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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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Andy hatte einen nostalgischen Iditarod-Schlitten ins Trophäenzimmer stellen lassen. Chuck wollte die Leute zuerst zu seinen Bären- und Elchtrophäen und zu dem Schlitten führen, um dort über seine Liebe zum Iditarod-Rennen zu plaudern. Foulsham hatte ihm geraten, seine Bewunderung für Duncan Wright, den mutigen Herausforderer von Steve Nicols, zum Ausdruck zu bringen. Das Publikum neigte ja dazu, Parallelen zu ziehen.
    April schenkte allen Kaffee ein. Die Werbung ging direkt in die Botschaft eines Sponsors über, darauf folgte eine kurze Einführung in Chucks Beitrag, dann der Schnitt zu dem aufgezeichneten Interview. Die Sendung war ein Traum.
    Sechs Minuten später applaudierten alle im Raum. Sogar Marsha konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Chucks Auftritt war tadellos gewesen, seine Körpersprache die eines Gouverneurskandidaten.
    Sie ließen den Fernseher an, warteten, dass um 7 Uhr 30 die Nachricht von der Verhaftung verkündet wurde. Um 7 Uhr 32 klingelte Chucks Telefon. Es war Morehouse.
    «Nicht rangehen», sagte Andy. «Ich übernehme das.» Kurz darauf piepste sein Handy. Er klappte es auf, und ein Lächeln breitete sich über sein Gesicht aus.
    Chuck konnte von der anderen Seite des Raumes hören, wie Morehouse brüllte und Andy ihn zu beruhigen suchte. «Hören Sie, Mr. Morehouse, Sie müssen vernünftig sein, Sir, der Bürgermeister hat erst von der Verhaftung erfahren, als das Interview schon gesendet war.» Der Mann war ein absoluter Profi. Es hörte sich an, als hätte er selbst keine Ahnung davon, dass er log.
    Chuck ging in sein Zimmer, kämmte sich, putzte die Zähne, erneuerte sein Make-up und säuberte sich mit einer Fusselbürste. Als er wieder nach unten kam, war Andy gerade mit Telefonieren fertig, und schon klingelte sein Handy wieder. Es klopfte an der Tür. Gleich darauf klingelten sämtliche Telefone im Haus gleichzeitig.
    «Galloway», sagte Chuck.
«Tatsächlich?»
    Marsha zog eine Augenbraue hoch, was so viel bedeutete wie: «Hab ich’s dir doch gesagt.»
    «Kein Problem», sagte Andy. «Wir machen das Interview wie geplant zu Hause und sagen ihnen, dass sie am Schluss eine Stellungnahme zur Verhaftung von Galloway kriegen.»
    «Auf welcher Basis?»
    Marsha sah auf, gab einen spöttischen Laut von sich, und Foulsham schritt ein, um seinen Chef zu retten.
    «Genau wie besprochen, Chef. Entsetzliche Tragödie, gute Polizeiarbeit, Sie sind zuversichtlich, dass diese Verhaftung keine weiteren Auswirkungen hat, blabla, und Schlussstrich.»
    Marsha wischte eine Teppichfluse von Chucks Hemd. «Denk dran. Du hast die Richtung vorgegeben.» Sie schenkte ihm ein kleines ermutigendes Nicken. «Jetzt geh und zeig’s ihnen.»
    Andy öffnete die Tür zum Hof, und Chuck ging hinaus, Foulsham hinterher. Chuck setzte sich auf den sorgsam platzierten Stuhl, eine seltene alaskische Antiquität, gefertigt aus Sitkafichte und Elchgeweihen, und lächelte unbestimmt zu den Presseleuten hinüber. Es waren mehr, als April gemeldet hatte, und sie machten einen angespannten, geradezu hektischen Eindruck. Chuck atmete tief durch und besann sich auf das Briefing. Andy Foulsham erklärte, es dürften jetzt Fragen gestellt werden, und dann geschah etwas Unerwartetes. Statt des freundlichen Interesses, mit dem er gerechnet hatte, überschrien sich die Berichterstatter gegenseitig, und im Zentrum des ganzen lärmenden Tohuwabohus stand nur eine einzige Frage.
    In der halben Stunde seit der offiziellen Bekanntgabe von Peter Galloways Verhaftung wegen der Entführung und Ermordung von Lucas Littlefish schienen sämtliche Presseleute vom Finstergläubigen-Fieber erfasst worden zu sein. Und Bürgermeister Hillingberg, der darauf völlig unvorbereitet gewesen war, hatte sie ausgelacht.
    Eine gefühlte Ewigkeit später schob Andy Foulsham Chuck ins Haus und schloss die Tür ab. Chuck rutschte an der Zedernholzvertäfelung hinunter auf den dicken Flauschteppich und blieb dort sitzen, den Kopf in die Hände gestützt.
    «Was ist denn da passiert, verdammt noch mal?» Das war Marsha.
    «Mann, deine Anteilnahme ist ja wirklich rührend.»
    Sie verstand seinen Sarkasmus, war aber nicht in der Stimmung, sich zu entschuldigen. Die Arme um sich geschlungen, schritt sie in der Eingangshalle auf und ab, dann drehte sie sich um und sagte, kalte Wut in der Stimme: «Was hab ich gesagt? Ich hab gesagt, ihr unterschätzt diese Sache, alle beide.» Sie sah Andy zornig an. «Und Sie, sein PR -Manager, haben meinen Mann den

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