihnen mit Marsha am Spielfeldrand zugejubelt. Wichtiger noch: Die Channel-Six-Nachrichten hatten von allen Lokalsendern die meisten Zuschauer. Also war morgens um sechs ein Reporter von Channel Six angerückt, um Chuck zu interviewen. Es war ein Klacks gewesen – der Reporter hatte ihn sieben Minuten über die Wahlkampagne sprechen lassen und keine unangenehmen Fragen gestellt. Um 7 Uhr 15 würde eine leicht bearbeitete Fassung als Livesendung ausgestrahlt werden, kurz bevor die Nachricht von Galloways Verhaftung einschlug. Auf diese Weise würde Chuck fünfzehn Minuten lang das Top-Thema sein, und für den Rest des Tages würden die Leute ihn mit der Verhaftung in Verbindung bringen.
    Timing ist alles, sagte Foulsham immer. Ein Klischee und dennoch wahr.
    Chuck sah auf die Uhr. Es war 7 Uhr 12 . Der Fernseher lief schon, war aber noch auf stumm gestellt. Chuck nahm die Fernbedienung von der Frühstücksbar und schaltete den Ton ein. Andy Foulsham kam herein, dicht gefolgt von April. Chuck rief nach Marsha, und sie kam schwer atmend dazu, als die Channel-Six-Nachrichten durch einen Werbeblock unterbrochen wurden.
    Andy hatte die hinter dem Haus der Hillingbergs verbliebenen Nachrichtenteams schon instruiert, dass sie Hillingberg um 7 Uhr 45 draußen erwarten sollten, damit sie um acht Uhr anfangen konnten. Es sollte ein Feature unter dem Motto «Bei Chuck zu Hause» werden – eine Möglichkeit für die Wähler, den Mann kennenzulernen. Die persönliche Note zielte auf die weibliche Wählerschaft; als Lockmittel für die Männer diente ein zum Abschluss des Interviews versprochener Rundgang durch Chucks Trophäenzimmer. Falls die Verhaftung von Peter Galloway zur Sprache käme, wollte Chuck sie bestätigen und den Ruhm dafür einheimsen, ohne Polizeichef Mackenzie in die Parade zu fahren, doch er würde das Thema nicht von sich aus anschneiden.

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