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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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Schnee auf einer fremden Windschutzscheibe krakeln?»
    «Ich weiß nicht. Vielleicht sollten wir an die Mütter denken, daran, was sie gemeinsam haben. Vielleicht mussten ihre Babys deswegen sterben.»
    «Das Mädchen, das wir im Wald gesehen haben, war dasselbe, das ich auch in Nome gesehen habe, und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie Russin ist.»
    Edie verfiel in Schweigen, ging einem Gedanken nach. «Stacey hat mir erzählt, dass sie TaniaLee in der Stadt mit russischen Prostituierten rumhängen gesehen hat. An Lucas Littlefish hab ich aber keine Tätowierung gesehen.»
    «Wer ist Stacey?»
    Edie überhörte die Frage. Sie dachte nach.
    «Misha», sagte sie dann.
    Bei der Erwähnung seiner Exfreundin kam Derek der Tee hoch. Edie brachte ihm einen Lappen, damit er sich abwischen konnte. «Verdammt noch mal, Edie.» Der Polizist wirkte zutiefst verärgert. «Was hat denn Misha damit zu tun? Misha ist futsch, aus, kaputt.»
    Edie verdrehte die Augen. «Wie kommt es, dass ich die Frau bloß zu erwähnen brauche, und schon schrumpft dein Gehirn zur Größe eines Lemminghirns und wandert nach Süden?»
    Seine Stirnfalten glätteten sich wieder. Er seufzte.
    «Ich meinte bloß, du sprichst doch Russisch», sagte Edie.
    «Und …» Er brach ab, erleichtert, dass sie ihn nicht bat, sich mit der Frau in Verbindung zu setzen, die sein Leben ruiniert hatte.
    «Wenn du was über arbeitende Russinnen erfahren wolltest, wo würdest du hingehen?»
    Derek kniff die Augen zusammen. «Stripteaselokale, Lapdance-Clubs, nehm ich an.»
    Sie zwinkerte ihm zu.
    «Heiliges Walross, Edie», sagte er mit einem matten Seufzer. «Ich bin Polizist, wer würde schon mit mir reden?»
    «Nein, auf dieser Mission bist du keiner.»
    «Was dann?» Er wirkte für einen Moment perplex.
    «Was denkst du denn? Ein gewöhnlicher schmieriger Feld-Wald-und-Wiesen-Typ.» Sie klopfte ihm auf die Schulter. «Setz deine Stärken ein, Derek. Ich spür’s in den Knochen, du kriegst das super hin.»
    Er schnaubte misslaunig, sah auf die Uhr, befand, dass es keinen Ausweg gab, und stand vom Tisch auf. «Und was genau machst du, während ich meine Karriere aufs Spiel setze und den schmierigen Typen markiere?»
    «Was denkst du denn? Ich fahr wieder zum Hatcher Pass. Wir sind da noch nicht fertig, schon vergessen?»

[zur Inhaltsübersicht]
    18
    Der kalte Wind war zu schwach, um den leichten Nebel über dem Schnee von gestern emporzuwirbeln. Die Schneepflüge hatten ihre Arbeit gemacht, daher war die Fahrt nach Norden recht ereignislos – ein bisschen rutschen, ein paarmal trudeln, aber alles in allem nicht übel. Holzkopf saß hinten; denn Edie benötigte die Kompetenz seiner Hundenase.
    An der Abbiegung zum Hatcher Pass geriet der Wagen ins Schleudern, und die Reifen schlitterten durch die vereisten Furchen in der Straßendecke. Sie brachte das Auto am Rand der Schneeverwehungen zum Stehen, stellte den Motor ab, stieg aus und ließ auch den Hund heraus.
    Tief durchatmend betrat sie den Wald. Sofort befiel sie panikartig das Gefühl, dass etwas auf sie niederdrückte. Um sich zu beruhigen, musste sie ihre Hand nach oben strecken und sich des Himmels vergewissern. Der Schnee war verkrustet und trocken, und es knirschte, als ihre Stiefel sich hineinbohrten. Ein aufgeschrecktes Adlerpärchen flog auf, der Fichtenzweig, auf dem die Vögel gehockt hatten, schwang sachte auf und nieder und bepuderte den Erdboden mit Schnee. Es wurde still. Edie fand es unnatürlich, dass die Waldwelt so still sein konnte.
    Ein Rabe schwirrte vorüber und landete weiter vorn auf dem Pfad. Edie blieb stehen und lauschte. Holzkopf winselte, drängte vorwärts. Nicht zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in Alaska wurde Edie von verzehrendem Heimweh erfasst. Es war kaum eine Woche her, seit sie sich im Wald verirrt hatte, als sie dem Bären gefolgt war. Es war kaum eine Woche her, seit sie die Leiche von Lucas Littlefish in ihren Armen gehalten hatte. Sie wollte, dass das alles aufhörte, wollte das Rennen sausen lassen und nach Autisaq zurückkehren dürfen. Sie sah sich nach Fußabdrücken um, doch es gab keinerlei Anzeichen von dem Mädchen, das neulich hier aufgetaucht war. Edie fragte sich, wer sie wohl waren, der hellfarbige Bär und das zarte, großäugige Mädchen. Ob sie von demselben Ort gekommen waren, dieselbe Botschaft brachten.
    Sie stapfte durch trockenen Pulverschnee, zwischen den Espen hindurch und in eine Senke voller Schwemmeis, in der sie Elchspuren sah. Sie ging einen

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