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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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fragte sie sich, was zum Geier sie da eigentlich tat, doch der Moment verging, und sie war wieder unterwegs, südwärts über die Halbinsel Kenai Richtung Homer.
    Sechseinhalb Stunden, nachdem sie losgefahren war, erblickte sie über das fleckige Eis der Kachemakbucht hinweg die gigantischen Gipfel der Kenai-Berge mit ihren zackigen Kuppen und milchigen Gletscherhauben. Die Sonne wanderte über das Meereis und ließ es in gleißendem Magnesiumlicht erstrahlen. Im Osten schob sich eine lange Landzunge gleich einer Adlerklaue in die Bucht hinein.
    Den Anweisungen folgend, die sie von der Frau am Telefon erhalten hatte, fuhr sie durch die Stadt, die größer, aber nicht viel größer war als Autisaq, hinaus auf die Landzunge, wo sie zwischen alten Baracken, Fischbuden und Geschäften für Bootsersatzteile einen Parkplatz fand. Sie ließ den Hund im Auto und schlenderte die neben der Straße verlaufende Promenade entlang, vorbei an Souvenirläden, die alles verkauften, von Heilbuttbäckchen bis zu Ausflugsfahrten zum Kenai-Fjords-Nationalpark auf der anderen Seite der Bucht, dann ging sie zum Fährhafen, wo eine große Tafel den Fahrplan vom letzten Sommer anzeigte: Fahrten nach Kodiak und Dutch Harbor und nach Valdez in nordöstlicher Richtung. Am Ende der Landzunge befand sich eine Siedlung mit Ferienwohnungen von umwerfender Scheußlichkeit, die einem die Aussicht über die Bucht verstellte.
    Ein alter
qalunaat
mit langem Zottelbart und O-Beinen schlurfte vorbei, blieb stehen, drehte sich um und sprach sie an.
    «Wenn Sie was suchen, kann ich Ihnen höchstwahrscheinlich helfen.»
    «Ich suche Tommy Schofields Büro.»
    Der alte Mann ging einmal um sie herum. Seine Augen blickten jetzt so boshaft, dass sie dachte, er würde sie womöglich schlagen. «Was woll’n Sie von diesem Stück Elchkacke?» Er stieß mit dem rechten Zeigefinger in die Luft und fing vor Wut an zu stottern. «Ich sag Ihnen mal was, Miss», fuhr er fort. «Wenn man diesen Lachsspermaschisser machen lässt, sieht die ganze Gegend hier» – er beschrieb mit der Hand einen Bogen über die Landzunge bis hinaus in die Bucht – «bald so aus wie das beknackte Florida. Ein einziger großer Golfplatz, eingerahmt von Ferienwohnungen, so prachtvoll wie die Schandflecke da oben, und Schundläden, wo es Plastikgrizzlybären zu kaufen gibt, die sie im gottverdammten Schanghai gemacht haben.» Er schnaubte und schloss die Augen. «Der und dieser Kreuzfahrtheini.» Er trat einen Schritt auf sie zu, war jetzt so nah, dass sie den Kautabak in seinem Atem riechen konnte. Sein Finger schnipste auf und ab. «Wie finden Sie das, verdammt noch mal?»
    Sie ließ sich nicht beirren. «Sagen Sie mir, wo Tommy Schofields Büro ist, Mister, dann finde ich’s verdammt noch mal, wie immer Sie wollen.»
    Er sah sie einen Moment an, dann brach er in schallendes Gelächter aus, sein Bauch wackelte von der Anstrengung seines Vergnügens. Der Finger schlängelte umher, bis er auf ein enteneifarbenes Schindelhaus auf der anderen Straßenseite zeigte.
    Eine altmodische Messingglocke klingelte über der Bürotür von Tommy Schofield Developments. Edie wartete einen Moment. Auf der anderen Straßenseite hörte sie den alten Mann rufen:
    «Nicht reinlegen lassen, Miss, bloß nicht reinlegen lassen!»
    Sie stieß die Tür auf und trat ein. Der einzige momentan anwesende Mitarbeiter war ein alter Elchkopf, was den Klebezettel mit dem Vermerk «Bin gleich wieder da» an der Eingangstür erklärte. Edie nahm in dem kleinen Wartebereich Platz und strich das billige Kostüm glatt, das sie in einer Vorstadt von Anchorage in einem Gebrauchtwarenladen gekauft hatte. Sie musste nicht lange warten. Zwei Stimmen und drei Paar Schuhe näherten sich auf dem Gehweg, dann ging die Tür auf, und es erschien ein kleiner Mann mit einem glänzenden Haarschopf und kantigen Gesichtszügen. Edie konnte sehen, dass sein linkes Bein unter der Khakihose krumm und schrumpelig war und er mit dem Gewicht auf dem gesunden Bein stand. Der kleine Mann ließ seinen Blick durch das Büro schweifen, dann wandte er sich Edie zu. «Wo ist Sharon?»
    Es entstand eine verlegene Pause. Schließlich streckte Edie ihre Hand aus.
    «Ich bin Ihr Elf-Uhr-dreißig-Termin», sagte sie. «Maggie Inukpuk, Tourismusförderungs-Beauftragte der Handelskammer Nunavut. Es geht um eine mögliche Zusammenarbeit der Komission für die Erschließung der Küste mit den Kreuzfahrtunternehmen, Sie erinnern sich?»
    Schofield wirkte einen

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