Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath

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was die Existenz der Finstergläubigen betraf. «Es hat alle Merkmale einer Verschwörungstheorie, ist fast so was wie ein urbaner Mythos», sagte er. «Ich meine, was gibt es für Beweise?»
    Er war im Laufe des vergangenen Jahres ein richtiger Empirist geworden, insbesondere, seit er seinen Forschungsbericht über Lemminge veröffentlicht hatte: Er weigerte sich, an etwas zu glauben, für das es keinen Beweis gab. Das war vielleicht eine gute Einstellung bei einem Polizisten – es war nur nicht typisch für einen Inuit.
    «Wenn es
wirklich
die Altgläubigen waren oder diese finstere Untergruppe, die Lucas entführt haben, warum haben sie ihn dann mit dem falschen Kreuz markiert?», fragte Edie.
    «Vielleicht, weil derjenige, der es getan hat, nicht wusste, wie das richtige aussieht?»
    «In diesem Fall kann es keiner von den Alt- oder Finstergläubigen gewesen sein.»
    «Genau», sagte Derek.
    «Damit sind wir wieder bei Tommy Schofield und seinen Grundstücksgeschäften. Könnte Schofield Galloway als Sündenbock benutzt haben?»
    «Möglicherweise, aber es wäre schon äußerst abwegig, oder? Du warst bei Schofield. Hat er auf dich gewirkt wie ein Babymörder?»
    Edie zuckte die Achseln. Dereks Frage forderte nur eine weitere heraus: Wie sieht ein Babymörder aus? Edie wusste die Antwort darauf besser als die meisten anderen Menschen.
Ein Babymörder ist jemand, der aussieht wie du und ich.
    «Angenommen, Schofield hat Lucas Littlefish tatsächlich ermordet. Wir wissen, dass Lucas schon wochenlang tot war, bevor er im Schnee abgelegt wurde. Vielleicht wollte Schofield den toten Jungen auf diese Weise loswerden, nachdem jemand anders ihn ermordet hatte, und dabei zugleich Galloway aus dem Weg schaffen.»
    «Aber das erklärt nicht, warum wir das Mädchen aus Nome im Wald gesehen haben und warum sie шаҳта auf die Windschutzscheibe geschrieben hat.»
    «Weißt du was?», sagte Edie, während sie ihre Haare flocht und entflocht. «Bis zu dem Tag im Wald war ich mir noch nie in meinem Leben verloren vorgekommen, wirklich und wahrhaftig verloren. Sich verloren fühlen, so was passiert anderen Menschen,
qalunaat
. Aber in den letzten Tagen ist mir, als wäre es eine Art Dauerzustand geworden.»
    Derek schaltete den Fernseher aus. Das Telefon klingelte, und Edie nahm ab. Es war Detective Truro.
    ***
    Eine halbe Stunde später schob sie sich durch eine kleine Gruppe Demonstranten mit Schildern, auf denen stand: «Weg mit den Alt- und Finstergläubigen.» Sie betrat das APD -Gebäude. Diesmal empfing Truro sie persönlich.
    «Schön, dass Sie so kurzfristig kommen konnten», sagte er.
    Er hielt seinen Ausweis vor das Lesegerät, eine Sicherheitstür öffnete sich, und er schob Edie hindurch. Schweiß glänzte auf seinen Wangen, und seine Augen waren von Schlafmangel gerötet. «Ich konnte Ihnen das nicht am Telefon sagen.» Er drückte auf den Fahrstuhlknopf, und eine Tür glitt auf. Edie betrachtete den kleinen Innenraum, und sofort kam ihr die Szene aus
Hallo! Page
in den Sinn, in der Fatty Arbuckle Buster Keaton im Fahrstuhl einzusperren versucht.
    «Ich laufe», sagte sie.
    Er sah sie an und beschloss, es ihr nicht auszureden.
    «Ich warte in der achten Etage auf Sie.»
    ***
    Er führte sie in ein nüchternes, mit Melamin-Büromöbeln ausgestattetes Besprechungszimmer und fragte, ob er ihr etwas anbieten könne. Sie zog die Luft durch die Zähne ein, was Truro überging.
    «Miss Kiglatuk, wir haben wieder eine Leiche gefunden. Einen kleinen Jungen, wie beim letzten Mal, seine Identität ist bislang ungeklärt. Ein Jonny Doe also – so nennen wir alle nicht identifizierbaren Leichen.»
    Edie schloss die Augen in der Hoffnung, innerlich in alledem einen Sinn erkennen, es zumindest ansatzweise verstehen zu können, doch in ihr war nichts als blankes Entsetzen.
    Detective Truro hatte einen Ordner von seinem Schreibtisch genommen und blätterte darin. Er entnahm ihm eine Mappe und sagte: «Weil Sie die Leiche von Lucas Littlefish berührt haben, Miss Kiglatuk, wissen Sie, dass er eingehüllt war, als Sie ihn fanden. Wir meinen, die Art und Weise, wie seine Leiche eingehüllt war, könnte von Bedeutung sein. Wären Sie wohl imstande, sich ein Bild von dem jüngsten Fund anzuschauen und uns zu sagen, ob die Umhüllung dieselbe ist? Ich meine,
genau
dieselbe?»
    Sie sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. Dem Mann war nicht zu trauen.
    Truro, der ihr Zögern bemerkte, zog ein Foto aus der Mappe und behielt es in der